„Aufgeschoben ist nicht aufgehoben“ – Mit dem Stammkapital verbundene Fallstricke

Seit November 2022 besteht bei Gründung einer rumänischen GmbH (S.R.L.) keine Pflicht mehr, das Stammkapital vollumfänglich einzuzahlen. Das Gesetz sieht allerdings vor, dass dies spätestens ein Jahr nach Gründung erfolgen muss. Dies vereinfacht das Gründungsverfahren, weil sich nun die oft schwierige Diskussion mit Banken zur Eröffnung eines Kontos erübrigt. Dennoch bestehen weiterhin Fallstricke im Zusammenhang mit der Eröffnung eines Geschäftskontos und der Einzahlung des Stammkapitals, die in der Praxis nach der Gründung Probleme auslösen können. 

Was galt bis November 2022?

Bis November 2022 mussten Gesellschafter einer rumänischen Gesellschaft bei einer rumänischen Bank ein Sonderkonto, das sog. Stammkapitalkonto (cont de capital social), eröffnen und darauf das Stammkapital einzahlen. Dieses Sonderkonto hatte keinen weiteren Zweck als das Stammkapital (zinslos) zu führen und konnte nicht als Geschäftskonto verwendet werden.

Manche Banken waren zuvorkommend und stellten bei der Eröffnung solcher formellen Konten kaum Anforderungen. Andere dagegen nahmen ihre Verpflichtung, das KYC-Verfahren (know your customer) durchzuführen, sehr ernst. 

Dies verlängerte das Gründungsverfahren – unnötig, wie zu Recht behauptet wurde, zumal nach der Gründung die Bank ohnehin neu aufgesucht werden musste, um ein endgültiges Geschäftskonto zu eröffnen. 

Was hat sich geändert?

Nach dem geänderten Art. 9^1 des Gesetzes 31/1990 müssen sich Gesellschafter in Rumänien mit dem Thema Stammkapital erst nach der Gründung beschäftigen. Erfahrungsgemäß kann die Eröffnung eines Geschäftskontos abhängig von der Komplexität der Beteiligungsgruppe zwischen zwei Wochen und einigen Monaten in Anspruch nehmen. Es sind unzählige Formblätter auszufüllen und vor einem Bankvertreter (alternativ Notar im Ausland, ggf. mit Apostille) zu unterzeichnen.

Besteht keine Einigkeit hinsichtlich der UBO (wirtschaftlich Berechtigter bzw. wirtschaftlicher Eigentümer, rum. beneficiar real) einer international vertretenen Gruppe oder werden die Nachweise hierüber nicht in der verlangten Form vorgelegt, kommt es schnell zu langwierigen Diskussionen mit Bankmitarbeitern.

Der UBO-Begriff (aus dem englischen „ultimate beneficial owner“) wurde in der EU durch die 4. EU-Geldwäsche-Richtlinie eingeführt. UBO sind kurz gefasst diejenigen natürlichen Personen, die Gesellschaften direkt oder indirekt kontrollieren, selbst wenn sie darin keine offizielle Funktion als Gesellschafter oder Geschäftsführer innehalten. Sie erscheinen in bestimmten Registern (so das deutsche Transparenzregister oder das österreichische Register für wirtschaftliche Eigentümer), sodass Finanzinstitute, Behörden u. a. die Vermögensverhältnisse schnell prüfen und auf verdächtige Tatbestände reagieren können. Banken verlangen bei mehrstufigen Beteiligungsstrukturen jedoch zusätzliche Erklärungen unabhängiger Dritten (Rechtsanwälte, Notare, Wirtschaftsprüfer), welche die UBOs aufgrund offizieller Unterlagen (HR-Auszüge, Gesellschafterlisten) identifizieren und somit bestätigen1.

Die kurzfristige Kontaktaufnahme mit der Bank zur Eröffnung des Geschäftskontos sollte unter diesen Umständen nicht unnötig verzögert werden, da die Fristen bei Komplikationen kurz und die Sanktionen scharf ausfallen.

Welche Fristen gelten?

Das Gesetz sieht zwei Einzahlungsfristen nach Gründung vor:

(i) drei Monate für 30 Prozent des Stammkapitals; 
(ii) weitere neun Monate für die restlichen 70 Prozent. 

Für Sacheinlagen ist die Frist länger; diese müssen spätestens zwei Jahre nach Gründung vollständig geleistet werden.

In der Praxis wird oft vergessen, dass eine zusätzliche wichtige Bedingung gilt: vor der Stammkapitaleinzahlung dürfen keine Tätigkeiten durchgeführt werden

Hintergrund dieser Bedingung ist, dass die Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung lediglich bis zur Höhe des Stammkapitals haften. Ist dieses nicht eingezahlt und liegt kein weiteres Vermögen vor, können Gläubiger benachteiligt werden. 

Welche Sanktionen gibt es?

Geschäftsführer haften für die rechtzeitige Einzahlung des Stammkapitals. Beginnen diese die Tätigkeit vor dessen vollständigen Einzahlung, so droht ihnen grundsätzlich nicht nur eine Geldbuße, sondern auch eine Freiheitsstrafe.

Fazit

Das Stammkapital muss nicht mehr bei Gesellschaftsgründung geleistet werden. Mit der Einzahlung sollten sich Gesellschafter allerdings nicht viel Zeit lassen, zumal dies die Eröffnung eines Geschäftskontos voraussetzt. Wegen der langwierigen KYC-Verfahren der Banken nimmt dies bei komplexeren Beteiligungsstrukturen wiederum leicht mehrere Monate in Anspruch, womit der Fristablauf droht. 

Für Geschäftsführer stellt die Aufnahme der Tätigkeit vor Erledigung dieser administrativen Schritte einen Straftatbestand dar, was ernst zu nehmen ist.


1 Über die praktischen Schwierigkeiten im Bankverkehr siehe https://stalfort.ro/wp-content/uploads/2023/11/20231102_ADZ_RO_Bankverkehr_schwieriger-2.pdf 


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