Sie kamen vor langer Zeit, aus – damals – großer Entfernung, die Siedler, die nach 1140 dem Ruf des ungarischen Königs Geisa dem II. folgten. Sie kamen zur Erschließung der siebenbürgischen Wälder und zum Schutz gegen die einsetzenden Stürme der Mongolen, Kumanen usw. Es waren Siedler, die man aus den Gebieten zwischen Mosel und Mittelrhein bis hin zum Niederrhein und Flandern mit gutem Boden, Wäldern, Seen und Gewässern des Königsbodens angelockt hatte.
Sie bearbeiteten den ihnen zugeteilten Boden, rodeten Wälder und entwässerten Flure – und – sie bauten Siedlungen, in deren Mitte stets eine Kirche aufragte. Die unruhigen Zeiten setzten bald ein und Geschichtsbücher geben Aufschluss über die Überfälle, die sich ereignet haben. Da nicht immer und überall ganze Ortschaften – inzwischen waren es größere Dörfer und Städte geworden – geschützt werden konnten, konzentrierten sich die Gemeinden, die zwar noch aus dem Heimatland Nachschub bekamen, aber schon seit der dritten, vierten und x-ten Generation in Siebenbürgen sesshaft waren, in ihrer Bestrebung nach Sicherheit auf Wehranlagen um ihre Gemeindekirche: Es entstanden die Kirchenburgen, eine Mischung aus Gotteshaus und wehrhafter Anlage, mit Schutzmauern, Türmen, oft mit Vorbauten, die, wenn nicht im Umfang aber doch in ihrer Aufgabe, einer Bastei gleichgestellt werden können.
Ihre ursprüngliche Zahl kann heute nur mehr geschätzt werden. Historiker sind befugt, festzustellen, ob es wirklich an die 300 waren oder weniger – übrig geblieben sind jedenfalls bei weitem nicht so viele. Sie überdauerten Kriege und manchmal auch den Drang, Ortschaften in falschem Sinne zu modernisieren. Heute fungieren sie für die Tourismusbranche als Magnet, Aushängeschild, Werbeclou und Vorzeigeobjekt. Nur zu gerne bedient man sich ausgiebig schöner Aufnahmen mit Kirch- und Wehrtürmen, mit Efeu überwachsenen Wehrmauern, vom Boden aus oder aus der Vogelperspektive abgelichtet, um Werbeprospekte zu schmücken – in umgekehrtem Verhältnis zu dem finanziellen Aufwand des Staates für Erhalt und Pflege der Kirchenburgen, so scheint es. Dabei könnte eine gute Vermarktung der Branche so viel einbringen, dass auch für die notwendige Wartung der sanierten Kirchenburgen mehr Mittel verfügbar wären.
Kirchenburgen zugänglich machen
Nicht um die Frage der Zugänglichkeit für den Individualtouristen geht es hier, sondern um den Anschluss an die Gruppen mit Reiseleiter und Führung. Dies ist ein Schwachpunkt, um den sich einen Sommer lang der Kronstädter Stadtrat Christian Macedonschi bemüht hat, leider mit wenig Erfolg. Doch er bleibt beharrlich und will nicht aufgeben. Das von ihm vorgestellte Projekt, im Burzenland eine „Burgentour” ins Leben zu rufen, stellte er mit sehr viel Optimismus dar: „Der Kronstädter Verein für Entwicklung und Förderung des Tourismus fährt mehrere Gleise, um Kronstadt, das Burzenland und die Kirchenburgen bekannt zu machen und besser als bis jetzt zu vermarkten.
Einmal durch Beteiligungen an Fachmessen (Berlin 2014), dann durch Druckschriften und Broschüren mit Angaben und Routen, oder aber gezielte Projekte wie die Stadttour durch Kronstadt/Braşov. Eine Tour zu mehreren Kirchenburgen im Burzenland ist eine ältere Idee, für welche ein Konzept ausgearbeitet wurde, um dessen Umsetzung wir uns jetzt bemühen”, erklärte Christian Macedonschi, Vorsitzender des genannten Vereins. Doch wie schon erwähnt, gelang dies im Sommer 2014 noch nicht, sodass das Projekt verschoben wurde.
Was kann besichtigt werden?
