Vielfalt an Kulturveranstaltungen

Kronstädter Bürgermeisteramt finanziert 50 Kulturprojekte

Konzert in der Künstlerbastei beim JazzUp Peak Festival. | Foto: Alexandra Bordeianu für JazzUp Peak

Während des Jazz&Blues Festivals herrschte in der Kronstädter Altstadt eine ganz besondere Atmosphäre. | Foto: Jazz&Blues Festival

Kaum ein Wochenende vergeht, ohne dass in Kronstadt/Brașov ein Festival oder eine Kulturveranstaltung stattfindet, manchmal überlappen sie sich. Das musikalische Angebot ist üppig und reicht von Jazz über Blues, Rock’n’Rock zu Gospel oder Klassik. Festivals wie TamTam, Jazz&Blues oder JazzUp haben die Innenstadt diesen Sommer erklingen lassen. Auch LibFest oder die Gaudeamus-Karawane haben mit Treffen mit Autoren, Buchvorstellungen und einem reichen Angebot neuer Publikationen Tausende Interessierte angelockt. Bei der Komödienwoche waren die Stücke, die im „Sică Alexandrescu“-Theater aufgeführt wurden, sehr gut besucht, die Filmausstrahlungen in der Künstlerbastei (Weberbastei) ebenfalls.

Mehr Standorte

Mit der Anzahl der Veranstaltungen wächst auch die Zahl der Standorte, an denen sich Leute versammeln, um Musik, Tanz, Theater, Kunst, Debatten und Kulturevents gemeinsam zu genießen. Besonders beliebt dafür sind im Sommer selbstverständlich Einrichtungen unter freiem Himmel. So standen Bühnen und Zelte heuer u. a. wieder am Marktplatz/Piața Sfatului, am Brassai-Platz, am Johannisplatz/Piața Sf. Ioan, am Rosenanger/Piața G. Enescu, im Zentralpark Nicolae Titulescu oder in der Künstlerbastei. Erstmals wurde ein Konzert auch im Gebäude der Nationalbank (Marktplatz Nr. 26) abgehalten, wo sich das Musikfestival JazzUp Peak entfalten konnte, oder im Juno Wine Garden auf der Graft Promenade/După Ziduri. Der Wunsch vieler Kulturmanager, Menschen nicht immer nur im Stadtzentrum, sondern auch in den Wohnvierteln anzusprechen, konnte heuer wieder umgesetzt werden, auch wenn dieses Angebot weiterhin sehr klein bleibt. 

Eine Premiere war die Ausstrahlung einer Dokumentation im Flüchtlingszentrum CATTIA (Institutului-Straße Nr. 35), das sich am Stadtrand befindet. KineDok, europäischer Vertreiber von nicht-fiktionalen Filmen in alternativen Räumlichkeiten, ermöglichte eine Vorführung mit ukrainischen Untertiteln, um die große Gemeinschaft von ukrainischen Flüchtlingen, die in Kronstadt lebt, anzusprechen. Eine Geflüchtete aus Odessa trat als Gast des Abends nach dem Film ins Gespräch mit dem Publikum, um das Gesehene zu analysieren. Filmvorführungen im Rahmen von Festivals gab es auch in den beiden Malls Coresi und Afi, außerhalb der Innenstadt

Bis Ende November entfalten sich noch viele Vorhaben, wie beispielsweise das mehrwöchige Festival Femme monumentale. Oder Femme vegetale, das die Themen Selbsterkenntnis und persönliche Entwicklung in den Mittelpunkt stellt. Dokumentarfilm-Workshops für Jugendliche, Theater- und Tanzvorführungen und ein Festival für ungarische Volkstänze werden außerdem erwartet. 

Lokalbehörden überzeugt

Diese Vielfalt ist auf die Lokalbehörden zurückzuführen, die heuer alle NGOs, Vereine und Institutionen, die sich für Unterstützung freier Kunst- und Kulturprojekte beworben haben, mit nicht rückzahlbaren Fonds finanzieren. Für 50 Vorhaben werden fünf Millionen Lei zur Verfügung gestellt. Von dieser Summe wurden im Frühling eigentlich nur drei Millionen Lei ausgeschrieben. „Die hohe Qualität aller eingeschriebenen Projekte“, wie Bürgermeister Coliban sagte, habe die Lokalbehörden allerdings dazu bewogen, das Budget zu erhöhen. „Wir brauchen Kultur, wir brauchen ein kulturelles Kronstadt, ein sichtbares Kulturleben der Stadt“, begründete Coliban die Entscheidung. Man fragt sich allerdings, ob etwa das Treffen orthodoxer Jugendlicher am vergangenen Wochenende zur Kategorie Kultur gehört. 

