Fremd und geheimnisvoll. Tor zur Vergangenheit. Rot wie das Blut und kalt wie das Eis. So stellte sich die deutsche Band „Dschinghis Khan“ Moskau vor 33 Jahren vor. Um sich eine eigene Meinung über die Hauptstadt Russlands bilden zu können, braucht man heutzutage nur wenige Stunden Flug, gut trainierte Beine und eine prallgefüllte Brieftasche. Die Reise nach Moskau lohnt sich allemal. Trotz der bürokratischen Hürden beim Beschaffen des Visums und den Schwierigkeiten in der Verständigung mit der einheimischen Bevölkerung.
Der lange Weg bis zum Hotel
Die drei internationalen Flughäfen – Wnukowo, Scheremetjewo und Domodedowo – sind für über 50 Millionen Fluggäste im Jahr das Tor nach Russland. Die 30 bis 35 Kilometer Entfernung bis zum Stadtzentrum überwindet man am schnellsten mit dem so genannten Aeroexpress, der im Halbstundentakt fährt und etwa 40 Minuten bis zu einem der zahlreichen Moskauer Bahnhöfe braucht. Eine andere Möglichkeit, in die Stadt zu kommen, sind die Busse und Sammeltaxis. Jedoch könnte die Fahrt mit ihnen zu einem Dauerabenteuer werden, da die Einfahrtsstraßen nach Moskau meistens überfüllt sind.
Nachdem man die Stadt erreicht hat, empfiehlt sich der Weg in den Untergrund. Die Moskauer U-Bahn bietet mit ihren 185 Stationen und der Gesamtlänge von rund 305 Kilometern die beste Möglichkeit, von A nach B zu kommen. Die Höchstgeschwindigkeit der U-Bahnzüge beträgt 90 Stundenkilometer und in der Spitzenzeit fahren sie im 45-Sekunden-Takt. Doch kann der scheinbar kurze Weg bis zum unterirdischen Bahnsteig in der Rushhour und mit viel Gepäck unangenehm werden. Viele Rolltreppen der U-Bahnstationen werden modernisiert und sind zurzeit unzugänglich.
Bei der Auswahl eines Hotels in Moskau sollte man in erster Linie nicht auf die Lage desselbigen, sondern auf seine Preislage achten. Moskau ist sogar für viele westeuropäische Touristen teuer! Die meisten Hotels in der passenden Preiskategorie haben aber ihre Jugend längst hinter sich.
Fremdsprachen? Fehlanzeige!
Spätestens an der Rezeption einer geeigneten Herberge wird einem klar, dass Russen nicht nur eine ganz andere Schrift haben, sondern auch ihre eigene Sprache sprechen. Das wäre gar nicht so schlimm, vorausgesetzt, sie könnten auch eine Fremdsprache. Um einem Ausländer etwas zu erklären, greifen die Russen, wie eigentlich viele andere Völker, zu einer altbekannten Methode: langsam, laut und besonders deutlich zu sprechen, wie mit geistig Behinderten. Dabei sinkt die Sprechgeschwindichkeit bei jedem neuen Erklärungsversuch in umgekehrter Proportionalität zur Lautstärke.
Mit dem gleichen Ergebnis: Man versteht sich gegenseitig nicht! Die Ignoranz für die Fremdsprachen mag bei einer Fläche von 17 Millionen Quadratkilometern, die Russland auf der Weltkarte einnimmt, verständlich sein, doch ist sie für die Steigerung des Touristenverkehrs absolut kontraproduktiv. Erstaunlicherweise taucht diese Sprachunkenntnis nicht nur in den von den ausländischen Gästen besuchten Dreisternehotels auf, sondern auch in den Restaurants und den weltbekannten Museen.
Moskau ist groß!
Für die über 11,5 Millionen Bewohner der größten Hauptstadt Europas braucht man genügend Wohnraum. Moskau hat eine Fläche von fast 1100 Quadratkilometern, doch liegen glücklicherweise die meisten Sehenswürdigkeiten im Zentrum der Stadt. Der Kreml, das Bolschoi-Theater, der Rote Platz, die Christ-Erlöser-Kathedrale, das Puschkin-Museum, die Tretjakow-Galerie können zu Fuß erreicht werden, nachdem man die U-Bahn im Stadtzentrum verlassen hat. Zu den zahlreichen Klöstern, dem Ostankino-Fernsehturm oder dem Allrussischen Ausstellungszentrum kommt man wiederum am bequemsten mit der U-Bahn.
Doch sollte man zwischen „nah“ in Europa und „nah“ in Russland unterscheiden können. Für einen Spaziergang durch das Moskauer Zentrum braucht man bequemes Schuhwerk und viel Ausdauer. Spätestens nach dem Schnelldurchlauf der Tretjakow-Galerie, dem Fußmarsch bis zum Puschkin-Museum und seiner Besichtigung ist eine Pause angesagt. Die zahlreichen Gaststätten und Imbissbuden locken mit internationalen und heimischen Speisen. Die Preise für ein Mittagessen beginnen im Zentrum im erträglichen Bereich von 7-8 Euro und steigen ins Unermessliche in den Kultlokalen. Da die Versuchung, alles Neue auszuprobieren groß ist, wird man bestimmt übertreiben.
