Und ein Gefängnis will die Stadt auch noch haben!

Reschitza und Karansebesch buhlen um Gunst der Nationalen Gefängnisverwaltung

Foto: sxc.hu

Noch streiten sie nicht, aber sie rivalisieren heftig: Reschitza und Karansebesch möchten beide eine der anstehenden Großinvestitionen der Nationalen Gefängnisverwaltung Rumäniens (ANP) beherbergen: Ein neues Gefängnis, „eine Investition von europäischem Niveau“, so der Karansebescher Bürgermeister Ion Marcel Vela. Mihai Stepanescu, der Reschitzaer Bürgermeister, hat bereits am Beginn seines ersten Mandats 2008 der ANP vorgeschlagen, an der Bârzava/Bersau ein Gefängnis zu bauen, er ist sogar so weit gegangen, die Nationale Gefängnisverwaltung zu locken, indem er dieser vorschlug, dass Reschitza selber das Gefängnis baut, wenn ANP zusichert, es anschließend zu mieten.

Inzwischen laufen die Verhandlungen zwischen Reschitza und ANP weiter, allerdings auf Sparflamme, weil die Gefängnisverwaltung unter anderem noch nicht weiß, in welchem Haushaltsjahr sie zum Geld für die Investition kommt. Fest steht auf alle Fälle, dass ANP neue Gefängnisse braucht, wenn nicht vielleicht doch noch die Gesetzesidee des PSD-Abgeordneten Mădălin Voicu sich durchsetzen sollte, eine Generalamnestie für alle Häftlinge zu dekretieren, die auf bis zu fünf Jahre Haft verurteilt sind – ausgenommen Wiederholungstäter.

In der Absicht von ANP, die rumänischen Gefängnisse zu „europäisieren“, steht an erster Stelle die Herabsetzung der Zellenbesetzung, denn eines der größten Probleme ist seit Langem schon die Überbelegung rumänischer Gefängnisse. Deshalb braucht ANP neue Gefängnisse. Die Kommunen haben ein Interesse an solchen Neubauten, weil die Gefängnisinsassen einerseits die billigste Arbeitskraft sind, auf die Kommunen auf Vertragsbasis zurückgreifen können, andrerseits die Gefängnisse sichere Arbeitsplätze und also auch stabile Einkünfte für die Kommunen bieten. Da nun mal ANP schon vor längerer Zeit verlautbart hat, dass man die Absicht habe, auch im Banater Bergland ein Gefängnis zu bauen, sprang auch der in Bukarest ausgezeichnet vernetzte Bürgermeister von Karansebesch aufs Ross und meldete sein Angebot an.

Zuckerl aus und  für  Karansebesch

Karansebesch, so verkündete Vela, stellt ANP ein acht Hektar großes Grundstück für den Gefängnisbau zur Verfügung. Gratis. Zu den Vorteilen von Karansebesch als Standort eines Gefängnisses zählt Vela die Lage an der E70/DN6, die günstige geografische Lage am Schnittpunkt westrumänischer Nord-Süd- und Ost-West-Verbindungsstraßen sowie – unter Umständen – die Übernahme der Erschließungsarbeiten des Grundstücks. Vela: „Wenn dieses Gefängnis bei uns gebaut wird, werden mit ihm neue Arbeitsplätze geschaffen, aus den lokalen Steuern und Gebühren fließen große Summen dem Kommunalhaushalt zu und – sehr wichtig! – es kommt zusätzliche und billige Arbeitskraft in die Stadt, was eine weitere Attraktion für die Fabriken und Farmen rund um die Stadt darstellen muss.“
Bis in die 1970er Jahre gab es in Karansebesch ein Gefängnis, das in der Zwischenkriegszeit gebaut worden ist. Dieses wurde in eine Berufsschule für Kraftfahrer umgewandelt („Lyzeum Auto“).

Reschitza: Einmischung  aus Karansebesch

Die Erstinitiative des Reschitzaer Bürgermeisters Stepanescu versandete um 2009, weil er zuletzt Skrupel hatte, den Bürgern seiner Stadt den Bau eines Gefängnisses aus städtischen bzw. mit durch die Stadt von Banken geliehenen Mitteln – auf jeden Fall also direkt oder indirekt mit den Steuern und Gebühren der Stadtbewohner – zuzumuten. Gegenwärtig bietet auch Reschitza ANP ein Grundstück an. Von den Bürgern wird die jüngste Initiative von Vela nicht gerade freundlich aufgenommen. Aus Reschitza ist zu hören, dass man es allmählich satt hat, dass sich der Karansebescher Bürgermeister immer dann einmischt, wenn Reschitza kurz vor einem Resultat steht und die Angebote von Reschitza im letzten Augenblick überbietet und dabei auch noch seine Verbindungen zu höchsten Regierungskreisen nutzt – Vela ist einer der Vizepräsidenten der PNL. Erinnert wird an den Bremsklötzehersteller TMD Friction, der zuerst in Reschitza investieren wollte und den Ion Marcel Vela kurz vor Vertragsabschluss noch umbiegen konnte durch Überbietung des Reschitzaer Angebots (was allerdings nicht ganz so war, wie hier dargestellt, aber diese Variante zirkuliert eben im öffentlichen Gespräch). Aus Karansebesch werden hingegen Stimmen laut, die kategorisch gegen den Bau eines Gefängnisses in ihrer Stadt sind.