E-Sport ist das Kürzel für elektronischen Sport. E-Sportler messen sich am Computer oder auch an der Spielkonsole in virtuellen Wettbewerben. Sie drücken Maustasten und lassen ihre Daumen über Gamepads (sog. Controller) fahren. Wie viele E-Sportler es gibt, ist unklar. Allein in Deutschland soll laut einer Studie jeder vierte Internetnutzer Mehrspieler-Spiele spielen. Der E-Sport ist im Trend. Bereits 2017 gab es weltweit Schätzungen zufolge etwa 250 Millionen E-Sport-Fans. E-Sport-Turniere werden mittlerweile in großen Messehallen und sogar Fußballstadien ausgetragen. Tausende Fans verfolgen das Geschehen vor Ort und Millionen Menschen fiebern im Internet mit den Profispielern mit.
Die sogenannten modernen Athleten haben ihr Spiele-Equipment fest in der Hand und blicken dabei konzentriert auf den Bildschirm. Jeder Klick mit der Maus, jeder Daumendruck auf dem Controller kann über Sieg oder Niederlage entscheiden. E-Sport hat sich zu einem populären Trend gemausert. Auf der Gamescom, der weltweit größten Messe für Computer- und Videospiele, locken Turniere die Besucher vor die großen Bühnen. Wie lässt sich dieses Phänomen erklären?
E-Sport ist kein neues Phänomen
Die ersten Videospiel-Wettbewerbe wurden schon Ende der 1970er Jahre veranstaltet. Mit dem Siegeszug von Computern und Spielekonsolen nahmen die Organisation von Turnieren und der Wettbewerbscharakter kontinuierlich zu. Durch die Netzwerk-Partys der 90er Jahre ist der E-Sport dann zum Massenphänomen geworden. Spieler kämpfen in Shootern bis Sportsimulationen gegeneinander, bei Turnieren geht es mitunter um viel Prestige und Geld.
E-Sport ist eine Jugendkultur
Anderen beim Spielen zusehen, anstatt selber zu spielen. Was ist daran so faszinierend? Jugendliche lassen sich begeistern und treffen sich, um gemeinsam zu sehen, wie ihre Lieblingsspiele von Profis gespielt werden. Also alles wie bei anderen Sportarten auch? Nicht ganz. E-Sport-Fans sind überwiegend jung, tendenziell männlich und sehr technikaffin, so eine Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte. Stärker als der Breitensport handelt es sich beim E-Sport in erster Linie um eine Jugendkultur. „Eine Form von Abgrenzungskultur“, nennt es Prof. Jörg Müller-Lietzkow von der Universität Paderborn, der zum Thema E-Sport forscht. Jugendliche erleben die Turniere als elternfreie Zone. Ein wenig wie früher Rockkonzerte. Ein „offenes und transparentes Freizeitvergnügen“, wie er es beschreibt. Im Gegensatz zu den klassischen Sportarten sind E-Sportler den Zuschauern näher. Jeder der Zuschauer und Fans kann selbst einer der Athleten auf der Bühne werden – etwas Talent und Übung vorausgesetzt. Die Eintrittsbarrieren sind für Interessierte sehr niedrig. Jeder kann sich selbst präsentieren – über eigene Webvideos oder Streaming-Plattformen. Der E-Sport profitiert von seiner Schnelllebigkeit und Direktheit. Viel Kommunikation zwischen Teams, Spielern oder Fans findet über die sozialen Netzwerke statt. Live-Übertragungen der Turniere laufen vor allem über Internet-Plattformen. Neben Computerherstellern gehören mittlerweile auch weitere internationale Unternehmen zu den Sponsoren, die den Trend des E-Sports für die Sichtbarkeit ihrer Marken nutzen. Auch Fernsehsender übertragen seit einiger Zeit E-Sport-Veranstaltungen.
Professionalisierung der Strukturen
Längst haben sich gut organisierte Strukturen im E-Sport-Bereich etabliert. Die Spieler sind oft in eigens gegründeten E-Sport-Vereinen, den sogenannten Clans, vereinigt. Darüber hinaus gibt es weitere Clubs, die in eigenen Ligen um Meisterschaften konkurrieren. Turniere entscheiden zudem, wer die besten im jeweiligen Spiel sind. Auf institutioneller Ebene hat sich in der E-Sport-Szene bisher viel bewegt. 2017 wurde der E-Sport-Bund Deutschland als Interessenverband zur Förderung des E-Sports in Frankfurt am Main gegründet. In anderen Ländern gibt es mittlerweile ähnliche Verbandsstrukturen. In Ländern wie Frankreich, Russland, Südkorea oder Großbritannien befindet sich der E-Sport auf der gleichen Ebene wie andere Sportarten. Auch in Rumänien gibt es Bemühungen, den E-Sport als offizielle Sportart anzuerkennen. Wann wir E-Sportler bei Olympia sehen werden, ist noch nicht abzuschätzen. Dennoch bemühen sich die E-Sport-Verbände um eine Anerkennung seitens des Internationalen Olympischen Komitees (IOC). Im Juni dieses Jahres wurden in Tokio die sog. Olympic Virtual Series veranstaltet. Es war der erste Schritt des IOC in die Welt des E-Sports. Gerade mit Spielen, in denen Gewalt dargestellt wird, hat das IOC ein großes Problem. Daher traten die Spieler in den Disziplinen Baseball, Radrennen, Rudern, Segeln und Autorennen gegeneinander an. Zur Professionalisierung der Branche haben neben den finanzstarken Sponsoren auch traditionelle Fußballvereine beigetragen. Über 50 Fußballklubs haben bereits professionelle E-Sportler unter Vertrag genommen und dazu eigene E-Sport Abteilungen ins Leben gerufen. Auch bei den Klubs der deutschen Fußball-Bundesliga wächst das Interesse am elektronischen Sport. Nahezu alle Vereine beschäftigen sich mittlerweile mit dem E-Sport-Markt. Seit 2012 gibt es sogar die sog. Virtual Bundesliga, in der gegenwärtig 26 Vereine in zwei regionalen Divisionen um die Meisterschaft kämpfen. Gespielt wird die Spielsimulation „FIFA“, welches vom Unternehmen EA Sports entwickelt wurde. Die Vereine versprechen sich zusätzliche Einnahmen und einen stärkeren Zugang zur jungen Zielgruppe.
