Mit „Pleiten, Pech und Pannen“ ließe sich das Börsenjahr 2012 umschreiben. Zehn Maklerfirmen und -abteilungen sagten dem Markt adieu, darunter namhafte Wettbewerber wie ING oder UniCredit. Der Markt gibt einfach nicht genug her. Hinzu kommen Rückzüge von ehemaligen Börsengrößen wie Azomureş, deren neue Inhaber kein Interesse daran haben, dass ihre Beteiligungen in Rumänien an einer so unwichtigen Börse wie der in Bukarest gelistet sind.
Die Börse selber ist nicht gänzlich schuldlos an ihrem Schattendasein. Der Jahresanfang war vielversprechend, eine neue Führungsriege unter Präsident Lucian Anghel – aus dem Bankenlager – verdrängte die als „Dinosaurier” verschriene Personen wie Stere Farmache. Doch die erhoffte Neuausrichtung blieb aus, ebenso wie die groß angekündigten Partnerschaften nichts Sichtbares einbrachten, etwa jene mit der Londoner Börse (März) oder der kleineren Börse in Sofia (Oktober).
Aktien: Verlierer und Gewinner
Zu den großen Verlierern der Börse in diesem Jahr gehören vor allem Chemie-, Bau- und Industriebetriebe. Wer in Aktien der Chemiebetriebe Oltchim (OLT) oder Amonil (AMO) investiert hat, hat auf Jahressicht 51 bzw. 49 Prozent verloren. Mit 60 Prozent steht der Baustoffhersteller Cemacon (CEON) an der traurigen Spitze.
Nichtsdestotrotz konnten Anleger gute Gewinne einfahren in diesem schwachen Börsenjahr. Vorausgesetzt, sie verfügten über starke Nerven. Sogar die in Verruf geratenen Aktien des Fonds Proprietatea (FP) brachten seit Jahresbeginn immerhin 31 Prozent Plus. Wer allerdings schon im März ausgestiegen ist, konnte sogar 46 Prozent Gewinn einstreichen. Ähnlich verhält es sich mit den SIF-Investmentgesellschaften. Sie boten Jahresgewinne von 21 Prozent (SIF Transilvania) und 34 Prozent (SIF Banat Crişana und SIF Muntenia), gemessen an den Aktienkursen vom 5. Januar. Die entsprechen allerdings nicht in allen Fällen den jeweiligen Jahrestiefstständen dieser Emittenten. Wer richtig risikobereit war, konnte über den Kautschukverarbeiter Artego (ARTE) in diesem Jahr seinen Einsatz fast verdreifachen. Die Aktien stiegen auf Jahressicht um 261 Prozent.
Makler auf dem Rückzug
Mit dem größten ungarischen Geldhaus, der OTP Bank, hat sich im Dezember vorerst die letzte Bank von der rumänischen Wertpapierbörse verabschiedet. Ihr waren bereits in den Monaten und Wochen zuvor die niederländische ING und die italienische UniCredit aus Rumänien vorangegangenen. Die niedrigen Umsätze der Makler hatten nicht nur die Geldhäuser zum Rückzug sondern auch so manche Maklerfirma zum Schließen gezwungen. OTP hatte beispielsweise seit der Zulassung als Aktienmakler im März 2009 nie einen höheren Marktanteil als 0,75 Prozent des hart umkämpften Maklermarktes erreicht. Immerhin schaffte die ungarische Bank einen Umsatz von 175,1 Millionen Lei im Jahr 2011. Die nun ehemalige Aufsichtsbehörde CNVM hat insgesamt 54 Maklerfirmen zugelassen. In der Hochzeit der Bukarester Börse 1998 waren es noch 173. Immerhin teilten sich die etwa 50 noch am Markt aktiven Makler in diesem Jahr einen durchschnittlichen Tagesumsatz von umgerechnet 30 Millionen Euro. 1998 lag der Umsatz noch bei 0,7 Millionen Euro pro Tag.
Hohe Erwartungen… auch für 2013
Alle Blicke richten sich auf den Regierungssitz. Dort hat das neu aufgestellte Kabinett schon mit einer Vertagung begonnen. Der Termin für die Listung mehrerer Staatsbetriebe wurde bis zum 31. Dezember 2013 verlängert. Das bedeutet zum Einen, dass auch die linksliberale Regierung die Beziehung zum Geldgeber IWF nicht aufs Spiel setzen wird. Der alte Termin – der 31. Dezember 2012 – war ohnehin nicht zu halten, daher ist die Vertagung lediglich eine logische Folge der bisherigen Versäumnisse. Die jüngste Erfahrung zeigt aber, dass auch eine mit dem IWF vereinbarte Teilprivatisierung staatlich verbliebener Betriebe nicht zwingend im Verkauf von Anteilen an den besagten Betrieben mündet. Es gibt keine Garantie dafür, dass bis Ablauf des neu gesetzten Termins tatsächlich neue Emittenten an die Börse gelangen.
Der Verkauf von Beteiligungen an Stromversorgern (Complexul Energetic Hunedoara, Complexul Energetic Oltenia, Elcen Bucureşti, Hidroelectrica, Nuclearelectrica) oder andere strategischen Unternehmen wie CFR Marfă (Güterschienenverkehr) und Tarom (Fluggesellschaft) wurde Ende 2011 mit dem IWF vereinbart – bislang ist jedoch nichts geschehen, bis auf den Verkauf von 15 Prozent am Stromnetzbetreiber Transelectrica im März 2012. Doch diese als großer Erfolg verkaufte Story blieb folgenlos. BVB-Präsident Lucian Anghel bemühte damals ein rumänisches Sprichwort, demnach der Appetit während dem Essen komme. Nun bleibt ihm nichts anderes übrig, als das zu wiederholen, was er seit Monaten immer wieder sagt: Er hoffe auf eine Reihe von Listungen an der Bukarester Börse.
Dabei stehen die Börsen in Wien aber vor allem jene in Warschau als Beispiel einer gelungenen Kapitalmarktpolitik. Dort folgten auf die Listung von Staatsbetrieben tatsächlich private Unternehmen, die die Börse als alternative Finanzierungsquelle entdeckten und nutzten. Hierzulande aber bleibt vorerst alles im Projektstadium.