Raus aus der Stadt und ab ins kühlere Grüne: Wer nach Temeswar/Timișoara reist und sich dort einige Tage aufhält, der möchte irgendwann mal auch die Region des Banats erkunden. Eine Fahrt in den Verwaltungskreis Karasch-Severin/Caraș-Severin lohnt sich auf jeden Fall, zumal es einzigartige Naturschönheiten zu bewundern gibt. Wer gern Wanderungen unternimmt, kommt gewiss auf seine Kosten. Während der Kreis Temesch/Timiș größtenteils die Banater Heide und Hecke umfasst, befindet sich der Kreis Karasch-Severin im Banater Bergland - und gerade das ist es, was letzteren so beliebt bei Touristen macht. Wer Natur liebt, der sollte sich unbedingt in den Nationalpark Nera-Klamm – Beușnița-Wasserfälle begeben, wo es in der warmen Jahreszeit allerlei zu entdecken gibt.
Der Nationalpark hat eine Gesamtfläche von 37.100 Hektar und Höhenlagen zwischen 200 und 1116 Metern. Er liegt im südlichen Anina-Gebirge und bietet eine typische Karstlandschaft. Um von Temeswar aus die Nera-Klamm zu erreichen, fährt man am besten Richtung serbischer Grenze und biegt in Morawitza/Moravița links ab, um nach Orawitza/Oravița zu fahren. Von Deutsch-Orawitz fährt man über die Kommunalstraße 571C in Richtung Rumänisch-Tschiklowa/Ciclova Română und von hier weiter bis Deutsch-Saska/Sasca Montană. Ungefähr 26 Kilometer sind es von Orawitza bis nach Deutsch-Saska, allerdings braucht die Strecke mit dem Pkw etwa 40 Minuten, weil der Weg schmal und sehr kurvenreich ist. Von Deutsch-Saska aus können Wanderer mehrere Wanderwege einschlagen. Einer davon führt zum Teufelssee/Lacul Dracului.
Smaragdfarben, glasklar, eiskalt – der Teufelssee
Mit dem Auto fährt man bis zur Logor-Lichtung/Poiana Logor, von hier soll der See zu Fuß in etwa anderthalb Stunden erreicht sein, heißt es auf dem Wegweiser. Zunächst ist der Forstweg angenehm und leicht zu bewältigen, der letzte Abschnitt dafür aber umso he-rausfordernder, denn man muss einen Hang erklimmen, um ans Ziel zu kommen. Wenn man unterwegs ein paarmal den See zum Teufel geschickt hat, dann erfährt man schließlich, woher er seinen Namen hat. Doch die ganze Mühe scheint sich gelohnt zu haben, wenn man den Teufelssee endlich vor Augen hat: smaragdfarben, glasklar, eiskalt.
Der Teufelssee ist der größte Karstsee in Rumänien, durch den Einsturz einer Höhle entstanden. Er ist 13 Meter tief und hat einen Durchmesser von 20 Metern. Um seinen Namen ranken sich mehrere Sagen. Eine davon besagt, dass einem Hirten, der sich mit seinen Ziegen am Ufer des Sees aufhielt, plötzlich der Teufel in Person erschien. Er forderte den Hirten auf, den Fisch, den er in der Hand hielt, so zu braten, dass er sich nicht krümmt. Dann forderte der Hirte den Teufel auf, einen Ziegenkopf so zu braten, dass dieser in den Flammen nicht grinst. Der Hirte spießte den Fisch der Länge nach auf und schaffte es, ihn gerade zu braten, ohne dass sich dieser krümmte. Luzifer hingegen verlor die Wette. Egal, wie sehr er sich bemühte: Das im Feuer gebratene Fleisch zog sich so zusammen, dass die Zähne am Ziegenkopf zu sehen waren. Vor Wut sei der Teufel dann in den See gesprungen. Lange ging das Gerücht um, dass der See keinen Grund habe, und wer sich in sein Wasser wage, für immer verschollen bliebe. Dass dies nicht stimmt, haben die vielen Schwimmer bewiesen, die es an den Teufelssee gezogen hat.
