Kann ein Geschäftsführer Arbeitnehmer sein?

Um eine rumänische Gesellschaft zu gründen und zu betreiben, ist es unabdingbar, deren Geschäftsleitung einzurichten. Bei der SRL und den meisten anderen Gesellschaftsformen werden Geschäftsführer (administratori) bestellt; bei Aktiengesellschaften besteht die Geschäftsleitung aus einem Verwaltungsrat (consiliu de administrație) und Direktoren (directori) oder aus Aufsichtsrat (consiliu de supraveghere) und Vorstand (directorat)1.

Die Bestellung erfolgt durch Beschluss der Gesellschafter/Aktionäre und wird zur Entgegenhaltbarkeit gegenüber Dritten in das Handelsregister eingetragen.

Zwischen Gesellschaft und Geschäftsführer2 muss aber durch Vertrag zusätzlich die Beschäftigung festgelegt werden. Auf welcher Vertragsgrundlage arbeitet aber ein Geschäftsführer für seine Gesellschaft? Ist das Arbeitsrecht anwendbar? Die Antwort auf diese Frage beeinflusst im Einzelfall die Regeln im Verhältnis zwischen Geschäftsführer und Gesellschaft wesentlich.

Generelles

Laut Gesellschaftsgesetz3 beruht das Verhältnis zwischen Geschäftsführer und Gesellschaft auf den Regeln der Geschäftsbesorgung (mandat). Das Gesetz geht also nicht davon aus, dass es mit dem Geschäftsführer zu einem Arbeitsverhältnis kommt.

Hieraus ergibt sich, dass zwischen Geschäftsführer und Gesellschaft ein sog. Mandatsvertrag (contract de mandat), der kein Arbeitsvertrag ist, abgeschlossen werden kann. Ist dies jedoch zwingend? Schließt das Gesellschaftsgesetz den Abschluss eines Arbeitsvertrages (contract individual de muncă) mit dem Geschäftsführer aus?

Diese Frage hat der Gesetzgeber nur in einigen Fällen ausdrücklich beantwortet.

Aktiengesellschaften

Im Fall der Aktiengesellschaften ist das Gesetz klar und deutlich: kein Mitglied der Geschäftsleitung4 darf während seines Mandates ein Arbeitsverhältnis mit der Gesellschaft haben5. Bestehende Arbeitsverträge ruhen von Gesetzes wegen ab der Bestellung.

Andere Gesellschaften

Für die anderen Gesellschaften ist die Lage nicht so eindeutig. Einige Stimmen gehen generell von einer Inkompatibilität der Geschäftsführerstellung mit einem Arbeitsverhältnis aus; eine gesetzliche Bestimmung, die ein Arbeitsverhältnis ausschließt, existiert jedoch nicht. Im offiziellen Verzeichnis der Beschäftigungen in Rumänien (C.O.R.-Verzeichnis), das für Arbeitsverträge zu verwenden ist, wurde sogar die Funktion „Geschäftsführer einer Gesellschaft“ aufgenommen.

Aufgrund des Prinzips „Was nicht ausdrücklich verboten ist, ist erlaubt“ kommt es in der Praxis – gerade bei SRLs – häufig zum Abschluss von Arbeitsverträgen zwischen Gesellschaft und Geschäftsführer. In aller Regel enthält der Arbeitsvertrag aber gerade nicht die Funktion des Geschäftsführers; der Mitarbeiter ist in diesem Fall sowohl Geschäftsführer als auch Arbeitnehmer in einer anderen Funktion (meist „Direktor“).
In der Behördenpraxis stellt dies kein Problem dar. Wie ratsam ist diese Vorgehensweise aber?

Wesentliche Unterschiede

Arbeitnehmer sind weisungsabhängig und müssen daher den Willen der Gesellschaft (ausgedrückt durch deren Geschäftsführer!) erfüllen. Im Vergleich herrscht im Fall eines Mandatsvertrages eine erhöhte Freiheit. Auch kann ein Mandatsvertrag (anders als ein Arbeitsvertrag) frei nach dem Willen der Parteien gestaltet werden.
Dabei kann die Gesellschaft das Mandat jederzeit widerrufen, d. h. das Geschäftsführerverhältnis beenden. Der Geschäftsführer kann sich in diesem Fall weder auf Kündigungsschutz noch auf sonstige Vorschriften des Arbeitsrechts berufen. Insbesondere kann er nicht auf Wiedereinstellung klagen. Erfolgt seine Abberufung ungerechtfertigt, steht ihm lediglich Schadensersatz zu. Bei Abschluss eines Arbeitsvertrages kommen sämtliche Arbeitnehmerschutzvorschriften zur Geltung. Die Beendigung ist nur nach dem formalistischen Arbeitsrecht und unter Beachtung der bürokratischen Verfahren möglich. Dies wird dem in einem Geschäftsführungsverhältnis herrschenden Bedarf nach Flexibilität nicht gerecht.

Erhebliche Unterschiede ergeben sich insbesondere auch hinsichtlich der Haftung des Geschäftsführers für die fehlerhafte Pflichterfüllung. Einem Arbeitnehmer kommen hingegen ein entspannter Haftungsmaßstab und Haftungsausschlüsse zugute.

Fazit

Die besondere Stellung und Verantwortung eines Geschäftsführers erfordern aus der Sicht der Gesellschaft auch den Abschluss eines besonderen Vertrages, der nicht dem Arbeitsrecht entspricht. In der Praxis können und werden dennoch oft Arbeitsverträge abgeschlossen – was problemlos funktioniert, solange keine Konflikte bestehen. Treten diese allerdings ein, können sie aufwändige und dauerhafte Rechtsstreitigkeiten mit vergleichsweise geringen Erfolgs-aussichten für die Gesellschaft auslösen.

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1 Je nach Wahl der Aktionäre
2 Nachfolgend wird der Begriff für alle Gesellschaften einheitlich verwendet
3 Gesetz 31/1990 über die Gesellschaften
4 Direktoren, Verwaltungsräte, Vorstände
5 Art. 1371 Abs. 3 und Art. 152 Abs. 1 GesG

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