WORT ZUM SONNTAG: Meditative Gedanken zum vierten Advent

Liebe Leserinnen und Leser, liebe Schwestern und liebe Brüder in Christus,
wir leben in einer Zeit der Freude, der Vor-Freude. Das Christentum freut sich auf Weihnachten: auf die Geschenke, das gute Essen, die vollen Kirchen, vielleicht sogar das Verreisen oder die Verwandtenbesuche.Ein bisschen etwas von dieser Vorfreude merkt man auch dem Apostel Paulus beim Schreiben des Spruches für die Woche des 4. Advents an: „Freut euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich euch: Freut euch! Der Herr ist nahe!“(Philipper 4, 4-5)
Mit diesem Aufruf zur Freude beginnt der Apostel Paulus den Schlussteil seines kleinen Briefes an die Philipper. Er fasst darin seine gute Botschaft zusammen. Ein wirklich weihnachtlicher Freudenklang ist da zu hören.

Die äußerlichen Umstände des Schreibens betrachtend, erkennen wir, dass Paulus nicht viel Grund hatte, sich zu freuen. Er sitzt nämlich im Gefängnis zu Ephesus. Das ist wirklich kein Ort der Freude.  Der Apostel wurde wegen Aufruhr eingesperrt und konnte nie mehr in die Stadt zurückkehren, in der er die Verkündigung des Evangeliums so hoffnungsvoll begonnen hatte. Ob er freigesprochen oder zum Tode verurteilt wird, das war ihm ganz unklar. Und trotzdem setzt er sich hin und schreibt an die Gemeinde in Philippi: Freuet euch in dem Herrn allewege! Diese große Freude erfüllt auch in der ganz kritischen Lage sein Herz. Denn es geht ihm nicht um seine Person. Ein Anderer lenkt seine Wege und Paulus weiß sich von ihm geführt und gehalten. Das macht ihn über allen weltlichen Schmerz glücklich, denn er lebt mit der tiefen Überzeugung und mit dem grenzenlosen Vertrauen, dass Gottes Wege immer zum Heil führen werden.

Der Herr ist nahe! schreibt Paulus den Philippern darauf, denn er lebt in der Gewissheit, dass Jesus Christus ankommen, wiederkommen wird. Paulus erlebt also den Advent, die Vorfreude auf das Kommen des Herrn, ganz unmittelbar.
Ankunft, das heißt auf Latein „Advent“. Darum denken wir in der Adventszeit an Christi erste Ankunft in der Krippe von Bethlehem und erwarten seine zweite Ankunft am Jüngsten Gericht, auch am vierten Adventssonntag.Nehmen wir denn überhaupt diesen Aufruf zur Freude wahr? Sorgen, Angst und Not machen uns so oft das Leben schwer. Die Sorge um die Gesundheit oder um das Wohlergehen der Familie, die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes, die Not, die die Seele auffressen kann, wenn Verlusterfahrungen übermächtig werden.Wo bleibt denn da die wahre Freude?

Nein, einfach taucht diese Freude nicht auf. Denn die wahre Freude kommt aus dem Herzen. Sie muss erst wachsen und bricht dann mit aller Macht durch. Nach oft langer Vorbereitung und großer Mühe kommt Freude auf. Dazu zwei kurze Beispiele:Wenn die Schulkinder ihr Krippenspiel aufführen, für das sie viel geprobt und gearbeitet haben, dann steigt plötzlich in der Kirche diese Freude auf. Oder man hat lange nach Geschenken für Familie und Freunde gesucht, sich viele Gedanken gemacht und alles gut vorbereitet. Und dann kommt der Heilige Abend und die Geschenke werden ausgepackt. Geber und Beschenkte erkennen, dass mehr in dem Geschenk verborgen liegt als dessen materieller Wert. Dann erfährt man diese tiefe Freude.

Die Erfahrung der Weihnachtszeit zeigt also, dass wir doch Momente der Freude haben. Aber kommt sie erst zu Weihnachten unter dem Lichterbaum? Nein, nicht wenn wir uns richtig vorbereiten. Der Advent ist uns als eine Zeit voller Hektik und Vorbereitungen bekannt. Aber auch das Vorbereiten macht Freude. Es ist eine ganz andere Freude, eine Art Vorfreude.Im Sinne dieser Vorfreude heißt es heute: „Freut euch in dem Herrn!“ Allewege, allezeit, in jeder Lage, immer. Es heißt nicht „Freut euch über alles, was euch passiert!“ Das würde nicht gehen. Die Welt, das Leben gibt uns genug Grund, uns nicht zu freuen. Es heißt: „Freut euch in dem Herrn!“ Das ist eine Freude, die kennt nur, wer an Jesus Christus glaubt. Eine Freude, die weiß: Das wichtigste hat Gott uns doch schon geschenkt. Er ist für uns Mensch geworden, gestorben und auferstanden. Wenn wir an ihn glauben, ist uns das ewige Leben sicher. Das ist wichtiger als irgendetwas sonst. Darum haben wir immer Grund zur Freude.

Wenn wir also der heutigen Ermahnung des Paulus folgen, dann geschieht etwas Wunderbares. Dann wird es hell. Dann wird es Weihnachten, wo die Engel den Frieden auf Erden besingen. Diesen Frieden Gottes, der höher ist als alle Vernunft und die daraus erwachsende Freude, wünsche ich uns allen in den kommenden Tagen.