Randbemerkungen: Sind die ÎCCR-Richter bloß ungebildet?

Der Freispruch der Securitate-Offiziere, die erst den Bukarester Dissidenten und Intellektuellen Gheorghe Ursu beim Verhör brutal durchgeprügelt und anschließend einem lebenslänglich Verurteilten Grünlicht zur Ermordung des Widerspenstigen und erklärten Regimegegners gaben, hat nicht nur in der Zivilgesellschaft Rumäniens hohe Wellen geschlagen. Zwei Schlagwörter machten die Runde unter den Kommentatoren: Justiz, dito Gerechtigkeit, und Historie/Geschichte, dito Bildung. 

Die maßlos empörten Intellektuellen Rumäniens haben den drei Richtern des Obersten Justiz- und Kassationshofs ÎCCJ in erster Linie Riesen-Bildungslücken in Sachen jüngste Geschichte vorgeworfen – vor allem, als die Urteilsbegründung publik gemacht wurde – und erst in zweiter Linie, aber zwingend aus diesem Bildungsmanko folgend, die flagrante Ungerechtigkeit des Urteils.

Dem Unterzeichner dieser Zeilen ist sehr wohl bewusst, dass in einem funktionierenden Rechtsstaat einmal gefällte Urteile nicht öffentlich kritisiert und am besten nicht als Fehlurteile entlarvt werden sollten. Dass das trotzdem und nicht nur an dieser Stelle passiert, darf ruhig als Ausdruck der Überzeugung gesehen werden, dass ein Staat mit einer solchen Justiz bloß den Rechtsstaat zum Gespött macht! Derartige Urteile untergraben jeden Glaubensansatz an gerichtliche Gerechtigkeit. 

Man konnte seit dem Skandalurteil der drei Richter – leider vermochte der Unterzeichner in keinem einzigen Kommentar lesen, dass jemand den endgültigen Ausschluss dieser Richter aus ihrem hochprivilegierten Stand wegen Unfähigkeit und Bildungsfremdheit gefordert hätte! – jede Menge kluge Analysen und Verrisse ihrer Urteilsbegründung lesen/hören. Unisono wird ihnen vorgeworfen, keine blasse Ahnung gehabt zu haben von den Verhältnissen in Rumänien nach der Machtübernahme durch Ceau{escu, von der Rolle der allgegenwärtigen Securitate, ihrer grenzenlosen Macht und ihrer Rolle als Damoklesschwert über dem Kopf jedes Bürgers. Was dem Gerichts-Triumvirat ausdrücklich und von jedem zur Sünde gemacht wird: sie haben die langen Jahre (sieben) vom Prozessbeginn bis zur Urteilsverkündung auch nicht einen Augenblick lang genutzt, um sich über die Epoche kundig zu machen – Dokumentation gibt es inzwischen genug… Mehr noch, die drei Geschichts-Ignoranten haben alle kollateralen Beweise, die auf die Eigenheiten der Ceaușescu-Securitate-Epoche hingewiesen haben, als für den Prozess irrelevant zurückgewiesen. So fiel es ihnen leicht, den Dissidenten Ursu als gemeinen (Volks-)Vertreter einer allgemeinen Einstellung zum Staat in jener Zeit, keineswegs als Dissident zu sehen… der zuletzt sein Leben aufs Spiel setzte…. 

Letztendlich stehen die drei Richter nicht einsam in der Landschaft: ihnen zur Seite stehen sämtliche westlichen Staaten, die auf das Unschuldslamm Nicolae Ceau{escu hereingefallen sind.

Dass Ursu bei den Securitate-Verhören unbeugsam blieb, seine Bekannten Geo Bogza, Nina Cassian, Radu Cosa{u nicht verriet und alle „Zusammenarbeits-Angebote“ ausschlug, dadurch die Securitate-Leute zur Weißglut brachte, zählt bei solcherart Richtern nicht. Hingegen machen uns diese Richter weis, dass die Securitate, infolge gewohnt weiser Anweisungen des Genossen Ceau{escu, eine ganz andere war als die bis 1965…, dass Ursu tatsächlich verbotene Westwährung besessen hat…, wohl um mit den knapp 100 D-Mark das Regime zu stürzen. Dann machen sie den „feinen“ Unterschied zwischen „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ und „unmenschlicher Behandlung“ im U-Gefängnis. Brutalität beim Verhör könne „unmenschlich“ sein, sei aber nicht „un-menschlich“. Frage an superkluge Richter: Ist das Quetschen der Finger in eine Tür „unmenschlich“ oder „un-menschlich“?
Zum ÎCCJ -Quatschurteil hat Justizministerin Alina Gorghiu nur einen Seufzer übrig. Sie ist nur Zuschauerin.