„Das ist einer der beschwerlichsten Wege in Europa. Viele Busfahrer drücken sich davor“, erzählt er uns auf dem Rückweg. Er, einer der Busfahrer. Trotzdem hätten wir die Fahrt nicht verpassen wollen, hatten uns von den Bildern, die Google von Ortschaften wie Kotor, Budva oder Perast bereithält, dazu verleiten lassen. Das Wetter soll ja schön sein, auch im April. Und das hat auch gestimmt. Zu Hause angekommen, sehen wir, dass wir zu den ersten gebräunten Temeswarern gehören. Und auch schöne Erinnerungen mitgebracht haben.
Gerade 664 Kilometer sind es von Temeswar nach Budva, an die Adria, in Montenegro. Man möchte meinen, dass dieses Sonne-und-Meer-Urlaubsziel in Null Komma nichts erreichbar sei. Trotzdem gelang es dem Busfahrer nicht, die Stecke in weniger als 16 Stunden zu bewältigen. Nach Budva fliegt im Frühjahr so gut wie kein Flieger aus Temeswar. Im Sommer auch nicht. Und mit dem Auto oder mit dem Bus ist die Fahrt sehr beschwerlich. Es gibt kein Stück Autobahn, sei es auch noch so kurz. Allerdings: Auf dem Rückweg sehen wir Autobahnstrecken in Montenegro, an denen man zurzeit arbeitet, und hoffen, dass sie es bald schaffen.
Fährt man durch Montenegro, ist man vielleicht nicht unbedingt von der kargen Landschaft begeistert, die Berge sind schwarz und spärlich bewachsen. Schön ist es nicht, interessant aber schon und auch ein bisschen abenteuerlich. Der Busfahrer steigt auf die Bremse, wir sollen uns den Ort anschauen, wo vor einigen Jahren die Insassen eines Reisebusses aus Rumänien verunglückt sind. Der Bus liegt immer noch unten im Tal, eine rumänische Fahne weht und man hat etwas an dem Weg repariert. „Die Kurve ist jetzt nicht mehr so scharf!“ bemerkt der Busfahrer. Eine schöne Erinnerung unterwegs: Im Laden einer Tankstelle kaufen wir getrocknete Datteln an der Schnur. Eine zirka ein Meter lange Schnur.
Kotor mit schwarzem Gelato, grauen Fassaden und schwarzem Gebirge
Gibt man bei „TripAdvisor“ Montenegro ein und „things to do“, so liegt die Bucht von Kotor mit fünf von insgesamt fünf Sternen auf dem ersten Platz. Und das, nachdem fast 2200 Touristen ihre Meinung hinterlassen haben. Das ist im Internet so leicht nicht nachzumachen. Fährt man nach Montenegro, kommt man an Kotor nicht vorbei oder sollte es zumindest nicht tun. Kotor – Stadt und Bucht teilen sich den Namen. Es ist die größte und wahrscheinlich auch schönste Bucht Montenegros. Und die Altstadt von Kotor ist einfach ein Muss: Ein bisschen wähnt man sich in Venedig, wenn man auf den schmalen Gässchen spaziert – alles perfekt renoviert hier im Inneren der Mauern – die Paläste, die Kirchen, schick die Souvenirläden und auch die Restaurants. Ein Besuch der Sankt-Tryphon-Kathedrale steht auf dem Plan, sie gilt schließlich als die schönste in Montenegro, auch auf den Turm und in das kleine Museum der Kathedrale muss man unbedingt. Draußen versucht eine Frau in diesem Selfie-Zeitalter Postkarten zu verkaufen – darunter auch eine, die über die vielen Pausen während des Tages eines Montenegriners witzelt. Weiter draußen auf der Piazzetta wird gerade ein Gelato-Wagen aufgebaut: Zu den bunten Sorten gesellt sich – wir sehen es zum ersten Mal – Schwarz. „Carbon“ nennt sich das Eis und schmeckt ein bisschen nach Kohle, ist aber lecker. Schwarz passt auch zu den grau-schwarzen Fassaden der Paläste, die in der Altstadt an ehemals große Familien aus der Region erinnern: Palata Pima, Palata Bizanti, Palata Buca usw.- Schwarz passt auch zum Berg, der sich über uns erhebt und den man bezwingen soll, in einem Spaziergang von über einer Stunde bis hinauf zur Festung. Und das, um einen Blick – sicherlich mehrere auf dem langen Weg – auf die Bucht zu werfen und die schönsten Erinnerungen von Kotor mitzunehmen.
Von Inseln und Klöstern bei Perast
Perast ist eine extrem kleine Ortschaft, in der an allen Ecken saniert wird – fast schon ärgerlich wegen des Staubs und der Geräusche. Dafür aber werden alte, schmucke Gebäude - hier als Paläste vorgestellt, trotzdem mit denen in Kotor nicht vergleichbar - wieder zum Leben erweckt, damit sich die Ortschaft den Touristen bald von der besten Seite zeigen kann. Der Spaziergang am Meeresufer entlang ist vielleicht schnell vorbei, verweilen kann man aber auf einer Bank unter einer riesigen Pinie oder auf einer der Terrassen, die die Restaurants bereits im April aufgebaut haben. Das Wetter spielt mit – es ist warm, ohne aggressive Hitze. Zudem riecht es nach Meer und die Aussicht ist perfekt: Zwei winzige Inseln liegen vor Perast, die künstlich angelegt wurden. Sie entstanden durch ein Bollwerk von Felsen und durch alte gesunkene Schiffe, die mit Steinen beladen waren. Auch heute gibt es noch die Tradition des Felsenwerfens, um eine Vergrößerung der Inselfläche zu bewirken. Auf jeder Insel steht eine Kirche. Zur Insel „Der heilige Georg“ mit ihren dunklen Zypressen und dem Friedhof fahren wir nicht, dafür aber zur Insel „Unsere Jungfrau Maria vom Riff“, in der Landessprache „Gospa od Škrpjela“, auf Italienisch „Madonna dello Scarpello“. Es ist ein katholischer Wallfahrtsort auf einem winzigen In-selchen, ein Kleinod im Meer.
Budva: Es riecht förmlich nach Geld
Ganz anders präsentiert sich Budva: einige Hotels fast in Wolkenkratzer-Höhe, die Läden exquisit, es wird gebaut, alles ist modern und vor allem neu. In Budva kopiert man fleißig Monaco, auch wenn auf einer anderen, viel kleineren Skala. Trotzdem: Die Landschaft stimmt schon irgendwie, mit Bergen, die steil ins Meer abfallen. Auch hier gibt es eine kleine Altstadt, saniert, mit Gässchen, Souvenirläden, zum Glück auch mit italienischem Kaffee – ansonsten bietet Montenegro Kaffeetrinkern nicht viel. Auch hier wiegen sich Yachten – einige davon können sich ruhig auch in Monaco sehen lassen, auch hier sind moderne Bauten, Stahl, Glas, Palmen. Der große Strand von Budva ist eher eine Enttäuschung. Wer auf Sand und Blau steht, wird hier nicht auf seine Kosten kommen. Die Adria bietet nur selten jene Farbenpracht, die man weiter südlich häufig antrifft. Reist man durch Montenegro, scheint alles eher karg, hier allerdings brodelt das Leben. Es ist schön, aber es ist nicht Kotor. Es ist eben anders. Hier fühlen sich wohl eher die Party-Typen unter den Touristen wohl. Aber an der Sonne können sich alle erfreuen.