Aktivurlaub in Vatra Dornei

Wandertipps: Auf Traumpfaden durch die Bukowina

Alpenrosen am Vf. Retitis

Ausblick vom Vf. Diecilor ins Becken von Șaru Dornei

Neue Wegweiser am Piciorul Lat Fotos: Günther Krämer www.lustwandeln.eu, www.viacarpatica.eu

Reisen war Kaiserin Sisis Lebenselixier. Sie fuhr mit der Bahn durch ganz Europa in einem eigens für sie gebauten Hofsalonwagen, der aus einem Salon- und einem Schlafwagen bestand. Der Hofstaat, der Sisi begleitete, umfasste oft mehr als 100 Personen. Mit von der Partie waren neben den Hofdamen auch Köche und Zuckerbäcker. Selbstverständlich verzichtete die Kaiserin weder auf ihre Stallburschen noch auf den Hoftafelgestalter. Selbst Postbeamte begleiteten die Kaiserin, um vor Ort ein Telegrafenamt installieren zu können, damit sie überall erreichbar blieb. In einem speziellen Pferdewagen reiste Sisis Reitpferd mit. Vatra Dornei war zu Sisis Lebzeiten noch nicht mit der Bahn erreichbar. Wie konnte sie den Badeort erreichen? Hoch zu Ross? War Sisi überhaupt hier?
 
Exakte Nachweise konnten wir mit unseren beschränkten Mitteln nicht finden. Aber da die Kaiserin am liebsten hoch zu Ross über Stock und Stein oder zu Fuß in möglichst „wilder“ Natur unterwegs war und die Umgebung von Vatra Dornei am äußersten Rand ihres Kaiserreichs viel Natur zu bieten hatte – und immer noch hat - ist es nicht unwahrscheinlich, dass Kaiserin Sisi dies genutzt haben könnte, um Wien zu entfliehen. 

Heute sieht Aktivurlaub nach rumänischer Art anders aus: Auto, Pension mit Frühstückskaffee, irgendwohin fahren, bis man nicht mehr weiterkommt mit dem Auto, Picknick mit Grillen im Grünen, am besten an einem Bach, laute Musik, einige Schritte gehen oder Besichtigung einer Kirche oder eines Klosters, verbunden mit einem Spaziergang entlang der Verkaufsstände, die neben schönem Kunsthandwerk und selbst produzierter Marmelade oder Likör hauptsächlich kitschige Devotionalien oder einfach Plastikmüll aus Fernost anbieten. Oder man fährt mit einem gemieteten Quad/ATV oder SUV stinkend und lärmend in die Berge ...  

Dabei ist das Dorna-Land ein wahres Wanderparadies. Schon auf dem Bahnsteig des Bahnhofs Băi fallen die altertümlichen Wanderwegweiser auf. Gleich gegenüber, hinter dem Hotel Silva, befindet sich die Salvamont-Geschäftsstelle, wo Besucher alle notwendigen Informationen und auch Wanderkarten erhalten können. Aus der Stadt heraus führen einige markierte Wanderwege auf die Höhen der Umgebung, und manche davon sind mit Sessellift-Unterstützung mit wenig Anstrengung zu erwandern.

Wanderungen um Vatra Dornei

Im Südwesten der Stadt, in der Str. Negrești, befindet sich die Talstation des Sessellifts. In wenigen Minuten bringt uns dieser 500 Meter höher auf den Vf. Diecilor. Hier bietet sich dem Gast ein Panoramablick über das Dorna-Land, ins weite Becken von Șaru Dornei und in das Călimani-Gebirge.  Für den Rückweg ins Tal gibt es mehrere Möglichkeiten:

