Zähmung der Justiz

Randbemerkungen

„Wir haben nicht die ganze Macht, wenn wir uns nicht auch die Justiz nehmen.” Die Wirkung dieses arroganten Schlüsselsatzes für Rumänien haben wir vergangene Woche wieder erlebt. Es ist die Zielvorgabe auch der gegenwärtigen politischen „Eliten” Rumäniens – für die sie ihre gesamte Machtfülle nutzen. Mit einer Konsequenz, die edlere Ziele verdiente.

Der Satz von 2012 stammt vom Mentor vieler (auch heutiger) rumänischer Spitzenpolitiker Rumäniens, Dan Voiculescu, Securitatespitzel und Auslandsspion. Er gilt heute wie damals, als die Kleptokratie Rumäniens zur Überzeugung kam, dass die Schröpfung des Nationalvermögens und das Scheffeln aus dem Staatshaushalt in den eigenen Beutesack, ohne die Richter / die Justiz am Gängelband zu haben, zu gefährlich ist.

Nun scheint die gegenwärtige Regierungskoalition aus PSD-PNL-UDMR und (manchmal heißt es auch der) Minderheitenfraktion, nach den Primitivismen der PSD-Dragnea-Zeit mit Justizminister Tudorel Toader, das richtige Rezept gefunden zu haben. Zu dem der Präsident erhaben nickt.

Zuerst hat Justizminister Predoiu wie selbstverständlich (seine Lösung sei alternativlos) ein Gesetz absegnen lassen, das die korrupten/korrumpierbaren Richter dem Zugriff der Nationalen Antikorruptionsdirektion DNA und den Sonder-einsatzkräften der Polizei zur Korruptionsbekämpfung und zur Bekämpfung des Bandenverbrecherwesens, DIICOT, entzieht. Die Zivilgesellschaft meckerte ein bisschen, aber die Aggression Russlands gegen die Ukraine hat alle Diskussionen umgelenkt.

Jetzt folgte der Skandal der Ernennung von drei neuen Richtern am Verfassungsgericht. Die einzig frohe Nachricht dabei ist, dass der bis zur Gemeingefährlichkeit gehende Verfassungsrichter Valer Dorneanu (ein PSD-Bonze) nach neun katastrophalen Jahren gehen muss. Ebenso die gemäßigtere Mona Pivniceru.

Die beiden Nach-Nominierungen werden von Kennern der Szene als katastrophal vorgestellt. Da wäre der überführte Plagiator Bogdan Licu (Pikanterweise hat Licu u.a. aus dem Buch eines seiner Gegenkandidaten, des Klausenburger Richters Cristi Danile], massiv kopiert...), bislang Stellvertreter des Generalstaatsanwalts (auch das schon ausreichend aufschlussreich fürs Justizwesen und ein Skandal!). Die PSD, die ihn vorgeschlagen und im Parlament mühelos durchgeboxt hat, ist bis heute der Öffentlichkeit die Liste der Magistraten-Verbände schuldig geblieben, die diesen Licu vorgeschlagen haben – wie es eigentlich die Usancen vorschreiben. Bei ziare.com kann man nachlesen, dass dieser Usancenbruch geschah, weil Licu im Grunde nicht der Kandidat der PSD ist, sondern der des Präsidenten, dem die PSD eine Gefälligkeit schuldig gewesen sei. Wobei das Präsidialamt noch einen eigenen Kandidaten für den dritten Verfassungsrichter benennen muss (Licu war 2019 als Staatsanwalt involviert in die Häuseraffäre von Hermannstadt, daher ein „Gefälligkeitsfall” für ganz Oben...). Licu hat Schwächen: Professionalität (Lizenzarbeit mit 7,45 bewertet..., Note 5 beim Strafrechtsexamen und Note 6 beim Bürgerrecht – Höchstnote ist 10) und Moralität (Plagiat der Doktorarbeit), soll aber auch ethische Probleme haben. Auf alle Fälle ist er einer der wenigen Plagiatsdoktoren Rumäniens, denen auf eigenen Wunsch der Doktortitel aberkannt wurde (...). Licu ist Freimaurer.
Iuliana Scântei, die von der PNL Ernannte, ist Notarin und war Staatssekretärin im Justizministerium unter dem heute im Gefängnis sitzenden Ex-Justizminister Tudor Chiuariu. Sie war beteiligt am Skandal der Romexpo-Grundstücke, die gratis einem Immobilienhai vergeben wurden – einem Landsmann der Frau Scântei. Gilt als extrem „anpassungsfähig”...

Bis Juni gibt es noch die Wahlen für den Obersten Magistraturrat CSM. Erst danach zeigt sich, wie weit die Zähmung der Justiz im dominanten Dreieck aus mafiösen Geschäftsleuten und korrupten Politikern gelungen ist.