Wie mehrfach berichtet, hat die Regierung im November 2017 mit mehreren Eilmaßnahmen alle rumänischen Arbeitgeber vor Handlungsbedarf bis spätestens Januar 2018 gestellt. Hierzu und zu neuen Entwicklungen folgt ein Überblick.
Bisherige Maßnahmen
Zunächst wurde durch Dringlichkeitsverordnung („DVO“) (1) der Übergang nahezu aller Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung in die Schuld des Arbeitnehmers mit Wirkung zum 1. Januar 2018 geregelt. Ferner wurde die Lohnsteuer auf 10 Prozent gesenkt. Bei gleichbleibendem Bruttogehalt senkt dies insgesamt das Nettoeinkommen jedes Arbeitnehmers dennoch erheblich.
Um 2018 ein unverändertes Nettogehalt zu sichern, müssen sämtliche Bruttogehälter ab Januar erhöht werden. Eine Pflicht hierfür besteht für private Arbeitgeber allerdings nicht.
Eine weitere DVO (2) regelte ferner die Verpflichtung aller Arbeitgeber, zwischen dem 20.11. und dem 20.12.2017 kollektive Verhandlungen zur Implementierung der ersten DVO einzuleiten – unabhängig von der Stärke der Belegschaft des Arbeitgebers.
Schließlich wurde am 29. November durch Regierungsbeschluss (3) das gesetzliche Mindestgehalt ab dem 1. Januar 2018 von 1450 Lei auf 1900 Lei und damit um mehr als 30 Prozent angehoben.
Anmerkungen
In den meisten Fällen sind Gehaltserhöhungen zur Beibehaltung des Nettolohnniveaus ohne erhebliche finanzielle Belastung für den Arbeitgeber möglich. Allerdings:
1. erfolgten die Maßnahmen durch DVO und damit außerhalb eines üblichen Gesetzgebungsverfahrens.
Für jede der beiden DVOs
• ist die Dringlichkeit und damit die Rechtmäßigkeit fraglich;
• muss noch ein Gesetz ergehen, das die jeweilige DVO ändern, aufheben oder bewilligen kann.
Hieraus ergibt sich eine erhebliche Rechtsunsicherheit für den Arbeitgeber.
2. ist die besagte Gehaltserhöhung in einigen Fällen gerade nicht kostenneutral. Dies betrifft Mitarbeiter
• aus dem Bereich IT;
• aus der Forschung und Entwicklung;
• mit Behinderung.
Diese sind zum Großteil einkommenssteuerbefreit, sodass die Lohnsteuersenkung keine positive Auswirkung auf die Gesamtkosten des Arbeitgebers bei einer Gehaltserhöhung hat.
3. Besonders betroffen sind ferner Arbeitgeber, die Tagelöhner (zilieri) einsetzen, insbesondere Land- und Forstwirtschaftsbetriebe, die Saisonarbeiten durchführen. Auch Tagelöhnern muss der Arbeitgeber das neue Mindestgehalt bezahlen; für sie muss er jedoch keine Sozialversicherungsbeiträge einbehalten und abführen. Die Verlagerung der Sozialabgaben bewirkt für den Arbeitgeber damit keine Senkung der Ausgaben.
4. Durch die gesetzliche Erhöhung des Mindestgehalts kommen diejenigen Arbeitnehmer, die 1450 Lei oder geringfügig mehr verdienten, ab 2018 zwar automatisch in den Genuss einer Gehaltserhöhung, jedoch wird sich diese Erhöhung kaum oder überhaupt nicht auf deren Nettogehalt durchschlagen. Ihnen wird netto höchstens ein geringer Mehrbetrag „übrig bleiben“; denjenigen, die bislang nur geringfügig weniger als 1900 Lei verdienten, wird die gesetzliche Erhöhung nicht einmal dafür ausreichen, das Nettogehalt ab 2018 beizubehalten.
Praxis
Die meisten Arbeitgeber haben die Gehälter zum Ausgleich der Belastung ihrer Arbeitnehmer freiwillig erhöht. Dies geschah in unterschiedlicher Art und Weise; in der Regel wurde die Erhöhung von dem Bestand der aktuellen Rechtslage abhängig gemacht. Kompliziert sind:
• der Umgang mit Gehaltskomponenten, die vom Grundgehalt abhängen (z. B. Zuschläge);
• der Abschluss neuer Arbeitsverträge. Grundsätzlich muss auch hierin die Rechtsunsicherheit geregelt werden, da anderenfalls (bei Änderungen im Sozialversicherungsbereich) eine ungleiche Vergütung der Mitarbeiter droht.
Neueste Entwicklungen
Für beide DVOs sind, wie gesagt, Gesetze zur Genehmigung erforderlich.
Zu beiden DVOs hat der Senat bereits im Dezember Gesetzesentwürfe beschlossen – hinsichtlich der kollektiven Verhandlungspflicht sogar mit einer Befreiung für Betriebe unter 21 Arbeitnehmern (leider zu spät, da die Pflicht nur bis zum 20.12. bestand).
Über die Endfassung beider Gesetze muss nun die Abgeordnetenkammer bestimmen.
Ferner wurde ein neuer Regierungsbeschluss (4) zum Arbeitnehmerregister (Registrul General de Evidenţă a Salariaţilor) veröffentlicht. U. a. sind hiernach:
• künftig alle möglichen Gehaltsbestandteile, d. h. auch Sonderzahlungen, Solidaritätszuschläge etc. im Register einzutragen;
• Eintragungen von Gehaltserhöhungen im Zeitraum Januar – März 2018 bis zum 31. März 2018 einzutragen.
Bemerkenswert ist, dass die Regierung laut Presseberichten erwägt, eine staatliche Beihilfe für die Unterstützung der Gehaltserhöhungen in den Bereichen IT und F&E sowie für behinderte und Saisonarbeiter einzuführen, um die o. g. Belastungen zu senken. Offizielle Informationen liegen noch nicht vor.
Fazit
Die Regelungen vom Jahresende 2017 sorgen nach wie vor für Rechtsunsicherheit, die in den kommenden Monaten hoffentlich beendet wird. Dennoch könnten sie noch für längere Zeit Kopfzerbrechen bereiten.
Da 2018 noch weitere wichtige Gesetze zur Debatte stehen, bleibt das Arbeitsrecht in diesem Jahr spannend.
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1 Dringlichkeitsverordnung (Ordonanţă de Urgenţă) Nr. 79/10.11.2017
2 Dringlichkeitsverordnung Nr. 82/16.11.2017
3 Regierungsbeschluss (Hotărâre de Guvern) Nr. 846/29.11.2017
4 Regierungsbeschluss Nr. 905/14.12.2017
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