WORT ZUM SONNTAG: Der Heilbringer

Es gibt leider viele böse Menschen auf Erden. Sie verwandeln die Welt teils in einen Kreuzberg, teils in ein Tränental. Was könnte man tun, dass die bösen Menschen vom Erdboden verschwinden? 

Ein Mann sagte mir einmal: „Wenn ich nur eine Stunde lang der Herrgott wäre, würde ich in dieser Stunde die Welt in Ordnung bringen.“ „Wie?“, fragte ich. Er antwortete: „Ich würde sofort die bösen Menschen aus der Welt schaffen, damit wäre die Welt in Ordnung!“ Ich fragte abermals: „Wie wolltest du das bewerkstelligen? Die Bösen im Wasser ersäufen, wie es in der Sintflut geschah?“ Er sagte: „Auf jede mögliche Art, die Hauptsache, sie verschwinden vom Erdboden.“ Er stellte sich auf den Standpunkt des Entweder-Oder. Entweder du bist gut, dann darfst du weiterleben. Oder – du bist böse, dann musst du sterben!

Auf diesen Standpunkt stellte sich auch Johannes der Täufer. Er verkündete eindrucksvoll: „Gott wird kommen!“ Doch welches Bild entwirft er vom kommenden Gott? Nach ihm wird Gott einem Obstzüchter mit der Axt in der Hand gleichen, der jeden Baum sorgfältig untersucht. Bringt der Baum gute Früchte, bleibt er stehen. Aber bringt er keine Früchte, wird er umgehauen und ins Feuer geworfen. Ein anderes Bild: Gott gleicht einem Bauer mit der Schaufel in der Hand. Er trennt den Weizen von der Spreu. Der Weizen kommt in die Scheune, die Spreu ins Feuer. Im Klartext lautet seine Botschaft: Die Guten lässt er am Leben, die Bösen aber wird er vernichten! Wenn das so wäre, was hätten wir zu erwarten? Wie viele von uns sind sündenrein und haben nichts auf dem Kerbholz? Für die meisten Menschen wäre diese Lösung ihr Untergang.

Christus bietet eine andere Lösung an. Diese passte aber dem feurigen Täufer nicht ins Konzept. Dieser Jesus verwandelte auf einer Hochzeit Wasser in Wein. Johannes hätte umgekehrt gehandelt. Er hätte den Wein in Wasser verwandelt. Dieser Jesus von Nazareth verdammte nicht die Sünder, sondern verkehrte freundschaftlich mit ihnen bis zur Tischgemeinschaft. Er entwarf vom kommenden Gott ein ganz anderes Bild als Johannes. Nach Jesus gleicht Gott einem besorgten Hirten, der sogar 99 Schafe unbeaufsichtigt in der Steppe lässt, um das eine verirrte Schaf zu suchen. Hat er es nach langem Suchen gefunden, schlägt er es nicht im Zorn tot, sondern trägt es voll Freude auf seiner Schulter zur Herde zurück. Und weiter verkündet er Gott als einen barmherzigen Vater, der den verirrten, reuigen Sohn ohne Vorwürfe freudig in die Arme schließt.

Johannes, den der König Herodes ins Gefängnis geworfen hatte, geriet in Zweifel. Dieser Jesus von Nazareth, über den er damals am Jordanfluss den Geist Gottes herabschweben sah, handelte und lehrte ganz anders als er es erwartet hatte. Deshalb sandte er seine Boten an Jesus mit der Frage: „Bist du es, der kommen soll oder sollen wir auf einen andern warten?“ Die Antwort Jesu lautete: „Geht und verkündet dem Johannes, was ihr gesehen und gehört habt: Blinde sehen, Lahme gehen, Aussätzige werden rein, Taube hören, Tote stehen auf und den Armen wird die Frohbotschaft verkündet!“ Was will diese Antwort sagen? Sie korrigiert das Gottesbild des Johannes. Gott wird kommen, aber zunächst nicht als Richter, sondern als Retter, nicht als Unheilbringer, sondern als HEILBRINGER! Das ist die Lösung, die Christus verkündet. Die Sünder sollen nicht gleich vernichtet, sondern auf den Weg des Guten geführt werden. Das ist allerdings keine blitzschnelle Lösung – im Gegenteil: Sie erfordert viel Zeit und himmlische Geduld. Es wird immer nur ein Teilerfolg bleiben. Aber Gott rechnet anders als wir Menschen. In seinen Augen ist ein Sünder, der aus eigenem Antrieb zu Ihm zurückfindet, wertvoller als die vorzeitige Vernichtung von vielen Sündern, die den Weg zu Ihm noch nicht gefunden haben.

Wäre Gott so, wie Johannes Ihn vorgestellt hatte, wären wohl die meisten von uns verloren. Nur Christus konnte von sich sagen: „Wer kann mich einer Sünde überführen?“ Keiner konnte es. Uns kann man vielfach der Sünde überführen. Sind wir deshalb verloren? Wir sind es nicht. Gehen wir Ihm vertrauensvoll entgegen, denn Er ist unser „HEILBRINGER“!