Vergangenen Sommer verpflichtete die Regierung Rumäniens durch Dringlichkeitsverordnung alle Inhaber von Umweltgenehmigungen, eine jährliche Bestätigung solcher Genehmigungen von den Umweltbehörden einzuholen, um deren Gültigkeit zu bewahren. Im April dieses Jahres hat das rumänische Verfassungsgericht diese Dringlichkeitsverordnung vollumfänglich für verfassungswidrig erklärt und somit bei vielen Unternehmen für Erleichterung gesorgt.
Hintergrund
Am 19. Juli 2018 hatte die Regierung Rumäniens die Dringlichkeitsverordnung Nr. 75/20181 („DVO 75“), die die Dringlichkeitsverordnung über den Umweltschutz („DVO 195“)2 änderte, verabschiedet. Unter anderem hatte die DVO 75 die Verpflichtung der Inhaber bereits ausgestellter Umweltgenehmigungen und integrierter Umweltgenehmigungen eingeführt, für diese Genehmigungen eine jährliche Bestätigung (viză anuală) einzuholen.
Im November 2018 hat das Umweltministerium durch Anordnung3 die Prozedur für die Beantragung und den Erhalt dieser jährlichen Bestätigung verabschiedet. Diese Vorschriften bekräftigten die Pflicht, integrierte oder nicht integrierte Umweltgenehmigungen jährlich einer Bestätigung der Umweltbehörde zu unterziehen, um zu bestätigen, dass die Fakten vor Ort noch den genehmigten Parametern entsprechen. Der Antrag auf diese Bestätigung musste der zuständigen Umweltbehörde 60 Tage vor dem Jahrestag der jeweiligen Genehmigung zugehen.
Wurde die jährliche Bestätigung nicht ausgestellt, gewährte die Umweltbehörde dem Betroffenen eine Nachfrist von 30 Tagen zur Anpassung der tatsächlichen Bedingungen vor Ort an jene der Umweltgenehmigung. Anderenfalls wurde die Genehmigung ungültig.
Umweltgenehmigungen und integrierte Umweltgenehmigungen werden allerdings für fünf oder zehn Jahre erteilt. De facto erlaubten es die neuen Vorschriften dennoch, solche Genehmigungen so zu behandeln, als seien sie nur für ein Jahr gültig; der Vertrauensschutz des Begünstigten bezüglich der Dauer der umweltrechtlichen Genehmigung seines Projekts ging verloren. In der Praxis wurde dies als faktische Reduzierung der Gültigkeitsdauer von Umweltgenehmigungen und als Quelle der Rechtsunsicherheit empfunden.
Urteil
Gegen die DVO 75 wurde von 27 Senatoren Verfassungsbeschwerde eingelegt. Hauptkritikpunkt war die Tatsache, dass für keine der durch die DVO 75 eingeführten Maßnahmen und Änderungen eine Dringlichkeit4 vorlag. Am 9. April 2019 erklärte das rumänische Verfassungsgericht die DVO 75 für vollumfänglich verfassungswidrig5.
Status Quo
Gemäß der rumänischen Verfassung6 verlieren für verfassungswidrig befundene Bestimmungen nach Ablauf von 45 Tagen ab Veröffentlichung des Urteils ihre Rechtswirksamkeit, es sei denn, das Parlament oder die Regierung passen die verfassungswidrigen Bestimmungen an die rumänische Verfassung an. Während dieser Zeit werden die verfassungswidrigen Bestimmungen von Rechts wegen ausgesetzt.
Daher gilt die jährliche Bestätigungspflicht binnen dieser Frist von 45 Tagen nach Veröffentlichung des Verfassungsgerichtsurteils, d. h. bis zum 18. Juli 2019, nicht.
Sollte die DVO 75 bis zu diesem Datum nicht mit der Verfassung in Einklang gebracht werden, werden die DVO 75 und implizit die Änderungen der Umweltgesetzgebung in Bezug auf die Verpflichtung zur jährlichen Bestätigung zwecks Aufrechterhaltung bereits erteilter Umweltgenehmigungen definitiv unwirksam.
Fazit
Aus Investorensicht waren die durch die DVO 75 eingeführten Änderungen schwer nachzuvollziehen; wird eine Genehmigung für einen bestimmten Zeitraum erteilt, ist nicht damit zu rechnen, dass zu einem späteren Zeitpunkt faktische Erneuerungsverpflichtungen eingeführt werden. Dass die Pflicht ferner erneut durch Dringlichkeitsverordnung und damit außerhalb des regulären Gesetzgebungsverfahrens eingeführt wurde, trug nicht zur notwendigen Rechtssicherheit bei. Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung des Verfassungsgerichts erleichternd.
Wir werden alle von den zuständigen Behörden in dieser Angelegenheit ergriffenen Maßnahmen weiterverfolgen und entsprechend hierüber berichten.
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1 Dringlichkeitsverordnung der Regierung Nr. 75/2018 zur Änderung und Ergänzung bestimmter Gesetzesvorschriften in Bezug auf den Umweltschutz und den Rechtsstatus von Ausländern
2 Dringlichkeitsverordnung der Regierung Nr. 195/2005 über den Umweltschutz, wie nachträglich geändert und ergänzt
3 Anordnung Nr. 1171 vom 5. November 2018
4 Die Verabschiedung einer Dringlichkeitsverordnung ohne das übliche parlamentarische Verfahren setzt die Begründung einer Dringlichkeit dieser Gesetzesänderung voraus.
5 Urteil des Verfassungsgerichtes Nr. 214 vom 9. April 2019, veröffentlicht im Amtsblatt Rumäniens am 3. Juni 2019.
6 Art. 147 Abs. (1) lit. c) der Verfassung Rumäniens
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