Alle Wege führen nach Rom, sagt man. Unser Weg führte uns am orthodoxen Karfreitag über die DN1 zum Henri-Coandă-Flughafen, um in nur ungefähr zwei Stunden Flugzeit in die Ewige Stadt zu gelangen. Doch fast wäre daraus nichts geworden, da wir den Verkehr an einem Karfreitagnachmittag aus der Stadt heraus völlig unterschätzt hatten. So saßen mein Ehemann, die Kinder und ich also im Taxi und beschworen wahlweise Himmel und Hölle, je nach momentaner Gefühlslage. Einzig der Taxifahrer blieb optimistisch – und sollte recht behalten. Nach ungefähr einer Stunde des Schwitzens und Nägelkauens lieferte er uns wohlbehalten und fast pünktlich am Flughafen ab. Übrigens, den „Kegel“ in Form unserer Hauskatze überließen wir dann doch besser der liebevollen Obhut unserer Nachbarn...
Auf der Fahrt vom Leonardo-da-Vinci-Flughafen in Fiumicino nach Rom dann ein erster Eindruck von der Umgebung: Beim Anblick all der Zypressen und Pinien war ich mir endlich sicher, wirklich in Italien zu sein. Als wir endlich nach Rom hineinfuhren, sprangen uns zwar in Kübeln stehende, aber nichtsdestotrotz beeindruckende, riesige Kakteen ins Auge. Mein jüngster Sohn, zur Zeit begeisterter Kakteensammler, machte große Augen und war sofort angetan von dieser Stadt. Unser Glück, denn so nahm er klaglos mehrstündige Stadterkundungen hin – dies bei 25 bis 30 Grad Tagestemperatur– damit beschäftigt, alle Kakteen Roms zu bestaunen.
Römische Plätze – brodelndes Leben
Quartier bezogen wir einen Katzensprung entfernt vom Campo de’ Fiori, einem der vielen schönen Marktplätze im Zentrum Roms, auf dem es neben Blumen unglaublich viele Gewürzmischungen, passend zur italienischen Cuisine, und Pastakreationen zu kaufen gibt. Der Name „Campo de’ Fiori“ (dt. Blumenfeld) klingt recht romantisch, doch auf diesem Platz spielten sich im Mittelalter grausame Szenen ab. Als Hinrichtungsstätte dienend wurden hier Verbrecher gehängt und als Hexen gebrandmarkte Frauen sowie Ketzer auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Der berühmteste „Ketzer“, der hier sein Leben lassen musste, war der Mönch und Philosoph Giordano Bruno aus Florenz, dessen Denkmal in der Mitte der „Piazza“ an seine Hinrichtung im Jahr 1600 erinnert.
Richtung Süden, einen Fußweg von circa fünf Minuten entfernt, liegt der Palazzo Spada, in dessen Innenhof sich die berühmte Galleria Borromini befindet. Am Ende dieses neun Meter langen Säulenkorridors, der dem Betrachter aufgrund einiger Tricks des Baumeisters Carlo Borromini allerdings viel länger erscheint, befindet sich eine Statue, die aufgrund der scheinbaren Länge des Korridors kolossal wirkt, in Wirklichkeit aber nur 80 Zentimeter groß ist. Auf Drängen unseres Jüngsten – er wollte überprüfen, ob die Statue tatsächlich kleiner ist als er selbst – besuchten wir den Palazzo, mussten aber mit Bedauern feststellen, dass der Korridor geschlossen war.
Vom „Blumenfeld“ wiederum fünf Fußwegminuten in Richtung Norden liegt die Piazza Navona, ein unglaublich schöner Platz mit drei Brunnen, der größte und bekannteste davon der Vier-Ströme-Brunnen, die Fontana dei Quattro Fiumi. Entstanden 1651 nach Entwürfen des Architekten und Bildhauers Gian Lorenzo Bernini, sollte er den Betrachtern die Macht und Bedeutung der päpstlichen Stadt vor Augen führen. Die vier Statuen stellen die Flussgötter der Erdteile Europa, Asien, Afrika und Amerika dar, vereint unter einem Obelisken, auf dem eine Taube aus Marmor thront, als Symbol des Heiligen Geistes und Wappentier des damaligen Papstes Innozenz X. Bernini.
Die vielen Bänke laden zur Rast ein und bieten die Möglichkeit, das Flair des Platzes, der ausschließlich dem Verkauf gemalter Kunstwerke gewidmet scheint, auf sich wirken zu lassen. Wer möchte, kann sich von einem der vielen Straßenkünstler porträtieren lassen. Am nördlichen Rand gibt es übrigens ein tolles Spielzeuggeschäft namens „Al Sogno“, das von unseren beiden Jungs natürlich nicht lange unentdeckt blieb. „Al Sogno“ – „zum Träumen“ läßt auf zwei Etagen junge Herzen höher schlagen, verzaubert sie mit seiner Auswahl an Marionetten und Masken, Rittern und römischen Gladiatoren, Kaisern und Legionären, bunten Papageien, die unter der Decke fliegen und fast lebensgroßen Eisbären, die am Fenster der ersten Etage Wache halten. Die Jungs hätten am liebsten alle Plüschbären adoptiert, die Unzahl an Legionären und Gladiatoren sowieso, ließen sich aber durch ein Eis aus der „Gelateria“ nebenan ablenken. Nicht eben billig – was ist in Rom schon billig – aber sehr lecker und häufig hausgemacht, stand das Eis bei unseren Kindern hoch im Kurs. In Rom befinden sich einige der besten Eisdielen Italiens, die bis zu 104 (!) verschiedene Sorten anbieten.