Der Höchstbetrag für ein Projekt liegt bei 250.000 Lei, wobei eine Kofinanzierung von 25 Prozent gefordert wird. Auch kleinen (höchstens 70.000 Lei) und mittleren (bis zu 150.000 Lei) Projekten wird geholfen. Anfang Dezember finden die Abrechnungen statt, und (voraussichtlich) im Frühling eine neue Ausschreibung für Kulturförderung. Neue Veranstaltungen sind, demnach, wieder ab kommendem Sommer zu erwarten.

Summe ständig gewachsen

Dieser Zusatz an nicht rückzahlbaren Fonds ist eine Premiere in Kronstadt. Nur Sport wird stärker unterstützt, und zwar mit sechs Millionen Lei. Für den sozialen Bereich gibt es 500.000 Lei, ebenso für Umweltprojekte. 

Noch nie hat die Stadt so viel Geld in Kultur investiert. Die Summe ist in der Vergangenheit konstant gewachsen: Während sie beispielsweise im Jahr 2015 gerade mal 500.000 Lei betrug, wurde sie ein Jahr darauf verdoppelt, 2018 stieg sie auf anderthalb Millionen Lei, um im Jahr vor Ausbruch der Coronavirus-Pandemie 2019 auf zwei Millionen Lei zu steigen. Das Interesse an Kultur wächst ständig, das Angebot wird immer vielfältiger. Nicht alle Ereignisse bieten allerdings die erwünschte Qualität, wenn man bedenkt, dass bei manchen Festen die Musiker auf improvisierten Paletten-Bühnen auftreten mussten, der Sound bei manchen Konzerten nicht besonders gut war oder einige Freiwillige keine Auskunft bieten konnten.

Bürgermeister Coliban träumt davon, die Schulerau/Poiana Brașov zum Magneten für Liebhaber der elektronischen Musik aus ganz Europa zu entwickeln. In diesem Sinne ist er für das Entstehen und Durchführen des Festivals Massif eine Partnerschaft mit den Organisatoren der größten Festivals für elektronische Musik aus Rumänien eingegangen. Bislang konnte es pandemiebedingt nicht stattfinden. Viele Kronstädter denken aber mit Grauen daran, in welchen Schrecken die laute Musik die Tiere im Wald versetzen wird, an den überlaufenen Urlaubsort oder an den erschwerten Verkehr. 

Im Vergleich verteilt Hermannstadt/Sibiu sieben Millionen Lei nicht rückzahlbarer Fonds an 85 von 96 eingeschriebenen Kulturprojekten. 350.000 Lei ist die höchste Summe, die ein Projekt erhalten kann. In Bukarest sind es drei Millionen Lei, die das Bürgermeisteramt durch ARCUB an 41 Projekte verteilt, ebensoviel auch in Temeswar. Klausenburg/Cluj-Napoca hingegen, welches für seine Kulturszene und u. a. das größte Filmfestival der Region, das Transilvania Film Festival TIFF, bekannt ist, holt über 10 Millionen Lei aus der Tasche, um seine führende Position im Bereich Kultur zu behalten. 

Für und gegen

Trotz der Änderungen in Kronstadt gibt es Stimmen, die ein sehr großes Festival in der Zinnenstadt erwarten – eine eigene Kreation, kein importiertes Event, wie Filmkarawanen oder Lokaleditionen nationaler Festivals. Manche Veranstaltungen, die stattfinden, werden kritisiert: Die Durchführung mancher Events sei nicht picobello, der Inhalt nicht immer hochwertig, und manche Organisatoren würden mit ihren Events vor allem monetäre Interessen verfolgen. Andere hingegen meinen, es seien so viele Veranstaltungen, dass man nicht mithalten könne. Deswegen würden sie das Angebot nicht einmal mehr anschauen, sondern sich einfach über alles freuen, was sie erwartet.

Die Zeit wird zeigen, welche Veranstaltungen bei den Kronstädtern beliebt bleiben und auch von den Lokalbehörden als notwendig für die Stadt erachtet werden, um weiter Finanzierung zu erhalten. Man kann nur hoffen, dass die Summe von heuer sowie die Vielfalt der Vorschläge beibehalten werden.