„Es ist eine Tradition in der Türkei: die zukünftige Braut muss ihrem Verlobten einen Kaffee kochen, doch statt Zucker gibt sie Salz hinein. Den Kaffee muss der junge Mann dann austrinken. Wenn er es schafft, bedeutet das, dass er sie wirklich liebt“, erzählt Roza. Dann erklärt sie, dass der Kaffee in der Türkei eine ganz andere Bedeutung hat als in anderen Ländern. Seine Rolle ist nicht, dich wach zu halten. Man trinkt ihn auch nicht zum Frühstück, dann nimmt man lieber Tee. Und man kippt ihn nicht einfach an einem Bartresen in sich hinein und geht schnell weiter, wie es Italiener mit dem Espresso tun. „Wir genießen den Kaffee. Wenn meine Freundin mich zum Beispiel anruft und mir sagt, dass sie mir etwas Wichtiges erzählen will, sage ich: Komm doch zu mir, ich mache uns einen Kaffee. Ohne Kaffee geht es nicht“.
Es ist ein bewölkter Samstagvormittag Ende März und wir sitzen mit Roza im legendären Ara-Cafe, an den Wänden hängen Schwarz-Weiß-Fotografien des ehemaligen Inhabers, der 2013 verstorbene weltbekannte Fotograf Ara Güler. Wir haben uns zu einem Workshop für Kaffeesatzlesen angemeldet. Roza, unsere Gastgeberin, bringt uns nicht nur bei, wie man Vergangenheit und Zukunft in einer Tasse sieht, sondern erzählt uns auch interessante Fakten über das Leben in der Türkei. Den Workshop haben wir gebucht, weil er einen kleinen Einblick in eine faszinierende Welt bietet. Denn Istanbul, die Stadt mit 19 Millionen Einwohnern, die auf zwei Kontinenten liegt, ist eine Welt in sich. Sie in nur ein paar Tagen zu erkunden ist unmöglich. Es gibt Städte, für die ein oder zwei Tage reichen, um sie kennenzulernen. Istanbul ist eine Stadt, die man nur wirklich kennenlernen kann, wenn man eine Zeit lang hier wohnt. Ein Wochenendtrip kann aber die Möglichkeit für einen Istanbul-Schnupperkurs sein. Und dann kann man immer wieder zurückkommen. Was tut man, wenn man zum ersten Mal da ist?
Hier ein paar Tipps für Istanbul-Einsteiger.
Bootsfahrt über den Bosporus, Katzen und rote Tram
Die Fahrt über den Bosporus in Istanbul ist eine der schönsten Schifffahrten, die man im Leben machen kann. Während dieser Fahrt entdeckt man die Stadt in seiner ganzen natürlichen und architektonischen Pracht. Man zieht an moderner Architektur, historischen Sehenswürdigkeiten, schicken Villen und charmanten Fischerdörfern vorbei.
Es gibt Sonnenuntergangsfahrten, Frühstücksfahrten und Mondscheinfahrten mit Abendessen und Bauchtanz. Am schönsten ist es, wenn die Sonne scheint. Eine dreistündige Fahrt kostet 15 Euro. Die Schiffe fahren vom Anleger Bogaz Hatti bei der Galata-Brücke, man kann die Fahrten auch mit verschiedenen Reiseagenturen in der Stadt buchen.
Nach der Schifffahrt kann man über die Galata-Brücke auf die andere Seite der Stadt gelangen. In etwa 15 Minuten ist man auf der berühmten Flanier- und Einkaufsmeile Istiklal Caddesi. Die schönsten Läden findet man aber nicht hier, sondern in den Seitenstraßen. Auf einem Kühlschrankmagneten, den wir in einem Souvenir-Shop finden, ist eine Katze abgebildet, die an einer Nähmaschine Europa und Asien zusammennäht. Katzen trifft man wirklich an jeder Straßenecke und jedes Restaurant oder Cafe scheint seine eigene Katze zu haben. Die meisten von ihnen lassen sich gerne streicheln und fotografieren und freuen sich, wenn man ihnen Essensreste zuwirft.
Wieder auf der Istiklal Caddes zurück, fotografieren wir uns auf der Treppe der roten Retro-Straßenbahn, dem bekanntesten Verkehrsmittel der Stadt. Es ist auch schön, mit ihr zu fahren. Die Linie T2 trägt den Namen „Taksim-Tünel Nostalgia Tramway“, ist 1,6 Kilometer lang und verbindet den Taksim-Platz mit dem Tünel-Platz.
„Der Imam fiel in Ohnmacht“
Auf derselben Straße findet man das Schokoladen-Geschäft Hafiz Mustafa, wo man alle möglichen Sorten Schoko-Bonbons und in Schokolade gehüllte Nüsse oder Früchte ausprobieren kann. „Eigentlich braucht man in Istanbul überhaupt nichts fürs Essen ausgeben”, scherzen wir. In jedem Laden werden uns Tee, weißer Nougat, Lokum und Schokolade aller Arten kostenlos anbeboten – ohne dass man gezwungen wird, etwas zu kaufen. Also ist man nach vier-fünf Ladenbesuchen satt. Wenn man mitten auf der Straße auf jemanden wartet, dauert es keine zwei Minuten, und schon kommt jemand mit einem Stuhl, damit man sich setzen kann. Dann bringt er lächelnd ein Glas dampfenden Tee. Das ist türkische Gastfreundschaft.
Obwohl man von so vielen Süßigkeiten satt ist, ist es unmöglich, einem Restaurantbesuch zu widerstehen. Natürlich sollte man türkische Spezialitäten ausprobieren. Es gibt Fischlokale mit ausgezeichneten Gerichten, aber auch Streetfood ist gut.
