Mindestlohn – Neuregelungen setzen EU-Recht um

Rumänien hat bis heute, 15. November 2024, die europäische Mindestlohnrichtlinie umzusetzen. Das entsprechende Gesetz (Entwurf PL-x nr. 568/2024 – nachfolgend das „Gesetz“) wurde laut Presse bereits vom Präsidenten verabschiedet und muss nur noch veröffentlicht werden. Zusätzlich ist der Entwurf eines Regierungsbeschlusses zum Verfahren in Debatte. Was bedeutet dies für Unternehmen in Rumänien, und was bringt die Zukunft?

Mindestlohnrichtlinie

Als Mindestlohnrichtlinie wird die Richtlinie (EU) 2022/2041 „über angemessene Mindestlöhne in der Europäischen Union“ bezeichnet. Hiermit wurde gesetzgeberisches Neuland beschritten – bislang war die Lohnfestlegung ausschließlich Sache der Gesetzgeber und/oder Sozialpartner (Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände) in den Mitgliedstaaten.

Angesichts des starken Lohngefälles in der EU bezweckt die Mindestlohnrichtlinie natürlich nicht, eine einheitliche Mindestvergütung festzulegen. Vielmehr verpflichtet sie die Mitgliedstaaten, in ihren Gesetzen Kriterien festzulegen, anhand derer Mindestlöhne festgelegt und aktualisiert werden. Solche Kriterien müssen letztendlich die Angemessenheit des jeweiligen Mindestlohns gewährleisten und mindestens Folgendes umfassen:

  • die Kaufkraft der gesetzlichen Mindestlöhne unter Berücksichtigung der Lebenshaltungskosten;
  • das allgemeine Niveau der Löhne und ihre Verteilung;
  • die Wachstumsrate der Löhne;
  • langfristige nationale Produktivitätsniveaus und -entwicklungen.
     

Es liegt bei den Mitgliedstaaten, die Kriterien und auch deren Gewichtung konkret zu bestimmen. Bei der Bewertung der Angemessenheit müssen sie allerdings Referenzwerte zugrunde legen, z. B. (laut Richtlinie, nicht verpflichtend) „60 Prozent des Bruttomedianlohns und 50 Prozent des Bruttodurchschnittslohns“.

Rumänische Regelung

Das Gesetz ändert das Arbeitsgesetzbuch (Codul Muncii) u. a. wie folgt:

  • Der Mindestlohn wird ausdrücklich jedes Jahr durch Regierungsbeschluss nach Anhörung der Sozialpartner aktualisiert;
  • Hierbei ist ein Verfahren zur Anwendung eines Mechanismus zur Festlegung und Aktualisierung des Mindestlohns zu beachten; 
  • Dieses Verfahren wird durch Regierungsbeschluss genehmigt;
  • Hierdurch wird die Angemessenheit des Mindestlohns anhand seines Anteils am durchschnittlichen Bruttogehalt festgelegt;
  • Vorgaben an das Verfahren sind u. a.:
    – Regelung der Art und Weise der Festlegung und Aktualisierung;
    – Beachtung der Angemessenheitskriterien gemäß Richtlinie (vgl. o.);
    – Festlegung von Indikatoren für diese Kriterien sowie für die Überwachung und Evaluierung der Auswirkungen;
    – Beachtung eines orientativen Anteils des Mindestlohns zwischen 47 Prozent und 52 Prozent des Durchschnittslohns. 
    – Verwendung von Studien eines spezialisierten Forschungsinstituts.
     

Der Regierungsbeschluss setzt wiederum das Gesetz wie folgt um:

  • das Arbeitsministerium legt den Mechanismus fest, veröffentlicht von dem Forschungsinstitut erstellte Jahresberichte und übermittelt dem dreiseitigen Sozialdialogausschuss (Consiliul Național Tripartit) Empfehlungen zur Aktualisierung des Mindestgehalts;
  • die Daten liefern das Nationale Statistikamt INS und der Ausschuss für Strategie und Prognose CNSP;
  • die Jahresberichte enthalten:
    – die Aktualisierung der sozialen bzw. wirtschaftlichen Indikatoren;
    – Auswertung der Auswirkung des Mindestgehalts auf den Arbeitsmarkt ex- post; 
    – Berechnung des aktualisierten Mindestgehalts anhand einer Formel;
    – Ex-ante-Evaluierung der Auswirkungen der Mindestgehaltsanpassung auf das soziale und wirtschaftliche Umfeld.
  • Indikatoren für die Aktualisierung des Mindestgehalts sind Inflationsrate, BIP, arbeitende Bevölkerung und Durchschnittsgehalt, allesamt laut Prognose;
  • die Bewertung der Auswirkung des Gehalts erfolgt u. a. anhand von Indikatoren wie Arbeitsarmut, Anzahl der Mindestlohnempfänger, ungleiche Verteilung der Gehälter, Beschäftigungsrate, Arbeitskosten, Umsätze pro Tätigkeitssektor;
  • laut Formel wird das Mindestgehalt mit der Summe der Inflationsrate und des realen Anstiegs der Produktivität laut Prognose aktualisiert;
  • der Anteil des so bestimmten Mindestgehalts am Durchschnittsgehalt wird mit dem orientativen Anteil (47 – 52%) verglichen. Ggf. finden Verhandlungen im CNT statt;
  • das Verfahren beginnt jeden Mai mit der Festlegung der Vorgaben für die Forschung; es folgen die Datenerhebung bis August, Analyse, Veröffentlichung und Beratung bis Oktober und der Regierungsbeschluss im November.


Fazit

Das EU- Recht wird umgesetzt. Das Ergebnis mutet allerdings bürokratisch (was sicherlich auch an der Richtlinie liegt) und undurchsichtig an. Man könnte u. a. in Frage stellen, ob die richtigen Indikatoren gewählt wurden, die Mindestgehaltsfestlegung anhand so vieler prognostizierter Werte erfolgen muss, und ob die staatlichen Einrichtungen die Daten passend und rechtzeitig liefern werden. Dies kann nur die Zeit zeigen. Im Januar 2025 steht laut Presse bereits ein Bruttomindestgehalt von 4050 Lei an. 


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