Die multikulturelle Prägung verleiht Bautzen/Budyšin besonderen Charme. Im Laufe der Geschichte hat die historische Hauptstadt der Oberlausitz den Polen, Ungarn oder Böhmen gehört, zurzeit gehört sie den Deutschen und den Sorben zugleich, was an den zweisprachigen Orts- und Straßenschildern zu erkennen ist. Obwohl in der Stadt heute nur etwa fünf bis zehn Prozent Sorben leben, gilt sie weiterhin als politisches und kulturelles Zentrum der Minderheit.
Vor genau 1010 Jahren wurde die Stadt zum ersten Mal urkundlich erwähnt, seither sorgte die günstige Lage an der Kreuzung mehrerer Handelsstraßen für Wohlstand und oft auch für Neid seitens der Nachbarn. Im Zweiten Weltkrieg, genauer im April 1945, wurde ein Drittel von Bautzen völlig zerstört und auch die restlichen Teile erlitten starke Schäden. Viele historische Bauten warteten im Ruine-Zustand auf das Jahr 1989. Heute bleibt wenig von der neueren (und traurigeren) Geschichte übrig, doch das Justizgebäude in der Lessingstraße sollte nicht unerwähnt bleiben. Hier wurde außer Amtsgericht, Landgericht und Staatsanwaltschaft auch die Gedenkstätte für Menschenrechte eingerichtet. Sie erinnert an das frühere Gefängnis Bautzen II, das eine Zeit lang als „Stasi-Knast“ für politische Gegner der SED-Führungsspitze diente. Berichte über unmenschliche Haftbedingungen trugen dazu bei, dass das Gefängnis nach der Wende zu einem Inbegriff des DDR-Unrechtes wurde.
In den jüngsten zwei Jahrzehnten hat sich die Stadt im Kern des ehemaligen Ostdeutschland zu einer koketten sächsischen Mini-Metropole herausgeputzt - für die Verwaltung sorgt übrigens seit 22 Jahren ein und derselbe Bürgermeister. Rund herum gibt es große Industriegelände und vor allem bezaubernde Natur und wunderschöne Landschaften. Auf den Besucher warten nicht nur ausgedehnte Parks, allen voran der Bautzener Naturpark in Südosten der Stadt und – für die ganz Jungen – Deutschlands größter Irrgarten in Kleinwelka, sondern auch schöne Campingplätze, Fahrrad- und Wanderwege.
Ein doppeltes Gotteshaus
Eine der repräsentativsten Sehenswürdigkeiten der Stadt ist der Dom St. Petri, den sich die römisch-katholische und die evangelische Kirchengemeinde teilen. Die beiden Konfessionen sind in der Kirche durch ein Gitter getrennt, doch die Gittertür steht offen – ein Zeichen des Vertrauens und der Transparenz. Der Dom ist die älteste und eine der größten Simultankirchen Deutschlands, bundesweit soll es insgesamt über 60 geben – „Besucher aus Belfest können ihren Augen und Ohren nicht glauben, !“, erzählt so mancher Stadtführer lächelnd. Der Dom hat also zwei Besitzer, vielleicht zwei Stromzähler und gewiss zwei Türen, über denen ein großes Gemälde hängt. Der humorvollen Übertragung nach soll ein größerer Teil des Gemäldes über der evangelischen Türe stehen, weil es in Bautzen mehr evangelische Gläubige gibt, und ein kleinerer Teil über der katholischen Türe, weil „die Katholiken sowieso öfter zur Kirche gehen“. Eine weitere Eigenart: im Domturm wohnte früher der Küster, heute wohnen dort seine Nachkommen. Vor den winzigen Fenstern der Wohnung sind blühende Geranien zu sehen und bestimmt ist die Aussicht von dort oben traumhaft – allerdings muss die Familie sehr sportlich sein, denn einen Aufzug gibt es nicht.
Spaziergang durch die Vergangenheit
Die Bautzner Altstadt ist von den restlichen Stadtteilen durch den (ehemaligen) Verlauf der äußeren Stadtmauer abgegrenzt. Das Gebiet eignet sich vorzüglich zum Flanieren. Zu den Sehenswürdigkeiten zählen die Domschatzkammer im Domstift, die Michaeliskirche – ein Wahrzeichen der Stadt –, das barocke Rathaus am Hauptmarkt, der schiefe Reichenturm und die Alte Wasserkunst. Apropos Wasser: da Bautzen an der Spree liegt, glaubt man, dass die Regierenden in Berlin verdursten würden, ginge der Wasserhahn in Bautzen zu.
