WORT ZUM SONNTAG: Geformt nach dem Bilde Christi

Schon auf der ersten Seite der Bibel heißt es über den Menschen: „Gott schuf den Menschen als sein Abbild!“ Das klingt doch ganz anders als die Hypothese von Gelehrten, die aus alten Knochen herauslesen wollen und behaupten: Der Mensch sei das Abbild des Affen. Das Abbild Gottes in Menschengestalt offenbarte sich vollkommen in der Gestalt unseres Erlösers Jesus Christus. Der Apostel Paulus schreibt darüber im Kolosserbrief (1,15): „Er ist das Bild des unsichtbaren Gottes“. Laut Römerbrief sind wir dazu berufen, seinem Sohn gleichgestaltet zu werden. Seit jeher, vor allem aber im 20. Jahrhundert, haben es Machthaber versucht, die Menschen nach „ihrem Bild“ zu gestalten. Wir sollten ihre Ideologien gläubig annehmen und unser Leben danach gestalten. Das nannten sie, den „neuen Menschen“ kreieren. Bei den Diktatoren war es kein geduldiges Lehren wie bei christlichen Glaubensboten, sondern sie handelten wie das Phantom in Goethes „Erlkönig“: „Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt!“ Diese Methode verursachte im 20. Jahrhundert mehr christliche Märtyrer als in vielen Jahrhunderten zuvor. Neulich las ich in einer Zeitschrift: Alle fünf Minuten stirbt irgendwo auf der Welt ein Christ für seinen Glauben. Im Jahre 2011 waren es 105.000. Ein solcher Mann, der sich nicht nach dem Bilde Hitlers, sondern nach dem Bilde Christi formte, war der Blutzeuge Carl Lampert.

Er stammte aus einer Bauernfamilie und wurde am 9. Januar 1894 in Göfis bei Feldkirch im österreichischen Vorarlberg geboren. Schon als er heranwuchs, erwachte in ihm der Wunsch, Priester zu werden. Nach der Reifeprüfung begann er sein Theologiestudium zu Brixen in Südtirol. Am 12. Mai 1918 wurde er zum Priester geweiht. Zunächst war er Kaplan in Dornbirn. Seine Vorgesetzten erkannten, dass der junge Priester hochbegabt war. Sie sandten ihn nach Rom. Dort studierte er Kirchenrecht. Danach kehrte er als Doktor des Rechts in die Heimat zurück. Da war aber eine große politische Änderung einigetreten. Hitler hatte Österreich ins Deutsche Reich eingegliedert. Da die kirchliche Lage unter der Braunen Diktatur von Tag zu Tag schwieriger wurde, ernannte der Bischof den Heimgekehrten zum Provikar für Tirol und Vorarlberg. Er stand den Menschen bei, die wegen ihrer Beziehung zur Kirche in Schwierigkeiten gerieten. Die Priester, die in ihrer Seelsorge mit der Gestapo in Konflikt gerieten, unterstützte er. Da er in der Rechtswissenschaft sehr bewandert war, suchte er mit allen rechtlichen Mitteln, die eingekerkerten Priester freizubekommen. Deshalb hielt ihn die Gauleitung für den weitaus gefährlichsten Mann des Klerus.

Provikar Lampert versuchte, die Auflösung des Klosters „Zur ewigen Anbetung“ in Innsbruck zu verhindert. Deshalb wollte die Gestapo seinem Einsatzeifer Zügel anlegen und verhaftete ihn am 4. März 1940. Man ließ ihn wieder frei, aber da er sich nicht einschüchtern ließ, wurde er schließlich nach zwei weiteren Gefängnisaufenthalten in Innsbruck wegen Widersetzlichkeit gegen staatliche Anordnungen kurzerhand ins KZ Dachau eingeliefert. Von dort wurde er in das KZ Sachsenhausen-Oranienburg überstellt und später wieder nach Dachau zurückgeschickt.
Da man ihm kein Staatsvergehen vorwerfen konnte, wurde er 1941 aus Dachau entlassen und in die Verbannung nach Stettin an der Ostsee geschickt. Nun versuchte man, ihm eine Falle zu stellen. Ein gewisser „Ingenieur Hagen“, er hieß Franz Pissaritsch und war aus Klagenfurt, gestand dem Priester seine angebliche Gewissensnot. Er habe eine Erfindung gemacht und die Pläne für ein Geschütz mit unheimlicher Treffsicherheit fertiggestellt. Nun plage ihn das Gewissen, ob er diese furchtbare Mordwaffe der deutschen Wehrmacht zur Verfügung stellen solle. Der Priester möge ihn beraten. Lampert ahnte die Falle und sagte klug: „Das müssen Sie allein mit Ihrem Gewissen ausmachen“.

Trotzdem wurde der Priester unzähligen Verhören unterzogen und letztlich an das Kriegsgericht abgeschoben. Im Gefängnis zu Halle sollte er auf das Urteil warten. Am 20. Dezember 1943 wurde Lampert wegen Feindbegünstigung, Zersetzung der Wehrkraft und wegen Rundfunkverbrechen zum Tode verurteilt. Alle bürgerlichen Ehrenrechte wurden ihm aberkannt. Das Urteil wurde 1944 bestätigt. Am 13. November 1944 wurde das Urteil durch Enthauptung vollstreckt. Um vier Uhr morgens wurde er aus der Zelle zur Hinrichtung geholt. An seinen Bruder schrieb er in seinem Abschiedsbrief: „Wie froh bin ich, dass endlich ein Ende kommt von all dem harten Leid! Nun geht´s heim! Und ich bleib doch bei Euch. Lebt wohl! Auf Wiedersehen!“ Beim Verlassen der Zelle, nahm er ein letztes Mal den Bleistift in die Hand und schrieb quer über den letzten Brief: „Nun ruft mich Gott!“ Seine letzten Worte auf Erden waren: „Jesus und Maria!“ Papst Benedikt XVI. sprach diesen Blutzeugen am 13. November 2011 selig.