Bukarest (ADZ) - Die Staaten Mittel- und Osteuropas (MOE) sollten sich, laut einer Analyse der Erste Group, bei erneuten Turbulenzen auf dem Finanzmarkt wesentlich besser schlagen, als bei der Finanzmarktkrise welche 2008 der Lehmann-Pleite folgte.
„Auf den ersten Blick mag die aktuelle Lage in MOE der Zeit nach dem Zusammenbruch Lehmans ähneln, da die Ansteckungswege die gleichen sind – die Möglichkeit eines Einbruchs der weltweiten Nachfrage und ein plötzlicher Stillstand, wenn nicht sogar eine Umkehrung, der Kapitalströme. Sollte sich die Konjunktur im Euroraum stark abschwächen, werden auch Zentral- und Osteuropa nicht ungeschoren davon kommen. Diesmal sollte sich MOE aber (im Vergleich zum Euroraum) aus den folgenden drei Gründen wesentlich besser schlagen als in der Zeit nach der Lehman-Pleite: Niedrigere Staatsverschuldungsquoten, Fortschritte bei der Sanierung der Staatshaushalte und abgebaute Leistungsbilanzdefizite“, meint Juraj Kotian, Co-Head Macro/Fixed Income Research MOE bei der Erste Group.
Laut der Studie steht keiner der MOE-Staaten in Bezug auf Leistungsbilanzungleichgewichte, die Tragbarkeit der Staatsschuld und potenzielle Haftungen im Bankensektor so schlecht da wie die Peripherieländer der Eurozone. Zwar galt dies teilweise auch schon 2009 jedoch ließen damals die Märkte die wesentlich geringere Staatsverschuldung der MOE-Länder völlig außer acht. In der gegenwärtigen Situation zeigt sich, dass die Märkte heute stärker nach der Höhe der Staatsverschuldung differenzieren. Die durchschnittliche Verschuldung der MOE-Staaten liegt bei 50 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) – Rumänien 31 Prozent – im Vergleich zu durchschnittlichen 85 Prozent in den westlichen Ländern.
Die strukturellen Defizite haben sich wesentlich gebessert – so ist dieses in Rumänien von fast 9 Prozent des BIP im Jahr 2007 auf etwa 3,3 Prozent des von der Europäischen Kommission für 2011 erwartete BIP gesunken – und die Leistungsbilanzdefizite, welche zu Beginn der Krise die Achillesferse einiger MOE-Länder darstellten, konnten abgebaut werden. In Rumänien ist dieses von fast 14 Prozent auf weniger als 5 Prozent des BIP gesunken.
Letztendlich seien die Volkswirtschaften Mittel- und Osteuropas in einer völlig anderen Phase des Konjunkturzyklus als 2008. Die Volkswirtschaften entwickeln sich nun etwa entsprechend ihrem Potenzial oder etwas langsamer. Damit würde das BIP im Fall eines externen Schocks nicht so dramatisch schrumpfen. Die Investitionsraten sind im Vergleich zur Vorkrisenzeit auf einem neutraleren Niveau und zum diesjährigen bescheidenen Wirtschaftswachstum trugen nur Investitionen und Nettoausfuhren bei, während Privat- und Staatskonsum stagnierten oder sich sogar rückläufig entwickelten.
Wegen des weltweit trüben Ausblicks haben die Analysten der Erste Group ihre Prognosen für MOE vor Kurzem nach unten revidiert. Dennoch sollte die MOE-Region – mit Ausnahme Ungarns, wo die hohe Rechtsunsicherheit eine schwere Belastung darstellt – im nächsten Jahr rascher als der Euroraum wachsen.