Viele Anwälte und vermutlich auch Richter wünschen sich seit geraumer Zeit eine Möglichkeit, Gerichtsverfahren effizienter und schneller als bisher durchzuführen. Am 11. Juni 2025 hat nun der rumänische Senat stillschweigend einen Gesetzesentwurf1 angenommen, wonach bestimmte Gerichtsverhandlungen in Zivilsachen per Videokonferenz abgehalten werden können.
Die Idee ist zwar nicht neu – während der COVID-Pandemie waren Gerichtsverhandlungen für eine begrenzte Zeit per Videokonferenz möglich2, soll nun allerdings in einigen Fällen dauerhaft eingeführt werden.
Was gilt aktuell?
In der aktuellen Fassung sieht Art. 220 der Rumänischen Zivilprozessordnung („Codul de procedură civilă“ – ZPO) betreffend die Vertagung von Sachen, die nicht verhandlungsreif sind; nur vor:
„Die Parteien können bei Gericht zu Beginn der Sitzung Antrag auf Vertagung von Fällen, die nicht verhandlungsreif sind, stellen, sofern diese Anträge keine Verhandlung zur Sache verursachen. Besteht die Kammer aus mehreren Richtern, kann diese Vertagung auch von einem einzelnen Richter verfügt werden.“
Was soll geändert werden?
Die Gesetzesänderung soll durch die Einführung eines neuen Absatzes 2 zum Artikel 220 ZPO, mit folgendem Inhalt, erfolgen:
„(2) Das Gericht identifiziert die in Absatz 1 vorgesehenen Gründe vor dem Verhandlungstermin. Der Urkundsbeamte informiert die Parteien telefonisch mindestens zwei Tage vor dem Verhandlungstermin, soweit diese dem Gericht die entsprechenden Daten zu diesem Zweck übermittelt haben, über den Stand der Sache und die Möglichkeit, an dem Verhandlungstermin per Videokonferenz teilzunehmen. Optiert mindestens eine der Parteien in dieser Hinsicht, wird die Sache zu Beginn der Sitzung auch dann per Videokonferenz besprochen, wenn die andere Partei an der Verhandlung am Sitz des Gerichts teilnimmt.“
Was bezweckt die Gesetzesinitiative?
Laut der Initiatorin der Gesetzesänderung sollen solche Lösungen die Funktionsweise der Justiz optimieren und gleichzeitig konkrete Vorteile für die Rechtschutzsuchenden bewirken.
Was ist der Hintergrund?
Laut einer Studie verfügten im Februar 2025 211 von 243 nationalen Gerichten über funktionierende und ausreichende Systeme, um Videokonferenzen durchzuführen, und hatten keine Probleme mit diesen Systemen festgestellt. Demzufolge verfügen 86,83 Prozent der Gerichte grundsätzlich über die Möglichkeit, ohne Ausstattungs- oder technische Probleme Termine über das Videokonferenzsystem abzuhalten. Dem Justizministerium sollte es möglich sein, die bestehenden Probleme in den wenigen Ausnahmen kurzfristig zu beheben.
Welches Interesse besteht an der Gesetzesänderung?
In Fällen, die ohne Verhandlung zur Sache vertagt werden, besteht ein Interesse der Parteien, an der Gerichtsverhandlung teilzunehmen, um das Datum und die Uhrzeit des nächsten Verhandlungstermins zu erfahren, sowie um während der Sitzung aktuelle Informationen über die Gründe für die Vertagung zu erhalten, ohne die oft langwierige Zustellung abzuwarten. Außerdem können bei jeder Gerichtsverhandlung unvorhersehbare Ereignisse eintreten – wie die Einreichung neuer Dokumente, eines Haupt- oder Nebeninterventionsantrags usw.
Erscheinen die Parteien zum Gerichtstermin nur, um die Koordinaten des nächsten Termins zu erfahren und unvorhergesehenen prozessualen Vorfällen vorzubeugen, bewirkt dies z. T. erhebliche Kosten für die Anreise und Terminwahrnehmung, allerdings keinen Fortschritt in der Sache.
Soll die Videokonferenz verpflichtend werden?
Wichtig ist, dass die Teilnahme an der Verhandlung über ein Videokonferenzsystem die physische Präsenz der Parteien im Gerichtssaal nicht ausschließt; der Partei, die dies wünscht, steht es frei, im Gerichtssaal anwesend zu sein. Aus diesem Grund sieht die Gesetzesinitiative vor, dass die Parteien mindestens zwei Tage vor dem Verhandlungstermin über den Stand der Sache, die ohne Verhandlung vertagt werden soll, den Grund dafür erfahren müssen sowie über die Möglichkeit der Teilnahme am Termin per Videokonferenz informiert werden müssen.
Fazit
Anwälte und Mandanten kennen den Frust, den eine stundenlange Anreise und Wartezeit für einen Termin, der mit einer Vertagung ohne Verhandlung endet, auslöst. Die Gesetzesinitiative soll in einem ersten Bereich (bei Verfahren, die ohne Verhandlung zur Sache vertagt werden sollen) die Teilnahme ohne körperliche Anwesenheit dauerhaft einführen. Wir sehen sie, auch im Zusammenhang mit der Digitalisierung der Justiz, als ein wichtiges und begrüßenswertes Pilotprojekt, das hoffentlich verabschiedet wird. Selbstverständlich sind wichtige Aspekte, wie z. B. der Datenschutz, vorab detailliert zu prüfen; dies dürfte durchaus noch Investitionen erfordern.
1Gesetzesvorschlag zur Ergänzung des Art. 220 ZPO, dem Senat am 24. März 2025 vorgelegt
2Dekret Nr. 195/ 2020, verlängert durch das Dekret Nr. 240/2020
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