Reschitza/Bukarest - Die kürzlich veröffentlichten Angaben des rumänischen Statistikamts bezüglich der Wirtschafts- und Sozialdaten bis Ende Juni 2019 belegen, dass die 211.000 Arbeitnehmer des Sektors „öffentliche Verwaltung und Verteidigung“ (die den Status „öffentlicher Beamter“ haben) im Juni 2019 einen Durchschnittslohn von monatlich 4961 Lei kassierten, was um 58 Prozent den monatlichen Durchschnittslohn in Rumänien (3142 Lei) überschreitet. Damit ist der monatliche Durchschnittslohn der „öffentlichen Beamten“ in einem Jahr um 18 Prozent angehoben worden und sie erweisen sich als die größten Profiteure der desasterhaften (weil nicht auf eine reelle Wirtschaftsentwicklung gestützten) Lohnpolitik der PSD/ALDE-Regierung im öffentlichen Bereich.
Eine Analyse dieser Lohnentwicklung, welche die soliden Grundlagen der Nationalökonomie Rumäniens untergräbt, der Zeitung „Ziarul Financiar“ zitiert Cristina Săviucă, die Generaldirektorin des Lugera-Holdings: „Das eigentliche Problem liegt nicht darin, dass die Löhne der öffentlichen Beamten viel zu hoch sind, sondern dass sie zu hoch sind, also in einem Missverhältnis stehen zu dem, was diese öffentlichen Beamten als Dienstleistung der Gesellschaft bieten. Würden sie entsprechend gute Dienstleistungen bieten, hätte niemand ein Argument gegen ihre überhöhten Löhne vorzubringen. In der Privatwirtschaft musst du, um Nettolöhne um die 5000 Lei zu kassieren, entweder schon sehr lange im Geschäft sein und dich durch konstant gute Leistungen hervorgetan haben, oder du musst in der IT-Branche arbeiten.“
In Rumänien beziehen die „öffentlichen Beamten“ aus der öffentlichen Verwaltung und dem Verteidigungswesen schon seit Jahren die höchsten Beamtenlöhne. Seit die PSD/ALDE die Regierung übernommen hat, sind allerdings ihre Löhne in beschleunigtem Rhythmus gesteigert worden. Zum Unterschied von ihnen sind die Löhne in einer Branche, die durch massive Abwanderung des Fachpersonals ins Ausland gekennzeichnet ist – alleiniger Grund dafür ist die Unterbezahlung, was auf allen Entscheidungsebenen, auch der Politik, bekannt ist – dem Gesundheitswesen, in derselben Zeitspanne nur auf einen Durchschnittslohn von 3859 Lei (so der Netto-Durchschnittslohn im Juni 2019, laut Statistikamt) erhöht worden (also um zehn Prozent gegenüber Juni 2018). Allerdings liegt das Gesundheitswesen immer noch um 23 Prozent über dem Durchschnittslohn der Volkswirtschaft, gibt das Statistikamt an.
Im anderen Problembereich, dem Bildungswesen, erreichte der monatliche Durchschnittslohn im Juni 2019, bei einer Steigerung des Monatseinkommens von 30 Prozent gegenüber Juni 2018, die 3657 Lei, was den monatlichen Durchschnittslohn der Volkswirtschaft inzwischen um 16 Prozent überschreitet.
Auf der anderen Seite ist aus den Angaben von „Ziarul Financiar“ herauszulesen, dass rund 1,4 Millionen Arbeitnehmer mit dem gesetzlich verpflichtenden Mindestlohn abgefertigt werden (das sind zurzeit netto 1263 Lei im Monat), was vor allem auf die Arbeitnehmer aus der Privatwirtschaft zutrifft. Auch das wird von manchen Wirtschafts- und Finanzanalysten als eine „Anomalie“ bezeichnet.
Die negativste Auswirkung der übersteigerten Löhne der öffentlichen Beamten ist die Tendenz der Migration aller verfügbaren Arbeitskräfte in Richtung „öffentlicher Beamter“ – und der politische Druck auf allen Ebenen auf die öffentlichen Institutionen zur Anstellung „Verwandter, von Freundinnen, Freunden und Bekannten“ in diesem hochbezahlten Bereich. Vor allem aus der Privatwirtschaft ist soziologisch dieser Migrationsdruck, diese Abwanderung belegt.
Insgesamt beschäftigt heute die Verwaltung fast genau so viele Arbeitnehmer, wie es in der Volkswirtschaft mit dem Mindestlohn Bezahlte gibt: 1,2 Millionen, womit von der Gesamtzahl der Arbeitnehmer Rumäniens rund ein Viertel mit einem Mindestlohn abgefertigt wird, ein anderes Viertel mit verhältnismäßig fürstlichen Löhnen, ohne dass von ihnen eine entsprechende Leistung abgefordert wird.
Die 1,2 Millionen Staatsangestellten stellen auch eine erhebliche Belastung des Staatshaushalts dar: 2018 sind für ihre Entlohnung 22 Milliarden Euro ausgegeben worden, also elf Prozent des Bruttoinlandsprodukts (Anm. Red. der EU-Schnitt liegt bei 9,9 BIP-Prozent). Diese Angabe beruht nicht auf Direktdaten des einheimischen Statistikamts, sondern sie gehen aus der Datenbasis der EU-Kommission, AMECO, hervor. Zum Vergleich (und als Beleg, dass gerade die PSD/ALDE-Regierung diese Dysfunktionalitäten im Entlohnungssystem Rumäniens hervorruft): in den beiden letzten Jahren vor Regierungsübernahme durch die aktuelle Regierung, 2014, stellten die Löhne der vom Haushaltsabhängigen Beamten 7,9 Prozent des BIP dar, und 2015 gar nur 7,8 Prozent. Man überlege: die Lohnsteigerungen der „öffentlichen Beamten“ entsprachen 2017 und 2018 in etwa der Gesamtfinanzierung des Unterrichtswesens…
In Rumänien gab es Ende Juni 2019 4,98 Millionen Arbeitnehmer, die statistisch erfasst sind. Das waren um 40.000 mehr als Ende Juni 2018.