Die Nachfrage nach kostengünstigen und effizienten Wohnungen steigt in Rumänien, haben die online-Immobilienplattformen Imopedia und Apulum 94 festgestellt. Wobei „kostengünstig und effizient“ sich auf die Nutzungskosten genauso bezieht wie auf die Bau- und Verkaufskosten. Eines sei bereits klar: diejenigen unter den Immobilienentwicklern, die im Geschäft bleiben wollen, müssen zunehmend so bauen, wie es die Käufer bereit sind, auch zu bezahlen, möglichst „grün“.
Bisher gäbe es noch wenig „konkretisierte Projekte“, schreibt Apulum 94, aber viele der Investoren hätten sich mit dieser Idee allmählich angefreundet. Zu den Ansprüchen des Marktes geselle sich zusätzlich die europäische Perspektive der Direktiven aus Brüssel, die von den Immobilienentwicklern als „Grüne Agenda 2020“ bezeichnet werden. Die beiden Veröffentlichungen rechnen zunehmend mit „einer Überschwemmung des Marktes“ mit „grünen Gebäuden“, nach denen die Nachfrage ohnehin stetig steigt.
Das Rumänien der Zeitperspektive 2020 muss „grün“ sein, schätzen die beiden Publikationen, und nicht nur weil es die EU-Agenda 2020 so will. Deshalb seien neben den grundlegenden Veränderungen in Schlüsselbereichen der Umweltverschmutzung durch massiven Kohlendioxidausstoß – Bergbau, Landwirtschaft, primärverarbeitende Industrie, Petrochemie, Verkehr, Lebensmittelerzeugung – auch im Wohungsbau ein dringendes Umdenken und Handeln nötig. Denn man schätzt, dass 38 Prozent des Kohlendioxidausstoßes in Rumänien von den ineffizient gebauten und genutzten Wohnbauten kommt. Hier gibt es also großen und dringenden Handlungsbedarf.
Es hapert an der Erziehung
Vorläufig äußert sich dieser allerdings nur auf der Ebene von Pioniertaten, etwa Modell-Häusern, Wärmedämmprojekten der besonderen Art, umweltschutzorientierten Technologien. Ziel muss „das sich selbst erhaltende Haus“ sein, im rumänischen Fachjargon „casa autosustenabilă“.
Eine Wohnung, die mit minimalen energetischen Zusätzen aus nichtregenerierbaren oder regenerierbaren Quellen auskommt und deren Effizienz vor allem im sparsamen Umgang mit dem Verbrauch sowie dessen Wieder- und Weiterverwertung besteht. Unterhaltskosten Richtung Null tendierend. Nicht unwichtig dabei: die Baukosten solcher Häuser sollen sich jenen Werten nähern, die vom Staat durch sein „Prima Casă“-Programm zugeschossen werden. Sie sollen also erschwinglich und für jedermann finanzierbar sein.
„Eine Haupthürde ist auf diesem Weg die Erziehung“, meint Andrew Prelea, CEO von Ozone Homes. „Selbst die Bauleute, Architekten und Immobilienentwickler bereiten sich noch nicht ernsthaft auf diese Entwicklungsherausforderung vor. Sie meinen, 2020 sei ja noch fern und all die Änderungen, die von der Agenda 2020 gefordert werden, kosten zu viel Zeit und Geld. Außerdem müsse erst mal der „Endverbraucher“, die Kunden und Nutzer „grüner“ Immobilien, umerzogen werden, um die Nachfrage zu steigern.“
Erste Hürde genommen: Pioniertaten
Aber Pioniertaten gäbe es bereits, kontern die beiden Immobilienveröffentlichungen, und das sei der erste, schwerste Schritt gewesen. Da die Technologien getestet sind und sich (auch in Rumänien) als umsetzbar erwiesen, wird wohl die nächste Welle von Immobilienentwicklern und Bauleuten es leichter haben. Zudem mache sich ein Mentalitätswandel bemerkbar.
Beispiel Solarzellen: Vor ein paar Jahren gab es die nicht einmal als Konzept auf dem rumänischen Markt. Heute werden kaum noch „selbsterhaltende“ Wohn-, Büro- oder Industriebauten ohne Solarzellen errichtet.
Zwischenzeitlich sind nur wenige Jahre vergangen.