Was man sich auf keinen Fall entgehen lassen sollte, ist Adana Kebap. Das ist ein Gericht aus auf Spießen über Holzkohle gegrilltem Hackfleisch, gewürzt mit Zwiebeln, Knoblauch und Petersilie. Ebenfalls sehr lecker ist Karides Güvec, also mit Käse überbackene Shrimps, Tomaten und Pilze. Für Vegetarier ist Imam Baydi (der Imam fiel in Ohnmacht), also mit Gemüse gefüllte Auberginen, ein Muss. Dazu passt Ayran, ein leicht gesalzener Trinkjoghurt. Alkohol ist, wie in jedem muslimischen Land, teuer. Während des Ramadams gibt es in manchen Restaurants und Cafes keine alkoholischen Getränke.
Der schönste Sonnenuntergang der Welt
Wer am frühen Abend auf einer Dachterrasse über dem Bosporus sitzt, dem bietet sich ein einmaliges Schauspiel: die Sonne versinkt langsam hinter der Blauen Moschee, die Silhouette der Hagia Sophia verschwindet in der Dämmerung, von überall her schallen die Rufe der Muezzins und die Schreie der Möwen, in der Tiefe ziehen glitzernde Schiffe vorbei und der Himmel färbt sich violett. Wenn man mit nur einer einzigen Erinnerung aus Istanbul zurück nach Hause kehren dürfte, dann wäre es der Sonnenuntergang.
Am besten, man geht in eine der vielen Skybars in der Nähe des Großen Basars, wo man auch eine Shisha rauchen kann.
Der große Basar, wo man von Seidenteppichen und hochwertigen Lederschuhen über Gewürze und Süßigkeiten bis hin zu falschen Gucci-Taschen und aus Swarowski-Steinen bestehende Hasen alles mögliche kaufen kann, ist auch einen Besuch wert. Hier kann man fast alle Preise verhandeln.
Sultanahmed, der Bezirk, wo der Große Basar liegt, ist nicht groß und hier befinden sich die wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt: die Blaue Moschee, deren charakteristisches Merkmal die sechs Minarette sind (der Eintritt ist kostenfrei, Besucher müssen ihre Schuhe ausziehen), der orientalische Topkapi-Palast, der einem riesigen Freilichtmuseum gleicht und den Ruhm der osmanischen Dynastie mit beeindruckenden Sammlungen, Waffen, heiligen Reliquien, einer Schatzkammer und einem sagenumworbenen Harem präsentiert und das Cagaloglu Hamam, das letzte große osmanische Bad in Istanbul, in barockem Stil gebaut. Mit seinem Marmorbecken, einer großen Kuppel und einem wunderschönen dreistöckigen Springbrunnen ist Cagaloglu eins der schönsten Bäder der Stadt und ein Besuch lohnt sich auf jeden Fall. Eine Reservierung ist erforderlich. Für 60 Euro pro Person gibt es anderthalb Stunden Verwöhnung: zuerst sitzt man in einem Dampfbad, dann folgt eine Schaum-Massage, die mit einem kleinen Leinensack durchgeführt wird, der in Seifenlauge getaucht wird. Anschließend wird der Seifenschaum mit warmem Wasser abgewaschen. Nach der Behandlung sitzt man noch mit einer Gesichtsmaske im Liegestuhl und trinkt ein Glas Tee.
„Ich sehe eine große Stadt im Kaffeesatz, du wirst oft dorthin zurückkehren”, meint Roza und zeigt mir die Formen im Inneren meiner Kaffeetasse, die großen Gebäuden ähneln. Es kann sein, dass diese Stadt Istanbul ist.
Tipps und Tricks
Wann? Ideal für einen Besuch sind natürlich Frühling und Herbst. Doch auch im Sommer, wenn man schwimmen kann, soll es schön sein.
Wie kommt man hin? Von Bukarest fliegen die Fluggesellschaften Tarom, Turkish Airlines und Pegasus Airlines täglich nach Istanbul. Wenn man Glück hat, findet man einen Hin- und Rückflug für knapp 50 Euro. Normalerweise sollte ein Ticket, wenn es früh gebucht ist, zwischen 100 und 150 Euro kosten. Vom Flughafen am besten einen Transfer-Service zum Hotel buchen, es spart Zeit und Nerven.
Wo wohnt man? Am besten, man sucht eine Unterkunft in der Gegend Sultanahmed-Fatih. Dann ist man nahe an den wichtigsten Sehenswürdigkeiten - dem großen Basar, dem Cagaloglu-Hamam, der Blauen Moschee, dem Topkapi-Palast, der Hagia Sophia. Über die Galata-Brücke kommt man dann zur berühmten Straße Istiklal Caddesi und kann bis zum Taksim-Platz gelangen.
Geheimtipp: Wer direkt beim Hotel anruft und ein Zimmer bucht, bekommt einen besseren Preis als auf der Webseite oder bei Reservierungs-Portalen.
Wie orientiert man sich? Roaming ist in der Türkei sehr teuer, wenn man sich viel auf Google Maps verlässt, sollte man am Flughafen eine türkische Telefonkarte kaufen. Falls man das nicht macht – in den meisten Cafes und Restaurants gibt es Wifi, man kann also dort die Adresse des nächsten Ziels eingeben und so von Ort zu Ort kommen. Oder man benutzt die klassischen Landkarten (was schwieriger ist, wenn man z. B. ein bestimmtes Restaurant sucht).
Geheimtipp: Wenn man sich verlaufen hat, kann man einem Taxi zuwinken. Taxis sind sehr günstig, wenn man zu zweit oder zu dritt ist, lohnt es sich sogar mehr als die öffentlichen Verkehrsmittel.