Fragt man nach dem rumänischen Nationalsport, bekommt man oft „Oină“ als Antwort. Es klingt wie aufgesagt, gelernt im Schulunterricht. Wie Oină gespielt wird, das weiß kaum jemand. „Das ist doch mit einem schwereren Ball und so ähnlich wie Baseball,“ ist noch eine der kompetenteren Antworten. Für die rumänisch-bäuerliche Identität ist das Kennen der Regeln aber auch gar nicht so wichtig. Die kollektive Erinnerung ist das Entscheidende, die Idee eines traditionellen rumänischen Spiels. Ein Sport, welcher der einfachen Dorfbevölkerung entspringt, von Schafhirten schon im Mittelalter in der Walachei gespielt – das passt ins Selbstverständnis. Zu Zeiten von Vlaicu Vodă soll Oină über das gesamte Fürstentum verbreitet gewesen sein.
Bereits im Jahr vor der Jahrhundertwende, 1899, wurde die erste nationale Meisterschaft ausgetragen. 1912 wurde unter dem Dach der „Federa]ia Societăţilor Sportive din România“ eine Oină-Sektion gegründet, 1932 dann ein eigener Verband. Zu Zeiten der Diktatur waren Dinamo Bukarest und Combinatul Poligrafic Bukarest die erfolgreichsten Mannschaften, mit der politischen Wende war der Sport dann allerdings vom Aussterben bedroht. Heute sind beim Verband 25 Mannschaften registriert, aus allen Regionen des Landes. Die beiden Hochburgen sind Konstanza und Gherăeşti. In der kleinen Gemeinde im Kreis Neamţ, nördlich von Roman, wurde das Spiel im Jahr 1959 eingeführt. Heute existieren mit Biruinţa und Brigada Gherăeşti zwei Mannschaften. Auch das erste Baseball-Feld wurde hier angelegt.
Im Gegensatz zur amerikanischen Schlagballvariante ist der auffälligste Unterschied das Schlagmann und Werfer derselben Mannschaft angehören. Ihr Ziel ist es, den Ball, der etwa das gleiche Gewicht eines Baseballs hat, möglichst weit zu schlagen, um das Spielfeld zu überqueren – beim Baseball wird es umrundet – und in den hinteren Bereich, die Sicherheitszone, zu gelangen und auch wieder zurück. Die verteidigende Mannschaft hingegen versucht die Spieler durch Abwerfen daran zu hindern.
In Siebenbürgen soll der aus Kibéd, östlich von Neumarkt/Târgu Mureş, stammende Arzt Mátyus István, in seinem Buch „Diaetaetica“ zur Ur- und modernen Diätetik, welches 1762 in Klausenburg/Cluj-Napoca erschien, das Spiel erstmals erwähnt haben. Eben hier fand am ersten Septemberwochenende auch der Föderationen Cup statt. In Ermangelung einer nationalen Liga treffen sich die Mannschaften zwischen Mai und September zu Turnieren. Angetreten zum zweitägigen Wettbewerb im Babe{-Park waren Frontiera Tomis Konstanza, Straja Bukarest, Brigada Gherăeşti, Politehnica Klausenburg und Oltul Turnu Roşu.
Die Klausenburger Mannschaft wurde erst vor zwei Jahren offiziell gegründet. Als Teil des Vereins „CS Politehnica“ ist sie landesweit die einzige, die einer Universität angeschlossen ist. Bereits ein Jahr zuvor hatten sich einige Interessierte auf Initiative des Doktoranden Marian Morariu zusammengefunden und trainiert. „Die Hälfte der Spieler hat die Regeln erst gelernt, als sie sich der Mannschaft angeschlossen haben,“ so Radu Adrian Munteanu, der Verantwortliche für die Sektion Oină bei CS Politehnica. Morariu selbst war schon in seiner bukowiner Heimat aktiver Spieler und hat die Idee einer Mannschaft mit nach Klausenburg gebracht. Abgesehen von Bukarest und Konstanza, wo die erfolgreichsten Klubs beheimatet sind, wird Oină fast ausschließlich in ländlichen Gemeinden gespielt.
Viel Platz benötigt der Sport nicht und wird im Winter mit weniger Spielern pro Mannschaft auch in der Halle gespielt. Das Spielfeld hat zwischen der Sicherheitszone und der Schlagzone eine Länge von 60 Metern. In der Breite misst es 32 Meter. Weiterhin ist es in Dreiecke und Vierecke aufgeteilt. An den Kreuzungen der Linien innerhalb des Spielfeldes und der Spielfeldgrenze befinden sich Kreise, die die Positionen der Mittelfeld- und Flügelspieler markieren. Ihr Ziel ist es, die Spieler der angreifenden Mannschaft abzuwerfen. Die Angreifer wiederum müssen insgesamt acht Felder durchlaufen, dabei dürfen lediglich zwei Spieler gleichzeitig auf jeder Spielfeldhälfte aktiv sein. Ein Spieler kann sowohl auf dem Hin- als auch auf dem Rückweg getroffen werden. Punkte können durch weites Schlagen (Angreifer) und Abwerfen (Verteidiger) erzielt werden. Ein entscheidender Unterschied gegenüber dem Baseball, bei dem nur die angreifende Mannschaft Punkte erzielen kann. Punkte für das überqueren des Spielfeldes gibt es nicht.
Gewonnen hat den Föderationen Cup Frontiera Tomis Konstanza, vor einer Handvoll Zuschauern. Der traditionelle rumänische Sport ist ein Sport, den kaum jemand kennt. Vor zwei Jahren hat die Regierung das Gesetz zur körperlichen Erziehung und Sport dahingehend abgeändert, dass Oină fortan offiziell als rumänischer Nationalsport bezeichnet wird, den es gilt „Wiederzuentdecken“. Durch Vorträge und Demonstrationsspiele wird seitdem versucht, den Sport unter die Bevölkerung zu bringen.