Reschitza - Vergangenes Wochenende war es wieder so weit. Das Metal-Enduro-Mountainbike-Rennen hat in den vorläufig noch vorhandenen Wäldern auf den Hügeln rund um Reschitza stattgefunden. Welch ein Wirbel, welch ein Wahnsinn - der das eigentlich verschlafene Städtchen am Fuße des Semenik alljährlich im Herbst befällt! Dabei ist Enduro-Mountainbiking eine vergleichsweise nebensächliche Sportart im dafür grundsätzlich sehr geeigneten gebirgigen Rumänien. Doch nur Wenige sind waghalsig genug, solch eine Abfahrt zu wagen. Weswegen?
Enduro-MTB ist keine leichte Sportart, man muss in voller Montur einen Hügel hinaufradeln – dafür gibt es ein Zeitlimit. Und dann abfahren. Wie ein Wilder, jede Sekunde zählt; zuletzt gewinnt, wer am schnellsten ist. Kein Wunder, dass sich da der Ein oder Andere die Gliedmaßen bricht. An diesem Wochenende in Reschitza passierte es dem Favoriten der Saison in der Kategorie der jungen Rider, Cristian Bodea aus Oradea. Er stürzte spektakulär und verlor so den Titel an Paul Someșan. Immerhin gewann er dann mit den Woodfellas, seinem Team, den Mannschaftstitel. Das ist bemerkenswert, denn einer allein ist oftmals gut, aber ein starkes Team, das sieht man selten und ist besonders in der noch kleinen Enduro-Community Rumäniens eine Leistung.
Eine Leistung ist es auch, dass ein anderes Team, die Gastgeber von Bikeattack, die auch nicht schlecht abgeschnitten haben (Platz 3 bei den Teams) dieses Event nicht nur in Reschitza, sondern das ganze Jahr hindurch in mehreren Orten Rumäniens zumindest mit-, wenn nicht eigenverantwortlich organisiert haben. Damit haben sie die Arbeit der Federația Română de Ciclism übernommen. Weil sie´s eben können. Es gab fast nur Lob. Alle Etappen waren gelungen, in Turnu Severin, Câmpulung, auf dem Semenic, in Oradea, Straja und im Landkreis Harghita haben sich die fast immer gleichen 150 Teilnehmer verschiedene steile Abhänge hinuntergestürzt.
Metal Enduro in Reschitza war der krönende Abschluss einer gelungenen Saison. Die Routen hier sind sehr abwechslungsreich, die beiden Hügel, Cioara und Golu´, bieten kurvige Strecken, Staub, Stock und Stein. Alles eben, was das Rider-Herz begehrt.
Reschitza mausert sich so allmählich zur Enduro-Hochburg Rumäniens. Nicht dass nicht andere Städte ebenso gute, wenn nicht bessere Gelände-Voraussetzungen hätten, man denke etwa an Brașov/Kronstadt (dessen Team, Kronstadt Cycling, auch dabei war – sie ergatterten Platz 2 bei den Teams). Doch in Reschitza ist besonders eines die treibende Kraft hinter den Enduro-Etappen: die Menschen von Bikeattack. Sie beteiligen sich mit großer Hingabe, ja sogar mit Selbstaufopferung an den Veranstaltungen. Nahezu alle arbeiten als Volontäre, nutzen ihre Freizeit oder nehmen Urlaub für die Veranstaltungen. Umso bemerkenswerter ist es, dass sie dann auch noch, nach durchgebrachten Nächten zur Vorbereitung des Events, auf dem Podium vertreten sind. Robert Laszló von Bikeattack wurde Sieger in seiner Altersgruppe, ebenso auf dem Podium vertreten war Cătălin Gavrilă sozusagen Rudelführer bei Bikeattack.
Das Besondere an Metal Enduro ist auch, dass es von der und für die Gemeinschaft in Reschitza lebt. Neben dem eigentlichen Rennen wurde im Stadtzen-trum für zwei Tage ein großer Pump-Track aufgebaut. Das ist eine gewellte Strecke, in der man mit dem Rad oder Roller schnell und wendig fahren kann, um Reaktionszeiten zu trainieren, besonders aber, um Spaß zu haben. Und den hatten die vielen Hundert Kinder, die die Chance genutzt haben, den Pump-Track auszuprobieren! Mit dabei war, wie in anderen Jahren auch, das Jugendzentrum Mansarda, sie sorgten für gute Stimmung und Farbe im Zentrum der Stadt. Das Bürgermeisteramt, Mansarda und WWF Rumänien halfen bei der Verköstigung der Teilnehmer durch die Veranstaltung eines Brunches mit Banater Leckerbissen, ebenso bei der Abendveranstaltung am Sonntag. Da schwangen zwar nicht mehr viele das vom Radeln müde Tanzbein, gesellig war es aber allemal. Mit dabei waren natürlich auch, wie in jedem Jahr, die Freiwilligen von Salvamont Semenic. Und das nicht ohne Grund, denn in dem bergigen Gelände müssen manchmal die Profis zur Rettung ran.
Das einstige Industriezentrum Reschitz könnte nun, wenn man sich mit kluger Politik und Planung daran hält, zur (Fahrrad-)touristischen Attraktion werden. Schon in diesem Jahr waren neben Teilnehmern aus Rumänien auch welche aus Lettland, den USA und Serbien dabei.
Reschitza und das Banater Bergland könnten sich so vermarkten, den Radtourismus ausbauen und dafür auch die Industrievergangenheit der Stadt und der gesamten Gegend in Szene setzen und touristisch ausschöpfen. Wer ein Auge für den Charme des Schäbigen hat, sieht sofort: hier ist etwas Besonderes zu finden. Das haben die Jungs und Mädels von Bikeattack für die Vermarktung der Veranstaltung fruchtbar gemacht. Mit klugen Sprüchen und Bildern auf Postern, Abziehbildern und T-Shirts haben sie darauf aufmerksam gemacht, dass Reschitza von den Kontrasten lebt. Industrie und Natur, Stahl und Spritzbeton, k.u.k.- und kommunistische Vergangenheit, Rumänen und Roma, Serben und Slowaken, Karaschowener und/oder Kroaten, Deutsche und Dampfloks, malerischer Müll und ein Schlackenberg, herumlungernde Hunde sowie alt und neu vermischen sich hier zu einem bunten Bild.