Am 1. November 2019 wurde im Amtsblatt Rumäniens ein Regierungsbeschluss (Beschluss Nr. 773 zur Genehmigung der Durchführungsbestimmungen zur Überwachung rückständiger Schulden zwischen Rechtspersonen) veröffentlicht, der u. a. die Durchführung von Aufrechnungen (compensări) regelt. Der Beschluss schafft für Privatunternehmen die erhebliche Bürokratie, die derzeit für eine Aufrechnung erforderlich ist, großenteils ab. Er tritt zum 1. Januar 2020 in Kraft und beseitigt damit die alte Regelung (Regierungsbeschluss Nr. 685/1999).
Begriffsbestimmungen
Unter Aufrechnung im Sinne des Beschlusses versteht man das Erlöschen gegenseitiger Verbindlichkeiten juristischer Personen bis zur Höhe des geringsten geschuldeten Betrages, ohne dass zwischen den Beteiligten im Hinblick auf den Aufrechnungsbetrag ein tatsächlicher Geldfluss stattfindet. Aufrechnungen werden wie folgt eingestuft:
- Bilateral – d. h. zwischen zwei juristischen Personen;
- Multilateral – d. h. zwischen drei oder mehreren juristischen Personen;
- Prädefiniert – aufgrund von Aufrechnungskreisläufen, die zuvor von den Beteiligten vereinbart und beantragt wurden.
Derzeitiges Verfahren
Aufrechnungen über Forderungen von mehr als 10.000 Lei erfolgen derzeit nur unter behördlicher Mitwirkung. In der Struktur des Wirtschaftsministeriums gibt es eine Sonderabteilung (Structura de Compensare), die landesweit für die einheitliche Verwaltung des Aufrechnungssystems und für die vertrauliche und sichere Verwahrung und Nutzung der Informationen, die juristische Personen für Aufrechnungszwecke mitteilen, zuständig ist.
Jede solche Aufrechnung erfordert zudem die persönliche Anwesenheit beim Sitz der Behörde und die Vorlage etlicher Unterlagen in Papierform in einer gemeinsamen Sitzung mit dem Behördenvertreter.
Die Behörde stellt für jede Person, die an einer Aufrechnung beteiligt ist, eine Aufrechnungsanweisung (ordin de compensare) aus – ein bargeldloses Zahlungsinstrument. Das Muster dieser Aufrechnungsanweisung ist gesetzlich vorgegeben.
Änderungen
Die Aufrechnung durch die obige Behörde ist nach wie vor für Unternehmen mit staatlicher Beteiligung, deren Schulden mehr als 30 Tage rückständig sind, verpflichtend. Privatunternehmen können das System verwenden. Damit ist das Verfahren nach dem neuen Wortlaut für diese nicht mehr verpflichtend.
Abweichend von der bisherigen Regelung fällt auch die Mindestgrenze für die aufzurechnenden Schulden weg.
Ferner wird ein Online-Verfahren eingeführt, womit die persönliche Anwesenheit und die Sitzung mit der Aufrechnungsbehörde entbehrlich wird.
Die Behörde hat innerhalb von 60 Tagen nach Inkrafttreten der neuen Regelungen eine Webseite einzurichten, über die interessierte Unternehmen nach Anmeldung ihre ausstehenden Rechnungen übermitteln können. Das Aufrechnungssystem wird damit voraussichtlich ab März 2020 funktionsbereit sein.
Zur Einrichtung des Nutzerkontos haben juristische Personen mit Sitz in Rumänien einen Antrag auszufüllen und durch eine elektronische Unterschrift zu bestätigen. Dem Formular sind elektronisch folgende Unterlagen, bestätigt durch eine elektronische Signatur, beizufügen:
- Kopie der Bescheinigung über die Eintragung im Handelsregister;
- Vollmacht der vertretungsbefugten Person mit elektronischer Signatur;
- Kopie des Personalausweises dieser Person.
Nach erfolgter Anmeldung erhält die Rechtsperson einen Benutzernamen und ein Passwort, aufgrund derer sie in der Lage ist, das System von jedem beliebigen Ort aus zu verwenden.
Aufgrund der von den Interessenten elektronisch übermittelten Informationen identifiziert die Behörde einen oder mehrere Aufrechnungskreisläufe, die den Beteiligten über das Nutzerkonto mitgeteilt werden. Die Vorlagen der Aufrechnungsanweisungen werden dabei elektronisch generiert. Die Beteiligten optieren anschließend für die Inanspruchnahme der Aufrechnungskreisläufe durch Ausfüllung und elektronische Unterzeichnung des Formulars. Nach Bestätigung durch die Behörde und Übermittlung der bestätigten Aufrechnungsanweisungen an die Beteiligten gilt die Aufrechnung als durchgeführt, und die gegenseitigen Forderungen erlöschen.
Jede juristische Person ist für die übermittelten Informationen und Vollmachten verantwortlich.
Fazit
Betrachtet man andere Rechtsordnungen – z. B. die deutsche, wo eine Aufrechnung lediglich einer simplen einseitigen Erklärung einer Partei an die andere bedarf, ist das derzeit noch herrschende System Rumäniens geradezu vorsintflutlich. Nach dem Wortlaut beseitigt die neue Regelung das bisherige bürokratische Verfahren für Privatunternehmen. Zudem führt es ein modernes, elektronisches Verfahren ein, das nach unserer Erwartung in der kommenden Zeit aus steuerlichen und buchhalterischen Gründen verwendet werden wird. Aufrechnungen werden damit viel leichter erfolgen, was sie für Privatunternehmen künftig attraktiver machen dürfte.
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