Das Gesetz Nr. 11/1991 über den unlauteren Wettbewerb stellt eines der wichtigsten Instrumente des rumänischen Wettbewerbsrats (Consiliul Concurenței) zur Überwachung und Regulierung des Wettbewerbes auf dem rumänischen Markt dar. Anfang Juni wurde der Entwurf einer Dringlichkeitsverordnung („DVO“) zur Änderung und Ergänzung der zwei o. g. Gesetze zur Konsultation veröffentlicht. Es folgt eine Übersicht der vorgeschlagenen Änderungen.
Überlegene Verhandlungsposition
Der Begriff „überlegene Verhandlungsposition“ soll eingeführt, bzw. deren Ausnutzung sanktioniert werden.
Bislang konnte in Rumänien nur der Missbrauch einer beherrschenden Stellung (abuz de poziție dominantă) sanktioniert werden. Diese setzt allerdings grundsätzlich einen Marktanteil von mehr als 40 Prozent voraus, sodass Unternehmen, die diese Schwelle nicht erreichten, im Hinblick auf ihre Geschäfts- und Verhandlungspraktiken nicht unbedingt betroffen waren.
Laut der gesetzlichen Definition bedeutet eine „überlegene Verhandlungsposition“ die Situation eines nicht marktbeherrschenden Unternehmens, die auf den Eigenschaften des spezifischen Markts beruht und das Auftreten von Ungleichgewichten begünstigt. Beispielsweise werden folgende Fälle genannt:
(i) die spezifische Struktur der Produktions- oder Vertriebskette;
(ii) die Anfälligkeit gegenüber äußeren Einflüssen;
(iii) die Verderblichkeit oder Saisonabhängigkeit von Produkten;
(iv) das spezifische Verhältnis zu Unternehmen auf unterschiedlichen Märkten.
Das o. g. Verhältnis ist anhand folgender kumulativer Kriterien zu analysieren:
- die Existenz eines Machtungleichgewichts, z. B. infolge der Unternehmensgröße oder Marktstellung;
- die Wichtigkeit der Beziehung für den Geschäftsablauf des anderen Unternehmens, z. B. bei erheblichem Anteil der Ein- oder Verkäufe an seiner Tätigkeit, der Maßgeblichkeit der Produkte oder Leistungen für seine Tätigkeit oder bei vorherigen erheblichen Investitionen im Hinblick auf das Rechtsgeschäft;
- die Schwierigkeit oder sogar Unmöglichkeit von Alternativlösungen für das andere Unternehmen.
Tatbestand der Ausnutzung
Laut Entwurf gilt die Ausnutzung einer überlegenen Verhandlungsposition als unlauterer Wettbewerb, wenn sie dem Geschäftspartner einen erheblichen Schaden verursachen oder den ordentlichen Wettbewerb beeinträchtigen kann. Als Beispiele werden folgende Handlungen oder Unterlassungen beschrieben:
(i) unbegründete Weigerung zu Lieferung oder Erwerb von Produkten oder Dienstleistungen;
(ii) Nichtbeachtung von Vertragsklauseln betreffend Zahlung, Lieferung oder Erwerb;
(iii) Auferlegung ungerechtfertigterweise belastender oder diskriminierender Bedingungen angesichts des Vertragsgegenstands;
(iv) unbegründete Änderung oder Beendigung der Geschäftsbeziehungen.
Der Wettbewerbsrat ist frei, auch andere Fälle als Ausnutzung der überlegenen Verhandlungsposition anzusehen.
Eine Sanktionierung ist jedoch nur dann möglich, wenn die Handlungen ein öffentliches Interesse beeinträchtigt. Dies wird im Einzelfall aufgrund von Kriterien wie z. B. die „soziale Gefahr“, die Wichtigkeit oder Dimension des Marktes, die Anzahl der involvierten Unternehmen, die Dauer des Verhaltens usw. ermittelt. Bei Feststellung der Verletzung des öffentlichen Interesses erfolgt eine detaillierte Untersuchung auf Anordnung des Vorsitzenden der Behörde, der den Betroffenen zugestellt wird.
Sanktionen
Die o. g. Handlungen werden mit folgenden Geldbußen sanktioniert:
- zwischen 0,01 und 1 Prozent des Umsatzes des Jahres vor der Ausnutzung, jedoch nicht weniger als 5500 Lei (ca. 1100 Euro) und nicht mehr als 100.000 Lei (ca. 20.000 Euro) für juristische Personen;
- zwischen 5500 Lei und 11.000 Lei (ca. 2200 Euro) für natürliche Personen.
Erkennt der Zuwiderhandelnde die Ordnungswidrigkeit an, kann die Sanktion um 10 bis 20 Prozent reduziert werden. Die Reduzierung fällt jedoch weg, wenn der Bußgeldbescheid auf dem Rechtsweg angefochten wird.
Fazit
Der Entwurf zur Änderung und Ergänzung des Wettbewerbsrechts verschafft Unternehmen Munition gegen missbräuchlich agierende Vertragspartner, die keine marktbeherrschende Position haben, jedoch von besonderer Wichtigkeit für ihre Tätigkeit sind. Andererseits sind wegen des (gezwungenermaßen) abstrakten Gesetzeswortlauts verschiedene Auslegungen und damit auch ein missbräuchlicher Einsatz denkbar. Auch besteht derzeit Unklarheit, wann und wie das Vorliegen eines öffentlichen Interesses festgestellt werden kann; dies kann nur die Praxis klären. Tritt die Änderung in Kraft, werden Leitlinien der Wettbewerbsbehörde zur Ermittlung der Voraussetzungen erforderlich sein.
Bedeutende Unternehmen müssen die neuen Regelungen im Auge behalten. Ein Verstoß hiergegen kann nicht nur Sanktionen, sondern auch Imageschäden herbeiführen und aus Compliance-Gründen bedenklich sein.
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