Zauberhafte Wasserwelten
Die Nera-Klamm bietet mehrere touristische Ziele. Der Ochiul-Beiului-See und der Beu{ni]a-Wasserfall gehören dazu. Mit dem Auto kann die Forellenzucht im Bei-Tal/Valea Bei erreicht werden, von hier geht es weiter, den Schildern folgend, zum Ochiul-Beiului-See, per pedes in zirka 45 Minuten. Fotos vom See benötigen keinerlei Photoshop-Retuschen, das Wasser ist tatsächlich türkisfarben und äußerst klar. Der 20 Meter breite und etwa vier Meter tiefe See friert nie ein, denn er wird ständig mit frischem Quellwasser versorgt. Etwa eine halbe Stunde vom See entfernt befindet sich auch der moosbewachsene Beușnița-Wasserfall.
Wer längere Zeit in der Nera-Klamm verbringen möchte, der kann in verschiedenen Pensionen in Deutsch-Saska oder in den umliegenden Dörfern eine Bleibe finden und von dort einfach den Wanderwegen folgen, die meist gut gekennzeichnet sind. Ein bisschen Vorsicht ist beim Wandern geboten: Im Nationalpark Nera-Klamm – Beușnița-Wasserfälle gibt es in der warmen Jahreszeit viele Vipern, denen man am besten aus dem Weg geht. Außerdem raten Umweltschutzvereine wie Wild Caraș-Severin, Bergschuhe und lange Hosen zu tragen und die Reptilien mit Respekt zu umgehen. Vipern sind eine per Gesetz 13/1993 geschützte Tierart, sodass ihre Tötung oder das Fangen strafbar sind. Derselbe Verein informiert, dass das Antiviperin-Serum auch nach sechs bis acht Stunden noch verabreicht werden kann. Sollte man in dieser Gegend von einer Schlange gebissen werden, ist sofort die Notrufnummer 112 zu wählen.
Bei der Rückkehr aus der Nera-Klamm bietet sich ein Abstecher nach Eftimie Murgu an. Von Deutsch-Orawitza geht es weiter in Richtung Anina, durch das Minisch-Tal. Wer es schon bis hierher geschafft hat, der möge sich auch den Bigăr-Wasserfall, auch als Coronini-Wasserfall bekannt, ansehen, der ebenfalls zum Nationalpark gehört. Der Wasserfall befindet sich ungefähr auf der halben Strecke zwischen Anina und Bosowitsch/Bozovici. Das Wasser fließt in den Minisch-Fluss über eine etwa acht Meter hohe Mooswand und bietet Fotografen ein beliebtes Motiv. Der Sage zufolge soll die Liebe zweier Menschen, die von dem kalkhaltigen Wasser des Bigăr-Wasserfalls trinken, ewig währen.
Einzigartiger Wassermühlenkomplex
Weiter geht es Richtung Eftimie Murgu, der Ortschaft, deren Hausfassaden vor Kurzem im Rahmen des Projekts „Color the Village“ bunt gefärbt wurden. Die Ortschaft, die früher Rudăria (von „ruda“, was soviel wie Eisenerz bedeutet) hieß und seit 1970 den Namen des Banater Freiheitskämpfers von 1848, Eftimie Murgu, trägt, beherbergt einen in Europa einzigartigen Wassermühlenkomplex. Bereits im 18. Jahrhundert hatte es hier solche Wassermühlen gegeben, ihre Zahl stieg im Laufe der Jahre bis auf über 50. Zerstört durch Überschwemmungen, sind heute nur noch 22 Wassermühlen erhalten, die sich über drei Kilometer entlang des Bachs Rudărica erstrecken. Anfang der Jahre 2000 wurden diese Mühlen mit europäischen Mitteln saniert, ihre hydraulischen Anlagen erneuert und die alten, verrotteten Holzteile durch Eisenteile ersetzt. 2014 richtete erneut eine Überschwemmung erhebliche Schäden an, doch der rumänische Staat stellte die für die Sanierung der Mühlen notwendigen Mittel zur Verfügung.
Die 22 Wassermühlen von Eftimie Murgu tragen die Namen ihrer Gründer oder des Ortes, an dem sie stehen: „Îndărătnica de la perete“, „Mora din Țarină“, „Moara cu tunel“, usw. Wer den Wassermühlenkomplex in Eftimie Murgu besucht, der unternimmt eine Art Reise in die Vergangenheit: Die Wassermühlen mahlen auch heute noch Mais, den neuesten Technologien zum Trotz. Kein Wunder, wenn das Maismehl hier anders, besonders gut schmeckt. Und erst das Maisbrot, das daraus gebacken wird!