- Kurz, steil und nicht gerade knieschonend geht es auf der blauen Dreiecksmarkierung direkt hinunter zur Talstation (80 Min.). 
- Auf der Nordic-Walking-Route 1 Richtung Nordosten zum mit Funkmasten geschmückten Dealul Negru und steil im Bereich der Skipisten hinunter zum Kurpark (90 Min.). Unsere Empfehlung: Vom Dealul Negru auf unmarkiertem Forstweg weiter angenehm abwärts wandern. Alle links abgehenden Wege führen zur Str. Unirii und zu den östlichen Stadtteilen von Vatra Dornei. Der längste Abstieg bis zur Einmündung der Str. Foresta in die Str. Unirii ist etwa sieben Kilometer lang. Man benötigt dann für die 500 Höhenmeter Abstieg etwa zwei Stunden.
- Bis auf Abstieg über Todireni nach Șaru Dornei (7 km, 2 Std.) raten wir von den verschiedenen Abstiegsvarianten ins Tal des Sărișorul Mic ab. Man unterschätzt leicht die Wegstrecke und ist durch lange Schotterstrecken auf dem Talweg genervt.
- Auf angenehmen Wegen kann man dem blauen Dreieck beliebig weit nach Südwesten folgen und auf einsamen Wegen nach Norden absteigen. Die erste Möglichkeit bietet sich schon 1,5 Kilometer von der Bergstation entfernt, der Abzweig ist auf der DIMAP-Karte mit La Scoc bezeichnet. Unmarkiert zunächst steil im Wald abwärts, dann entlang des Roșu-Baches, sind es bis zum Ort Roșu nur 7,5 Kilometer (etwas mehr als 2 Std.), bis zum Ausgangspunkt zurück etwa 9 Kilometer (2,5 Std.).
- Nur einen Kilometer weiter auf dem Höhenweg mit der blauen Dreiecksmarkierung erreichen wir die [aua Zaurele. Ein früher mit dem blauen Kreuz markierter Traumpfad führt uns meist aussichtsreich über die Poiana Moara Dracului, den Muntele Munceilor, vorbei am Vf. Munceilor und am Vf. Ulmului hinunter nach Dorna Candrenilor (11 km, 4 Std.). Kurz nach dem Vf. Munceilor besteht die Möglichkeit einer minimalen Abkürzung nach Roșu (an einer Weggabelung nach rechts).
- Auch die Suhard-Berge norwestlich von Vatra Dornei bieten aussichtsreiche Wege. Wir stellen hier den Runc-Rundweg vor. Er beginnt neben der früheren Evangelischen Kirche, der heutigen Biserica Nașterea Maicii Domnului, und ist im Anstieg mit dem blauen Band markiert. Steil geht es hoch, die Str. Runc querend, am Waldrand entlang, dann über aussichtsreiche Weiden. Nach der Überschreitung des 1150 Meter hohen  Runc verlassen wir den markierten Weg und steigen nach links über Wiesen und Weiden hinunter zu einem am Hang gelegenen Teil der Gemeinde Roșu und weiter bis zur Str. Popeni, der wir nach links folgen bis zum Ausgangspunkt (8 km, 450 Höhenmeter Anstieg, 4 Std.).
- Nordöstlich von Vatra Dornei erhebt sich das Giumalau-Massiv bis in eine Höhe von 1857 Metern. Wanderungen in die Gipfelregion sind von Vatra Dornei aus lang und anstrengend. Wir stellen hier eine durchgehend markierte Rundwanderung vor, die im Cartier Bârnărel beginnt und immerhin bis rund 1300 Meter Höhe führt. Sie ist im Aufstieg mit dem roten Kreuz markiert. Über die Obcina Mare und die aussichtsreiche Obcina Mica – höher als die Obcina Mare – treffen wir bald auf den mit dem blauen Band markierten Weg, folgen diesem nach rechts und erreichen nach einer Viertelstunde das Berghotel Cabana Gigi Ursu und die daneben liegende Einsiedelei Sf. Cuvioasa Parascheva. Insgesamt dauert der Anstieg etwa 4 Stunden. Auf dem Rückweg nach Vatra Dornei folgen wir zunächst in leichtem Auf und Ab, zum Schluss dann steil abwärts dem blauen Band (17 km, 800 Höhenmeter Anstieg, 6 bis 7 Stunden).

Wandern im Călimani-Nationalpark

Ganz in der Nähe liegt der Călimani-Nationalpark, von Vatra Dornei aus mit dem Linienbus oder dem eigenen Pkw auf etwas holpriger Straße erreichbar. Der Nationalpark umfasst den inneren Bereich des Călimani-Vulkans, der vor etwa fünf bis zehn Millionen Jahren, im Jungtertiär, aktiv war. Es ist ein Caldera-Vulkan, vergleichbar mit dem Vesuv, und einer der größten Vulkane Europas. Die Spuren des Vulkanismus sind überall sichtbar: Gesteine wie Phonolith, elementarer Schwefel, Mineralquellen ...
Ausgangspunkt für Wanderungen ist der kleine Ort Gura Haitii, mitten im Caldera-Krater gelegen. Hier gibt es einige kleine Pensionen. Wir empfehlen den Bauernhof von Daniela Tarca, die nicht nur eigene Produkte serviert, sondern auch noch eine großartige Köchin ist. Gäste ohne eigenes Auto werden gerne von Danielas Mann zu den entfernteren Ausgangspunkten der Wanderungen gefahren.

