Klausenburg - Was gilt es zu beachten, welche Regeln, Einschränkungen und Risiken bestehen für Deutsche und Rumänen die im jeweils anderen EU-Land einen Arbeitsaufenthalt planen? An der Konferenz „Aufenthalt und Arbeitsmarktzugang für Deutsche in Rumänien und für Rumänen in Deutschland“ in Klausenburg/Cluj-Napoca, legten am Freitag, dem 17. Mai 2013, deutsche und rumänische Rechtsexperten den rechtlichen Rahmen, den es diesbezüglich zu befolgen gilt, dar. Organisiert wurde die Konferenz von der Deutsch-Rumänischen Juristenvereinigung gemeinsam mit der Rechtsfakultät der Babeş-Bolyai Universität in Klausenburg sowie dem deutschsprachigen Wirtschaftsclub Nordtranssilvanien.
Eingegangen wurde gesondert auf Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen, den rechtlichen Rahmen für den Arbeitsaufenthalt selber sowie auf steuerliche und strafrechtliche Bestimmungen. Zwar ist die Abwanderung von Rumänen nach Deutschland viel intensiver als in die Gegenrichtung – 2012 waren Rumänen mit rund 116.000 neu nach Deutschland eingewanderten Personen die, nach Polen, zweitgrößte Zuwanderergruppe – jedoch wurden auf der Klausenburger Konferenz beide Seiten gleich stark gewichtet.
Einreise und Aufenthalt
Die Einreise in das jeweils andere Land ist durch die EU-Mitgliedschaft der beiden Länder, basierend auf der Freizügigkeitsrichtlinie, für Unionsbürger denkbar unkompliziert. Beschränkungen sind auf beiden Seiten grundsätzlich nur aus Gründen der öffentlichen Ordnung, nationalen Sicherheit oder öffentlichen Gesundheit möglich.
Ebenfalls weitgehend uneingeschränkt ist der Aufenthalt bis zu drei Monaten in Deutschland und Rumänien. In Rumänien bestehen für Unionsbürger nach Ablauf von drei Monaten darüber hinaus Aufenthaltsrechte zur Arbeitssuche (hier nur bis zu sechs Monaten), für Arbeitnehmertätigkeiten und Ausbildungsmaßnahmen oder um einer selbstständigen Tätigkeit nachzugehen. Schließlich haben Unionsbürger in Rumänien bereits dann ein über drei Monate hinausgehendes Aufenthaltsrechtsrecht, wenn sie über ausreichende Existenzmittel und eine Krankenversicherung verfügen.
Die Arbeitssuche für Rumänen in Deutschland ist, wie Rechtsanwalt Christian Leitmann von der Kanzlei Leitmann & Braun-Noviello aus Heidelberg darlegte, bis Ende des Jahres dadurch eingeschränkt, dass der deutsche Arbeitsmarkt bis zum 31.12.2013 für Rumänen und Bulgaren nur in einigen Bereichen geöffnet ist. Bis dahin muss man sich, nachdem man ein glaubhaftes Arbeitsplatzangebot vorlegen kann, einer behördlichen Vorrangprüfung unterziehen. Bei dieser wird geprüft ob die entsprechende Stelle nicht durch einen deutschen Bürger oder einen auf dem deutschen Arbeitsmarkt gleichgestellten EU-Bürger belegt werden kann, welcher für die Besetzung der Arbeitsstelle vor Rumänen oder Bulgaren Vorrang hätte.
Basierend auf der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit innerhalb der Europäischen Union ist es unkompliziert sich als selbstständiger Gewerbetreibender in Deutschland niederzulassen oder ein Gewerbe anzumelden. Dies wird zurzeit Christian Leitmann zufolge auch als Hintertürchen verwendet, um die noch bestehenden Beschränkungen in der Personenfreizügigkeit oder um als Arbeitgeber das deutsche Arbeitsrecht zu umgehen (z. B. betreffend Unfallschutz oder Sozialversicherungsabgaben). Die Abgrenzung zwischen Scheinselbstständigkeit und echter Selbstständigkeit sei hier oft schwierig. Als nicht klar geregelt bezeichnete Leitmann auch die Bedingungen unter welchen man als Arbeitssuchender in Deutschland, ob nach Einreise oder nach Arbeitsplatzverlust, einen Anspruch auf Sozialhilfe hat.