E-Sport als Traumberuf und Jobmotor?
Jährlich steigt die Anzahl von E-Sportlern, die ihre Leidenschaft zum Beruf machen und sich damit ihren Lebensunterhalt finanzieren. Die Einkommensmöglichkeiten sind vielfältig. Topspieler können Preisgelder und Prämien von den Turnierveranstaltern generieren. Sie können zudem auch Monatsgehälter von ihren Clans oder Vereinen erhalten. Die besten ihrer Branche können mehrere hunderttausend Euro oder Dollar pro Jahr verdienen. Der Berliner „Dota 2“-Spieler Kuro Salehi Takhasomi hat jüngst mit seinem Team Liquid in den USA ein Preisgeld in Millionenhöhe gewonnen. Zahllose Zuschauer verfolgten das Turnier in der Arena und online. Der Däne Johan Sundstein gehört mit seinen knapp 7 Millionen US-Dollar Preisgeldern zu den erfolgreichsten Profispielern der Welt. Allein diese Summen belegen, dass es sich beim E-Sport um keinen Nischensport mehr handelt. Der aus Bukarest stammende Aliwi Omar rangiert mit seinen bisher über zwei Millionen Dollar Preisgeldern als erfolgreichster Spieler in Rumänien. Die hohen Gehälter und Preisgelder finanzieren sich durch zahlungskräftige Sponsoren. Auch branchenfremde Unternehmen werden auf die E-Sport-Szene aufmerksam. Mit Daimler, Porsche, dem Softwarekonzern SAP, McDonald‘s und der Deutschen Post sind mittlerweile namhafte Unternehmen in den E-Sport-Markt eingestiegen. Wer sich den E-Sport als Traumberuf vorstellt und erfolgreich sein will, muss viel Zeit investieren. Profispieler sitzen täglich mehrere Stunden vor dem Computer oder an der Konsole und trainieren. Um aus einer Leidenschaft einen Beruf zu machen, sind viele Eigenschaften notwendig. Besonders wichtig sind Disziplin, Zielstrebigkeit und Kommunikationsfähigkeit. Jobchancen in der E-Sport-Branche gibt es nicht nur als Profispieler. Die steigende Popularität des elektronischen Sports ebnet auch den Weg für neue Berufe. So ist beispielsweise der Job des E-Sport-Kommentators entstanden. Dieser kommentiert das Geschehen auf dem Bildschirm wie ein Sportreporter. Zudem verdienen viele ehemalige professionelle E-Sportler ihr Geld als Moderatoren, Trainer, Analysten oder Experten, ähnlich wie im Fußballbereich. Der E-Sport ist als Karriereweg bis in den Hochschulbereich vorgedrungen. An der privaten Hochschule für angewandtes Management, die ihren Sitz in Ismaning bei München hat, kann man sogar E-Sport als Bachelor-Studiengang belegen. Der Studiengang vermittelt den Studierenden neben den klassischen BWL-Kenntnissen auch Wissen über das Management und die Vermarktung von E-Sport-Teams.
Ist das überhaupt Sport?
Kritische Stimmen sprechen dem E-Sport generell den Sportcharakter ab. Sie führen gerne das Argument der fehlenden körperlichen Aktivität ins Feld. Ein weiteres Gegenargument ist, dass E-Sport aufgrund der vielen verbrachten Stunden vor dem Bild- oder Fernsehschirm nicht gesund sein könne. Stellt man jedoch den Wettbewerbscharakter in den Vordergrund, so ist der E-Sport dem traditionellen Sport sehr ähnlich. Die Spieler messen sich auf Grundlage eines Regelwerks in einer Disziplin mit anderen, um zu gewinnen. E-Sport kann zudem extrem anstrengend sein. Neben schneller Reaktionsfähigkeit müssen vor allem Profispieler stundenlang konzentriert und fokussiert bleiben. Wissenschaftliche Unterstützung bekommt der E-Sport bei-spielsweise von der Sporthochschule in Köln. Die Sportwissenschaftler haben sich in verschiedenen Studien mit den Leistungen auseinandergesetzt, die professionelle E-Sportler erbringen. „E-Sportler sind beim Spielen am Computer oder an der Konsole höchsten Belastungen ausgesetzt – auf motorischer, kognitiver und emotionaler Ebene“, bestätigt Professor Dr. Ingo Froböse. Topspieler kämen pro Minute auf mehr als 350 Bewegungen.
Wie sieht die Zukunft aus?
Ein Ende des Booms in der E-Sport-Szene ist nicht abzusehen. Experten rechnen auch in den kommenden Jahren mit steigenden Umsätzen, immer mehr Sponsoren sowie Zuschauer- und Spielerzahlen. Es lässt sich nicht von der Hand weisen, dass kaum eine andere Sportart so rasant wächst wie der elektronische Sport.