Wohl bei jedem Rombesucher auf der Liste steht die weltberühmte Piazza di Spagna, der spanische Platz. Die spanische Treppe, auf der dann auch wir saßen, war jetzt im Mai über und über mit Azaleen geschmückt und bot einen überwältigenden Anblick. Nach dem Erklimmen der Treppe tat sich uns ein traumhafter Blick über die Stadt auf.
Von Wasseruhren und Monsterköpfen...
Der nahe gelegene Park der Villa Borghese, einer der ältesten Stadtparks, bot sich geradezu an, um etwas auszuruhen. Lohnend war auf jeden Fall ein Blick auf die Wasseruhr aus dem 19. Jahrhundert. Es heißt, die Uhr sei in der Pariser Weltausstellung 1867 bewundert worden. Danach kam der „orologio del Pincio“ in den Garten der Villa Borghese. Die Kinder bestaunten vor allem die vielen Goldfische und Schmuckschildkröten, die den zum Rudern einladenden See bevölkerten. Schwer beeindruckt waren sie vom Eingangstor des Palazzo Zuccari, unweit der spanischen Treppe in der Via Gregoriana. Wer in den Palazzo hinein will, muss durch das riesige Maul eines steinernen Monsterkopfes treten. Auch die Fenster hat der Maler Zuccari, der sich 1562 in diesem Gebäude Wohnung und Atelier eingerichtet hat, mit Köpfen von Ungeheuern gestaltet.
… und sprechenden Statuen
Auf halben Weg zwischen unserer Basis am Campo de’ Fiori und der Piazza Navona haben wir nach einigem Suchen endlich eine der „Sprechenden Statuen“ entdeckt. Den Abt Luigi an der Kirche Sant’Andrea della Valle brachten die Römer mit ihren Spottversen im römischen Dialekt zum „Sprechen“. Dabei „schimpfte“ er vor allem auf die Kirche und die italienische Regierung. Als wir ihn besuchten, fehlte ihm der Kopf, der dem Armen wohl hin und wieder von Anhängern oder Erbosten geklaut wird. Er ist eine von insgesamt sieben sprechenden Statuen, wobei heute aber nur noch der Pasquino als die berühmteste der „Sprechenden Statuen“ genutzt wird.
Bemerkenswerterweise war es ein Kardinal, der im Jahr 1500 als Erster eine Statue zum „Sprechen“ brachte. Kardinal Oliviero Carafa nahm kleine Zettel und schrieb darauf lateinische Sprüche zu Ehren des heiligen Markus. Damit möglichst viele Leute seine Sprüche lesen konnten, hing er die Zettel an eine antike Statue auf der heutigen Piazza di Pasquino. Das brachte die Römer auf eine Idee: Warum sollten sie statt der kirchlichen Lobverse nicht die Kirche und die Regierung mit kurzen, lustigen, aber auch bösen Sätzen ein wenig ärgern? Und schon bald hingen an der Statue, „Pasquino“ getauft, Zettelchen mit frechen Sprüchen, den „Pasquinate“.
Stadt der Brunnen
Auf unseren Streifzügen waren uns die vielen Trinkwasserbrunnen, die „Fontanellen“, nützliche und preiswerte Durstlöscher. Das Wasser ist von sehr guter Qualität und kann bedenkenlos getrunken werden. Die Trinkwasserbrunnen werden heute noch aus den gleichen Quellen versorgt, wie in der Antike. Neben dem Nutzen waren wir auch sehr angetan von ihrer Individualität. Jeder ist anders gestaltet und lässt einen hin und wieder auch schmunzeln, vor allem, wenn das Wasser aus steinernen Elefantenrüsseln oder Weinflaschen fließt.
In Rom, der „Brunnen-Stadt“, gibt es 3250 Brunnen, davon sind 2000 Trinkbrunnen. Neben dem Vier-Ströme-Brunnen war der für uns wohl größte und beeindruckendste die Fontana di Trevi an der gleichnamigen Piazza. Die Statue über den Felsen des Brunnens stellt den Meeresgott Neptun dar. Er steht in einem Muschelwagen, der von zwei Pferden gezogen wird. Ein Pferd verhält sich ruhig, wie das Wasser bei Windstille. Das andere schlägt wild um sich, wie das Meer bei Sturm. Trotz der Schönheit dieses Brunnens muss sein Bau im 18. Jahrhundert den Einwohnern Roms bitter aufgestoßen sein, da für dessen Finanzierung vom damaligen Papst extra eine Weinsteuer erhoben wurde. Und das einem Volk, das dem Wein hingebungsvoll schon zur Mittagszeit huldigt.
Mit dem Rücken zum Trevi-Brunnen stehend werfen auch wir unsere Münzen mit der linken Hand über die rechte Schulter. Nach einer viel zu schnell vergangenen Woche wünschen wir uns ein baldiges Wiedersehen mit dieser traumhaften Stadt. Ganz sicher schauten wir auch nicht nach, wohin die Münzen geflogen sind...