Entsendungen
Deutsche Arbeitnehmer, die in Rumänien einer Arbeitstätigkeit nachgehen wollen, können dies im Rahmen einer Entsendung durch den deutschen Arbeitgeber oder durch eine Anstellung bei einem rumänischen Unternehmen realisieren. Anwältin Iulia Scurt von der Kanzlei Cunescu, Balaciu & Asociaţii aus Bukarest erläuterte hierzu, dass auch bei einer Entsendung Arbeitnehmern der Mindestschutz nach rumänischem Arbeitsrecht zusteht. Der einzige Bereich in welchem Angestellten durch rumänisches Recht mehr zugesprochen wird als nach deutschem sei der Mutter- und Schwangerschaftsschutz.
Dr. Felicia Roşioru von der Rechtsfakultät der Babeş-Bolyai Universität in Klausenburg erläuterte, dass bei Entsandten darauf zu achten sei, dass diese von den Behörden nicht als Angestellte des Auftraggebers in Rumänien eingestuft werden. Dies gilt auch für rumänische Arbeitgeber, welche Angestellte nach Deutschland entsenden. Hierbei ist, wie Rechtsanwältin Michaela Braun-Noviello von der Kanzlei Leitmann & Braun-Noviello aus Heidelberg erläuterte, unter anderem darauf zu achten, dass der Entsandte seine gewöhnliche Arbeitstätigkeit im Entsendestaat ausübt, keinen anderen Entsandten ablöst und der Auftragsgeber in Deutschland dem Arbeiter keine Weisungen erteilt. Andernfalls kann die Entsendung von den Behörden als Arbeitnehmerüberlassung eingestuft werden, was auch zu zusätzlichen Steuerpflichten führen kann.
Steuer- und strafrechtliche Bedingungen
Um Entsendungen von Deutschland nach Rumänien rechtmäßig durchzuführen, müssen die drei beteiligten Personen (Arbeitnehmer sowie die entsendende deutsche Gesellschaft und die aufnehmende rumänische Gesellschaft) zu verschiedenen Zeitpunkten (vor der Abreise nach Rumänien, nach der Einreise in Rumänien und nach der Abreise) bei verschiedenen Behörden beider Länder (Finanzbehörden, Sozialversicherungsträger, Arbeitsinspektorat etc.) unterschiedliche Anmeldungen vornehmen bzw. Anträge stellen. Die Einzelheiten hierzu wurden von Rechtsanwalt Dr. Gisbert Stalfort von STALFORT Leagal. Tax. Audit aus Bukarest/Berlin erläutert. Wenn diese Anmeldungen unterbleiben, können Ordnungsstrafen verhängt, Steuern und Sozialversicherungsbeiträge zzgl. Strafen und Verzugszinsen nachgefordert werden sowie Doppelbesteuerungen entstehen. In diesem Zusammenhang wies Stalfort darauf hin, dass ab dem 01.01.14 weitreichende und präzise Regeln für die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch zwischen den deutschen und den rumänischen Finanzbehörden gelten (einschließlich automatisiertem Datenaustausch etc.). Alle natürlichen Personen und Unternehmen, die zwischen Deutschland und Rumänien sowie innerhalb der gesamten EU grenzüberschreitend tätig sind, sollten sich ab sofort besonders intensiv über ihre steuerrechtlichen Pflichten informieren und gesetzeskonform handeln.
Steuersünder könnten durch die neuen Regelungen schnell identifiziert und nachfolgend sanktioniert werden.
Auf strafrechtliche Regelungen für Unternehmen in Rumänien ging abschließend Rechtsanwalt Dr. Sergiu Bogdan, Prodekan der Rechtsfakultät der Babeş-Bolyai Universität in Klausenburg, ein. Ein besonderer Hinweis hierbei war, dass neben den direkten strafrechtlichen Konsequenzen für Verstöße gegen Arbeitnehmerschutz, Behinderung von Behörden, Anstellung von Schwarzarbeitern u. a., auch weiter Zusatzstrafen folgen können, die unter Umständen schwerer wiegen. Hierzu zählen der mögliche Verlust des Teilnahmerechts an öffentlichen Ausschreibungen, Betriebsstättenschließungen, die Blockierung von EU-Mitteln oder gar die Forderung nach Rückerstattung für bereits gewährte Finanzierungen aus öffentlichen Mitteln (letztere Regelung ist wegen der Rückwirkung wohl nicht ganz verfassungskonform, wurde aber noch nie angewandt).