- Wanderung zu den 12 Aposteln: Vom Parkplatz am Ortsende von Gura Haitii folgen wir der Markierung blauer Punkt bis hinauf zu den Felsformationen der 12 Apostel. Nach etwa einem Kilometer geht es rechts runter zum Bach, wo eine Reihe gut gestalteter Tafeln über den Nationalpark Călimani informiert. Teils am Bach, dann über den Bach und durch den Wald angenehm hoch zu den blumenreichen Wiesen und Weiden oberhalb von Gura Haitii. Am Waldrand gibt es Informationstafeln zum Caldera-Vulkanismus und zu den Wildtieren. Im Wald entdecken wir die ersten Felsen aus Vulkangestein, und bald erreichen wir die das Gestrüpp der Krummholzzone überragenden Felssäulen, die alle ziemlich zutreffende Namen haben, z.B. der Marschall oder der alte Mann. Die meisten Wanderer wählen für den Rückweg den Anstiegsweg (14 km, 720 Höhenmeter Anstieg, 5 bis 6 Stunden). 

Es gibt aber auch zwei etwas längere Alternativen (Mehraufwand jeweils 1 bis 2 Stunden):
Wir steigen über die 12 Apostel und folgen dem roten Punkt Richtung Nordosten bis zur Wegkreuzung (Wegweiser, Rastplatz) am Piciorul Lat oberhalb des Klosters 12 Apostel. Hier gehen wir nach rechts (roter Punkt) und steigen in das Tal von Runc hinunter. Im Talboden verlassen wir die Markierung, da der rote Punkt auf einem langen Weg nach Sărișor führt, und gehen auf der neu asphaltierten Straße Tal abwärts.
In südwestlicher Richtung leitet die Markierung roter Punkt aussichtsreich zu den Pietrele Roșii. Von hier gelangt man mit der Markierung blaues Kreuz zum Ausgangspunkt zurück.

- Ausgangspunkt mehrerer attraktiver Wanderungen ist der Parkplatz am ehemaligen Bergbaugelände Exploatarea Căliman: 
Unser Lieblingsweg führt an der Ruine des Jagdhauses von Ceaușescu vorbei (Markierung blaues Dreieck, Via Maria-Theresia) und zweigt nach wenigen Hundert Metern von diesem Weg als fast nicht erkennbarer Pfad links ab. Er ist sehr spärlich mit dem roten Kreuz markiert und erfordert Navigationskunst, aber es ist ein Traumpfad durch Zirben-Urwald und weiter oben durch Latschengestrüpp. Am Kraterrand folgen wir nach rechts der roten Markierung zur ehemaligen Wetterstation auf dem Vf. Retitis, wo man sogar bewirtet wird. Besonders schön ist der Weg zur Zeit der Alpenrosenblüte im Juni, wenn unten im Tal das Alpenrosenfest gefeiert wird. Der Abstieg folgt zunächst weiter der roten Markierung bis zur Șaua Nicovală, dann rechts hinunter auf dem mit dem blauen Dreieck markierten Maria-Theresia-Weg (8,5 km, 600 Höhenmeter Anstieg, 4 bis 5 Stunden).

Gute Bergsteiger können den 2100 Meter hohen Pietrosul besteigen: Hoch zur Șaua Nicovală, dann rechts (rote Markierung) abwärts zur Șaua Negoiul, steil hoch über plattiges, klirrendes Phonolithgestein zum Gipfel Negoiul Unguresc, weiter in leichtem Auf und Ab zur aussichtsreichen Steinpyramide des Pietrosul. Abstieg am besten auf dem Aussichtsweg. Da es auf dem gesamten Weg keine Quelle gibt, ist viel Getränk mitzunehmen (15 km, 1100 Höhenmeter Anstieg, 6 bis 7 Stunden). 
Alternativ kann nach Norden abgestiegen werden: Steil hinunter zur Poiana Izvoarelor, einem beliebten Zeltplatz, wo an einer Quelle die Wasservorräte aufgefüllt werden können, dem roten Kreuz folgend am Bach entlang zunächst über die Wiese, dann durch den Wald, schließlich ein nicht enden wollender Forstweg-Hatsch nach Gura Haitii (Mehraufwand 1 bis 2 Stunden).
Auch 121 Jahre nach Kaiserin Sisis Tod ist Vatra Donei immer noch eine attraktive Destination für einen außergewöhnlichen Wanderurlaub!