Der siebenbürgische Tourist, der in der Historie weniger bewandert ist, wird überrascht sein: Ein kurzer Abschnitt der Stadtgeschichte Bautzens ist mit Siebenbürgen und Matthias Corvinus eng verbunden. Im 15. Jahrhundert gehörte Bautzen zusammen mit den böhmischen Nebenländern zu Ungarn, woran heute ein Relief aus Sandstein an der Ostseite des Matthiasturmes erinnert. Das Denkmal wurde vermutlich vom Bildhauer Briccius Gauske im Jahre 1486 geschaffen. Das Abbild des Königs ist von zwei Engeln und von den Wappen ungarischer Provinzen flankiert. Nachbildungen dieses Originals befinden sich in Budapest und Szeged (Ungarn), sowie Kralova Lehota (Slowakei).
Auf den Besuchsplan in Bautzen gehören unbedingt auch die sorbischen Einrichtungen. Um nur ein paar zu nennen: das Sorbische Museum Bautzen fungiert als „Nationalmuseum“ der Sorben und zeigt Sammlungen zur Geschichte, Volkskunde, Literatur und bildenden Kunst; das Deutsch-Sorbische Volkstheater ist die einzige zweisprachige Spielstätte Deutschlands; das Sorbische National-Ensemble feiert heuer 60 Jahre seines Bestehens und pflegt die Kultur der Sorben in den Sparten Ballett, Chor und Orchester. Zur sorbischen Tradition in Stadt und Umgebung gehört auch der bekannte Brauch des alljährlichen Osterreitens – absolut sehenswert!
Schlemmereien mit Senf
Und nun ein Wort zum leiblichen Wohl: Den berühmten Bautz’ner Senf kann man in allen Dimensionen vom Gläschen bis zum Eimer kaufen, sowie in allen Aromen von den Senf-Brotaufstrichen mit Gartenkräutern oder Speck bis zur „Brutzel-Soße Chili-Senf“. Vieles dreht sich um den Senf: Im Senfmuseum werden historische Senfexponate gezeigt und die Geschichte der Bautzener Senf-Produktion erzählt, in Restaurants (z. B. in der „Bautzener Senfstube“, Schloßstraße 3, www.senf-stube.de) enthält die Karte etliche Leckereien auf Senfbasis. Beispielsweise: Süß-Sauer marinierte Samthauben an geröstetem Senfbrot und Sauerrahm, Ragout von der Geflügelleber mit Äpfeln, Waldpilzen und Kartoffel-Senf-Püree, Szegediner Senfgulasch an Böhmischen Knödeln.
Wer beim Essen Lust auf Action hat, kann im „Mönchshof zu Bautzen“ speisen (Burglehn 1). Hier gibt es „hausgebackenes Brot, Honigwein, selbst Gaukler und Minnesänger und vielerlei mehr an derart mittelalterlichen Köstlichkeiten“. Dienstags und donnerstags lädt der Mönch Eusebius zu einem Rundgang im mittelalterlichen Bautzen ein. Die Legende erzählt: „Anno 1896 fand man seine Gebeine in Eisen geschlagen im klösterlichen Gewölbe. Ehedem bestraft wohl ob seines lasterhaften Treibens. Als einzig stets noch wandelnder Geister des alten Budissins, führt er heute alle Leut’ aus nah und fern, Alt und Jung, Arm und Reich, Mann und Frau durch seine wundervolle und romantische Stadt. Auch gibt er Kunde von vielerlei Begebnissen, von frommem und lasterhaftem Leben vor vielen hundert Jahren.“ ( www.moenchshof.de)
Für die Vorbereitung der Reise nach Bautzen enthält die Webseite www.bautzen.de wertvolle Infos, Adressen, Broschüren und Fotos zum Herunterladen, einen Stadtplan, Details zu Öffnungszeiten, Zahlen und Fakten. Die Kontaktdaten der Touristeninformation Bautzen/Budyšin lauten: Hauptmarkt 1, 02625 Bautzen, Telefon 0049/3591/42016 oder 194 33,
E-Mail touristinfo@bautzen.de