Früher waren die Berghütten in den Karpaten zahlreich. Mit der Gründung des Siebenbürgischen Karpatenvereins (SKV) im 19. Jahrhundert begann die Erschließung der Bergwelt durch den Bau von Berghütten und die Markierung von Wanderwegen. Mit der Auflösung der Vereine in der kommunistischen Zeit wurde die Zukunft dieser Infrastruktur in Frage gestellt. Seit drei Jahren aber gibt es eine neue Berghütte im Zibinsgebirge, die Wanderern eine Ruheoase anbietet: Auf 1000 Metern Höhe liegt die „Căsuța MGS“. Von hier aus bietet sich eine spektakuläre Aussicht auf die Prejbe und das gesamte Lauterbach-Gebirge. Ein Lichtblick für Wanderer, die das Ursprüngliche lieben.
Auch für den ungeübten Wandermuffel ist der Aufstieg zur MGS-Hütte eine angenehme Herausforderung. Der Aufstieg zur Hütte ist von mehreren Richtungen aus möglich, von Răsinari, Zoodt/Sadu, Michelsberg/Cisnădioara oder Heltau/Cisnădie. Der unkomplizierteste Wanderweg kann aber von Kalibaschen/Râu Sadului aus eingeschlagen werden. Etwa eine Stunde von Hermannstadt/Sibiu entfernt, biegt man dort hinter der „Casa cu povești“ nach rechts in ein kleines Seitental ein. Noch im Ort trennt sich der mit einem gelben Punkt markierte Wanderweg von der Forststraße, die am Bach entlang führt, und zweigt rechts ab. Von hier aus dauert der Aufstieg rund anderthalb Stunden. Die sanfte Wanderung zur Hütte bietet in den Wintermonaten eindrucksvolle Ausblicke auf die Zibins- und Lauterbach-Gebirgszüge. Die Hütte kann als Ausgangspunkt für Wanderungen zur Hohen Rinne/Păltiniș und in das gesamte Zibinsgebirge dienen.
Mit viel Liebe zum Detail
Beim Betreten der Hütte empfängt den verfrorenen Wanderer Wärme, ins Auge fallen die Gegenstände aus der Bergwelt, alte Wanderrucksäcke, Skibretter und Wanderausrüstung, mit denen der Raum dekoriert ist. Auf dem alten Kamin stehen riesige Töpfe mit Suppen und Eintöpfen. Auch Kaffee, Tee, Schnaps und Vișinata werden angeboten. Nach einer kräftigen „Ciorbă de afumătură“ mit reichlich Estragon verfliegt jede Erschöpfung.
Herzlich empfängt Iulian Pănescu die Wanderer. Man sieht ihm die Leidenschaft für sein Unterfangen an, das vor dreieinhalb Jahren seinen Anfang nahm. Damals begann er, die Hütte unterhalb des Derjani-Gipfels zu renovieren. Als Bergführer führte der Kronstädter lange Jahre Touristengruppen durch die rumänischen Karpaten.
„Die Idee, die Hütte auszubauen, hatte ich schon länger. Das hier ist die zweite Hütte, die ich wieder in Stand setze“, sagt Pănescu. Es sei auch die Zerstörung der Salvamont-Hütte im Jahr 1997 gewesen, die ihn zum Wiederaufbau der Berghütten motiviert habe. Die MGS-Hütte, eigentlich eine ehemalige Schäferhütte, hat er von einer Schäferfamilie übernommen, die ihm auf seinen Bergführertouren half, seine Wandergruppen zu verköstigen. Er habe gemerkt, dass es aufseiten der Touristen ein Bedürfnis gegeben habe, sich irgendwo auszuruhen, vielleicht auch zu übernachten. Auf dem gesamten Bergkamm des Zibinsgebirges gebe es keine Möglichkeiten mehr zu rasten – ausgenommen die Hohe Rinne/Paltiniș, die gleichzeitig ein Ferienort sei: „Dass es in Rumänien kaum noch Berghütten gibt, ist ein großes Problem. Auch im Lauterbach-Gebirge gibt es derzeit keine mehr.“
„Weil es sich um eine Hütte von Berg-führern handelt“
Die Renovierung der Hütte gestaltete sich zu Anfang schwierig: Mit einem privaten Hubschrauber schaffte Pănescu Stück für Stück Baumaterial nach oben. Der jetzige Bauzustand habe sich nur mit Hilfe von rund 2000 Freiwilligen und mit der Unterstützung seiner Freunde realisieren lassen. Ihren Namen, „Căsuța MGS“ erhielt die Hütte in Anlehnung an den Verein „Montan Group Sibiu“ oder der Marke „Mountain Guide Sibiu“ und eben „weil es sich um eine Hütte von Bergführern handelt“.
Noch sind die Arbeiten nicht abgeschlossen. Pănescu möchte, dass die Hütte irgendwann den Eintrag als Berghütte erhält. Momentan sei sie offiziell lediglich eine Raststätte und nur am Wochenende geöffnet. Übernachten kann man trotzdem an Wochenenden, an denen Betrieb ist. Auf zwei Ebenen gibt es in der Hütte Pritschen, die insgesamt 40 Schlafplätze bieten.
„Ich habe die Hütte ausgebaut, weil ich selbst passionierter Bergsteiger bin“, so Pănescu. Er habe einen Wohlfühlort in den Bergen schaffen wollen. So ist die Hütte nicht nur Anlaufpunkt für Wochenendwanderer; im Rahmen des Bildungsprogramms „Schule Anders“ verbringen Kinder- und Jugendgruppen Zeit auf der Hütte; Firmen buchen Teambuildings.
Gegessen und getrunken wird in der Hütte derzeit auf Spendenbasis. Wer einen Aufstieg plant, sollte im Vorfeld bei den Betreibern anrufen oder einen Blick auf die Facebook-Seite von „Căsuța MGS“ werfen: Hier werden regelmäßig die Öffnungszeiten und das Menü des jeweiligen Wochenendes veröffentlicht.
Sehenswertes in der Nähe
Wer einen Tages- oder Wochenendausflug zur Hütte plant, kann die Wanderung mit weiteren Zielen in der Region verbinden: Bei einem Besuch im Dörfchen Zoodt/Sadu, in der „Mărginime“, einem „Randgebiet“ Hermannstadts gelegen, kann man auf den Spuren der rumänischen Kulturgeschichte wandeln: Der Bischof der griechisch-katholischen Kirche, Ioan Inocențiu Micu-Klein, und sein Neffe Samuil Micu-Klein, wurden hier geboren. Letzterer war Vertreter der „Siebenbürgischen Schule“/„Școala Ardeleană“, die sich im 18. Jahrhundert für die Rechte der siebenbürgischen Rumänen einsetzte. Auch das Museum „Sigmund Dachler“/„Muzeul Energetic Sadu I“ des Elektrizitätswerks, die Forellenzucht in Tatu Sadu und der Negovanu-See sind einen Besuch wert.