Die Liste der Kirchenburgen, die besichtigt werden können, ist lang. Man kann mit welcher immer beginnen, wir werden Tartlau/Prejmer nehmen, günstig gelegen und von Kronstadt aus in einer halben Stunde Autofahrt erreichbar. Die Anlage ist in sehr gutem Zustand, verfügt über einen Parkplatz, man bietet eine gute Führung durch die Kirche und ein kleines, aber gut ausgestattetes Museum gibt es auch.
Als die am weitesten ostwärts – dem Bosau-Pass gegenüber -– gelegene Gemeinde des Burzenlandes entstand hier die größte und stärkste Kirchenburg Siebenbürgens. Sie schützte auch den Zugang in das gesamte Burzenland mit bis zu fünf Meter starken Mauern (Unterbereich), versehen mit Schießscharten und Gusslöchern, verstärkt mit fünf viergeschossigen Türmen, von denen heute noch zwei stehen.
Begehbar ist der breit überdachte Wehrgang, der um die ganze Mauer führt. Darin steht in einer Schießscharte ein Eichenbrett im Fensterrahmen eingesetzt, welches sich um eine eiserne Achse dreht. In Reiseführern als „Todesorgel” bezeichnet, handelt es sich eigentlich um ein „Schießpult” zum Auflegen mehrerer schwerer Büchsen, dies zeitgleich und daher mit erhöhter Wirkung. An der Innenseite der Mauer befinden sich aneinandergereihte Räume, in vier Geschossen übereinander, durchgehend nummeriert, die über Holztreppen und Plattformen zugänglich sind. Die Nummern auf den Türen entsprechen den Hausnummern der Höfe und jede Bauernfamilie bezog ihre Kammer mit dem eigenen Lebensmittelvorrat, um in Belagerungszeiten in Sicherheit zu sein. Einst gab es auch einen Wassergraben mit Zugbrücke vor der Toreinfahrt, über den man durch einen langen Gang, gesichert mit Fallgitter und einem zweiten Eichentor, in den Hof gelangte.
In der Nachbargemeinde Honigberg/Hărman befindet sich die Kirchenburg auf dem Marktplatz und ist noch von einem Graben umgeben, dem einstigen Wassergraben, heute ein mit Kastanien bepflanzter Park. Kleiner und bei weitem nicht so gut erhalten, gibt es auch in dieser Kirchenburg Reste eines Wehrgangs und ein kleines Museum.
Auch in Petersberg/Sânpetru steht eine Kirchenburg, mit Teilen aus dem 13. Jahrhundert oder früher.
Petersberg wird nämlich schon 1240 erstmals urkundlich erwähnt und wurde zur Zeit des Deutschen Ritterordens (1211-1225) angelegt. Auch als Petersdorf und Petersburg bekannt, gehörte die Gemeinde der sogenannten Tartlauer Hundertschaft an. Im 13. Jahrhundert stand hier eine romanische dreischiffige Peterskirche, die 1794 abgetragen wurde. Spuren von Malerei an einer Ringmauer des 13. Jahrhunderts weisen darauf hin, dass zu der Zeit (1240), als die Zisterzienser das Patronat über die Peterskirche hatten, ein Kloster erbaut wurde. An den Burgeingang schließt sich ein langgestrecktes Gebäude an, das ehemalige Zisterzienserkloster mit stellenweise erhaltenen Wandmalereien.
Nicht allzuweit davon liegt Weidenbach/Ghimbav mit einer Burganlage aus dem 15. Jahrhundert, umgeben von einer hohen Ringmauer mit Pechnasen und Schießscharten für Feuerwaffen. Die einstigen 120 Vorratskammern an der Innenseite wurden hier 1940 entfernt, nur noch zwei sind übrig geblieben.
Das sind nur vier der Kirchenburgen, die nahe oder sehr nahe bei Kronstadt liegen. Die Liste könnte mit Neustadt/Cristian, Rosenau/Râşnov – eine Fliehburg oder Bauernburg – in 150 Meter über der Stadt gelegen, Marienburg/Feldioara, Nussbach/Măieruş, Heldsdorf/Halchiu oder anderen ergänzt werden, alles in allem noch etwa 130 in der ganzen Region. Ein Kulturerbe, über welches man sich im Internet bestens informieren kann, das jedoch immer noch nicht für Rundreisen genügend attraktiv gemacht werden konnte.