Optimistisch hinsichtlich solcher rapider Entwicklungen zeigt sich auch Steven Borncamp, Präsident des Romanian Green Building Council: „Die leistungsfähigsten Gebäude von heute sind nichts anderes als die Fundamente, auf denen die Top-Baufirmen ihre grünen Zukunftsbauten errichten, die nicht nur ästhetisch sein werden, sondern auch von extremer energetischer Effizienz und von höchster Verantwortlichkeit der Umwelt gegenüber. Ich sage mal voraus, dass der schnelle Rhythmus der Steigerung der Leistungen im Baugewerbe und in der Bauindustrie an vielen lokalen Ansatzpunkten plötzlich zu einer Überraschung für Rumänien führen wird – nicht zuletzt auch für die internationale Gemeinschaft! Zudem wird die gegenwärtige Wirtschafts- und Finanzkrise 2020 nichts sein als eine unangenehme Erinnerung, die Wohnungspreise werden wieder im Aufwind sein und Kreditnahmen werden wieder keinen verstören. Der lokale Immobilienmarkt wird durch die Überwindung der gegenwärtigen Krise und die Anpassungen an die EU-Agenda 2020 dynamisch werden. Vieles wird nur noch in großen Zügen dem ähneln, was wir heute sehen und wissen.“
2020: ein pulsierender Immobilienmarkt
Nach der Zeitspanne seit 2008, als der Immobilienmarkt eine lange Periode von Turbulenzen, Rezession und Unsicherheit(en) durchlebte, werde er ab 2020 „pulsierend und vibrierend“ sein, meinen auch die beiden online-Publikationen, die damit rechnen, dass die Preise zu jenem Zeithorizont „mindestens doppelt so hoch“ sein werden wie gegenwärtig.
Heutzutage verzeichne man nämlich „ein noch nie dagewesenes Preisminimum“ auf dem Immobilienmarkt, der zudem von einer sich seit zehn Jahren abzeichnenden Rezession, einer Inflation und einem „beispiellosen Lohn- und Einkommensrückgang“ bei der Bevölkerung gekennzeichnet sei, nach relativen Boomjahren, die teilweise künstlich aufrechterhalten waren, also meist auf Pump.
„Trotz der Lohnkürzungen der vergangenen Jahre sind die Wohnungspreise unverhältnismäßig stark gesunken“, schreibt Apulum 94.
Vorausgesagt wird auch, dass „die gegenwärtige Tendenz der Käuferorientierung auf Altbauwohnungen in wenigen Jahren sich ändern wird, auch in dem Maße, wie die Bauunternehmen und Architekten, auf Bestellung der Immobilienentwickler, ihre Konzepte der EU-Agenda 2020 anpassen werden. Je weiter die Optionsmöglichkeiten des Marktes gefächert sind, umso stärker werden Altbauwohnungen aus dem Trend kommen“, vermutet Andrew Prelea.
Mit der Steuerung Europas und Rumäniens aus der Rezession wird auch das Vertrauen in die Märkte wieder stärker, meinen die Analysten, aber die Banken werden auch wieder über Liquiditäten verfügen und diese zur Verfügung stellen – zu günstigeren Bedingungen als zur Stunde.
Schöne Gebäude in gepflegter Wohnlandschaft
Dadurch, so vermuten sie, wird Rumänien auch wieder zu einem Vorzugsziel für Investitionen aus dem Ausland. Indem damit auch neue Anstellungen von Arbeitnehmern getätigt werden, wird es zu einer Wiederbelebung des Wohnungsbaus und des Marktes für Neubauwohnungen kommen.
Steven Borncamp: „Die Zahl kleiner und größerer Immobilienprojekte wird enorm steigen, weil auch der Appetit der Bürger Rumäniens steigen wird, sich von neuen und schönen Gebäuden in gepflegter urbaner Landschaft zu umgeben, voller Komfort, Gesundheit und Funktionalität, mit je geringerer Umweltbelastung. Das Paradigma der hohen Energiepreise und der Unzulänglichkeiten traditioneller Gebäude wird die Wünsche der Käufer umbiegen. Die Funktionalität effizient genutzter und betriebener Räumlichkeiten wird gesucht sein. Die alten Bauten müssen umgebaut werden, wenn sie eine minimale Anziehungskraft beibehalten sollen.“
Man geht heute davon aus, dass es in Rumänien weiterhin ein Defizit von rund einer Million Wohnungen gibt, was heißt, dass im gegenwärtigen Rhythmus des Baus von Neubauwohnungen zur Deckung dieses Marktdefizits 30 Jahre nötig sein würden.