Extremismen sind Signale der Erkrankung der Demokratie. Mehr und häufigere extremistische Botschaften im öffentlichen Raum bedeuten mehr Hass, Antisemitismus, Homophobie, Xenophobie, Diktaturnostalgie im öffentlichen Raum. Der Exitus der Demokratie naht. Der Sturm der Rechtsextremen von AUR und Noua Dreapt²/Neue Rechte aufs Temeswarer Rathaus und der blanke Hass, den man Bürgermeister Dominik Fritz – den „Fremden“ – spüren ließ, sind ein Ausdruck dieser Gefahr. Wer noch im Banat die Rechtsextremen verharmlost, der verdient´s später nicht besser! Es gibt keinerlei Anzeichen für ein Abflauen des Ansturms der aggressiven Borniertheit, die die Errungenschaften der Demokratie scham- und grenzenlos nutzt, bis sie ihr Ziel – die Macht – erreicht hat. Dann setzt sie um, was sie erstrebte. Nicht Illiberalismus – simple, brachiale Autokratie.

Der relative Wahltriumph, den die AUR bei den jüngsten Parlamentswahlen (mit dem immensen Beitrag der Auslandsrumänen) eingefahren hat und das sehr aktive Zugehen der zahllosen Werbeteams der Rechtsextremen (auch in kleinsten Ortschaften, wo besonders viele Frustrierte beisammenhocken – AUR-Emissäre laufen in Gruppen herum, in gelben Westen mit AUR-Logo, oft mit lauter „patriotischer Musik“, gehen auf die Menschen zu, tragen sie in Kandidatenlisten für den Parteibeitritt ein, sprechen mit den Leuten, „notieren“ sich deren Wehwehchen), schaffen Schritt für Schritt eine breite Basis. Ent-Fesseln (im Wortsinn) die geheimsten Frustrationen der Ceau{escu-Nostalgiker und der Ultraorthodoxen. Man hütet sich hierzulande, diese Nähe zur Orthodoxie zu thematisieren.

Der harte Wählerkern der AUR lebt am Unterrand eines fundamentalistischen Christentums und kultiviert von dort die eigenen Ängste und Ressentiments, aber auch die seiner Umgebung. Das ist zynisch, aber erfolgreich. Es erinnert an Phineas Taylor Barnum (1810-1891), den amerikanischen Schausteller, Politiker und Geschäftsmann (nach dem die Psychologie den Barnum-Effekt und Viktor Klemperer die Nazi-Propaganda „Barnumiade“ taufte), einen genialen Manipulator der Öffentlichkeit, der als einer der Begründer der Öffentlichkeitsarbeit gilt. Was Barnum zur Selbstverwirklichung (= -bereicherung) diente, dient AUR zur Machtübernahme – bis dorthin, dass die umtriebigen AUR-Truppen dem halben Dutzend Zirkuswagen vergleichbar sind, die Barnum um eine Zeit lang ziellos und leer quer durch Amerika tingeln ließ, nur damit man die Aufschrift „BARNUM“ auf ihnen möglichst häufig und an möglichst allen Orten sieht. AUR ist solch ein leerer Zirkuswagen – aber man merkt sich ihn. Von da bis zur organisierten politischen Form – an der die Hintermänner des Vordermanns und Ko-Präsidenten George Simion zweifellos feilen – fehlt der Funke. Für die Wahlen von 2024 kündigt sich sich die Lage von 2000 an, als zur Präsidentschaft der rechtsextreme Poet C. V. Tudor (der Hymnenschreiber an Elena Ceau{escu) und der unläuterbare Altkommunist Ion Iliescu antraten. 2024 werden AUR und PSD zur Wahl stehen, nachdem sich die PNL selbst zerstört hat. In Temeswar wurde Simion bereits aufgefordert, für die Präsidentschaft zu kandidieren … während nebenan Unterschriften für die vorzeitige Absetzung von Johannis und für die Verjagung des „räudigen Köters“ („javr²!“) Fritz gesammelt wurden.

Die Kommentatorenszene Rumäniens teilt sich in Bewunderer des Vorgehens der Rechtsextremen – wie geschickt sie die Fehler der Regierenden nutzen, wie offen sie auf die Bürger zugehen, wie agil sie kommunizieren – und Entsetzte, die militante Xenophobie und EU-Feindlichkeit,Homophobie, explizite Ceau{escu-Nostalgie, Antisemitismus, christlichen Fundamentalismus und unbegrenzten großrumänischen Protochronismus registrieren.

AUR nicht ernst zu nehmen wird zum Verbrechen.

Die Zivilgesellschaft schläft. 

F. Goya: „El sueño de la razón produce monstruos.“ (Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer)