Bukarest/Wolfsburg (ADZ/dpa) - Der Volkswagen-Konzern sucht derzeit trotz des auf Eis liegenden Vorhabens eines neuen Produktionswerkes in der Türkei nicht nach einem Ersatzstandort. „Wir sind derzeit nicht dabei, alternative Standortplanungen zu machen“, sagte Markenproduktionschef Andreas Tostmann am Dienstag vergangener Woche in Wolfsburg. Die Entscheidung liege weiter auf Eis. „Wir sind in einer sorgfältigen Beobachtungsphase“, sagte Tostmann, der keinen detaillierten Zeitrahmen für eine Entscheidung nennen wollte. Nach dem Einmarsch der türkischen Armee in Nordsyrien hatte der Konzern den endgültigen Zuschlag für den Bau des seit Längerem geplanten Mehrmarkenwerkes für Südosteuropa aufgeschoben.
Vier Länder haben die Nachricht zur Kenntnis genommen und nun konkurrieren Serbien, Bulgarien, Rumänien sowie Kroatien, als jüngster Teilnehmer, um die 1,4 Milliarden Euro Investition. Für jedes der vier Länder, die alle deutlich unter der durchschnittlichen Wirtschaftsleistung pro Kopf in der Europäischen Union liegen, wäre das Werk ein wichtiger Impuls für die Wirtschaft. Bulgarien, das auch in der engeren Auswahl für den Standort war, hat sich inzwischen mit einem mutmaßlich aufgebesserten Subventionsangebot für die Standortbedingungen wieder ins Spiel zu bringen versucht.
Die rumänische Premierministerin Viorica Dăncilă teilte mit, dass die Regierung sich mit der VW-Geschäftsführung in Verbindung gesetzt habe. Handels- und Unternehmerminister Radu Oprea reiste zu diesem Zweck nach Deutschland, um das Angebot Rumäniens vorzulegen. Am Montag hat Oprea vom Parlament gefordert, eine Erklärung anzunehmen, welche die Bestreben, die Volkswagen-Investition nach Rumänien zu lenken, stützen solle. Laut der Nachrichtenseite profit.ro, die sich auf offizielle Quellen bezieht, gehen die rumänischen Amtsträger davon aus, dass Rumänien höhere Subventionen als Bulgarien bieten könne.
Dăncilă betonte vergangene Woche, dass Rumänien verschiedene Vorteile bietet, ohne dabei weitere Einzelheiten zu nennen. Sie beschuldigte jedoch auch die Opposition und den Präsidenten Klaus Johannis für einen eventuellen Misserfolg bei der Gewinnung der VW-Investitionen mit der Begründung, dass der Automobilhersteller durch mangelnde Planungssicherheit und politische Turbulenzen erschüttert werden könnte.
Gheorghe Falcă, PNL-Europa-Abgeordneter und ehemaliger Bürgermeister von Arad nannte sogar einen vorgeschlagenen Standort für das VW-Werk in der Nähe von Arad. Die lokalen Behörden hätten 1100 Hektar Land für die mögliche Investition reserviert.
Am Montag gab das Magazin „Automotive News Europe“ unter Bezug auf anonym gehaltene Quellen an, dass die Produktion des Passat-Modells, welches in der Türkei hergestellt werden sollte, möglicherweise in die Slowakei verlegt werden könnte. Volkswagen will in einer Aufsichtsratssitzung in dieser Woche über die weitere Planung für das neue Werk entscheiden.