Das Sehenswerte
Auch wenn man Moskau noch nie besucht hat, sind einige seiner Sehenswürdigkeiten jedem Menschen wohlbekannt. Der Rote Platz mit der Basilius-Kathedrale und dem Lenin-Mausoleum gehört nicht erst seit der Landung von Mathias Rust dazu. Der 70 Meter breite und 330 Meter lange Platz wird im Nordosten vom Warenhaus GUM und im Südwesten von den bis zu 19 Meter hohen Mauern des Kremls begrenzt. Sowohl GUM als auch der Kreml sind sehenswerte Objekte, auch wenn ein Besuch des ersteren mit hohen finanziellen Verlusten, aufgrund der zu hohen Preise in den Markengeschäften, verbunden sein könnte.
Einige Russen bezeichnen den Roten Platz ironisch als den „prominentesten Friedhof des Landes“. An der Kremlmauer sind hochrangige Politiker und Militärs beigesetzt. Die Mumie des „Vaters der russischen Revolution“, Wladimir Lenin, kann immer noch im Mausoleum besichtigt werden.
Der Moskauer Kreml ist der älteste Teil der Hauptstadt.
Das heutige Aussehen bekam der Kreml erst nach dem Umbau der mittelalterlichen Burg nach dem Modell einer Zitadelle im 15. Jahrhundert. Doch trugen auch die weiteren Jahrhunderte zur Veränderung des Kremls bei. Der jüngste Bau im Kreml ist der Staatliche Kremlpalast aus dem Jahr 1961. Der Besuch dieser Befestigungsanlage ist ein Muss für jeden Touristen.
Für die drei Marien-Kathedralen, die Erzengel-Michael-Kathedrale, die sieben Paläste, darunter auch der Lustpalast und der Facettenpalast, die Rüstkammer, das Arsenal, die goldene Zarinnenkammer und nicht zuletzt den 81 Meter hohen Glockenturm Iwan der Große muss man zumindest einen ganzen Vor- oder Nachmittag einplanen. Dafür kann man eine der größten Glocken der Welt, die Zarenglocke, oder die Zarenkanone aus der nächsten Nähe betrachten. Die Rüstkammer und der Diamantenfonds sind einen gesonderten Besuch wert.
Das Bolschoi-Theater gehört seit der Wiedereröffnung im Oktober 2011 wieder zu den wichtigsten touristischen Attraktionen der Stadt. Die zahlreichen üppig dekorierten Foyers sowie der unterirdische Beethoven-Saal unterstreichen den Prunk und den Glanz des Hauptsaals. Goldene und rote Farben bestimmen das Bild der zweifelsohne wichtigsten Bühne des Landes. Die Pracht der Zarenloge, der riesige Kronleuchter, der mit 20.000 Kristallen geschmückt ist und 2,3 Tonnen wiegt und die besondere Akustik des Saals stellen jedoch nur eine zusätzliche Kulisse für die Vorstellungen dar. Für die Zuschauer stehen 1740 Plätze bereit und man behauptet sogar, alle Aufführungen im Bolschoi seien ständig ausverkauft. Das ist bei der herausragenden Qualität des russischen Balletts und der Oper kein Wunder.
Die nach ihren Stiftern, Sergei und Pawel Tretjakow, benannte Tretjakow-Galerie zieht die Besucher mit ihrer rund 140.000 Exponate umfassenden Sammlung an. Die Werke der Malerei, der Grafik sowie der Bildhauerkunst stammen aus dem 11. bis 20. Jahrhundert. Die Geschichte des Puschkin-Museums für bildende Kunst begann Anfang des 20. Jahrhunderts mit einer Sammlung von Gipsabgüssen der berühmten Skulpturen westlicher Kunst, einer Sammlung von altägyptischen Originalen und nur 12 italienischen Gemälden.
Heutzutage braucht man Stunden, um die zahlreichen Ausstellungsstücke im Schnelldurchlauf anzusehen. Nur die Namen der italienischen, spanischen, altniederländischen, flämischen, holländischen, deutschen, englischen und französischen Maler würden Seiten füllen: Gauguin, Picasso, van Gogh, Rembrandt, Rubens, van Dyck, Veronese etc.
Aber auch ein einfacher Spaziergang durch das Moskauer Zentrum oder eine Bootsfahrt am Moskau-Fluss lohnen sich. Das breitgefächerte Angebot an Architekturstilen, die über 600 Kirchen, die weltbekannten Stalin-Zuckerbäckerstilbauten, die bis zu 12 Fahrspuren breiten Boulevards, die zahlreichen Parkanlagen sowie die besonderen Winkel des ganz alten Moskau zeigen diese im rasenden Tempo pulsierende Metropole so, wie sie ist: fremd und geheimnisvoll, jedoch offen und gastfreundlich.