Gourmets auf der Suche nach den delikatesten Pilzen müssen sich entweder als sogenannte „Schwammerlsucher“ in die Wildnis wagen oder sie wählen den schnelleren und einfachen Weg: Ein Besuch beim örtlichen Feinkostladen, wo man, natürlich zu gehobenen Preisen, die Comestibles ohne Mühe erwerben kann. Die Mühe machen sich dann andere, wie etwa der Pilzhändler Nicolae Bâlc (29). Er fungiert als Mittelmann, baut die Kontakte zwischen rumänischen Sammlern aus Siebenbürgen und Käufern aus dem deutschsprachigen Raum auf. Allein im Juli lieferte er 1,3 Tonnen Pfifferlinge an seinen deutschen Partner - ein Gemüsegroßhändler mit Sitz in Berlin. „Es war eine bescheidene Lieferung“, sagt der junge Händler. Der Grund war die geringe Nachfrage. Diese sei saisonbedingt.
Vor einem Jahr ist Nicolae Bâlc in das Pilzgeschäft eingestiegen. Davor hatte er sechs Monate lang ein Praktikum bei der gemeinnützigen Nonprofit-Organisation „EkoConnect“ in Dresden gemacht. Sie agiert als Informations- und Netzwerkzentrum für den Austausch von Informationen, Wissen und Erfahrungen im Sektor des ökologischen Landbaus, der Tierhaltung, der Verarbeitung, der Organisationen und der Vermarktung. Der damals 28-Jährige suchte nach einer lukrativen Geschäftsidee und einer Möglichkeit, den rumänischen Landwirtschaftssektor zu fördern. Er selbst stammt aus einer Bauernfamilie. Mit sieben half er bereits seinen Eltern auf dem Markt, mit elf stand er alleine hinter der Theke und verkaufte Gemüse und Obst aus Eigenanbau. „Ich erzählte damals meinem Vorgesetzten von meinem Vorhaben und er setzte mich mit einem Berliner Händler in Verbindung.“ Im Gespräch erfuhr er von der hohen Nachfrage an Pilzen aus Wildsammlung.
Zurück in Rumänien analysierte Nicolae Bâlc den Markt, erkundigte sich nach Personen, die Waldpilze sammeln und besuchte sie vor Ort, um sich einen Eindruck von der Ware zu machen. „Die größte Herausforderung ist es, die Anforderungen der deutschen Kunden zu erfüllen“, sagt er. „Es ist nicht nur wichtig, woher die Pilze stammen, sie müssen auch ästhetisch gut ausschauen.“ Denn das sagt viel über die Beschaffenheit der Pilze aus. Ihre Qualität hängt von vielen Faktoren ab. Nicht nur Wetter und Jahreszeit spielen dabei eine wichtige Rolle. Auch wilde Tiere und Insekten können eine erfolgreiche Ernte beeinträchtigen. Darum ist auch das Geschäft äußerst riskant. Erfahrung spielt für das gute Gelingen die wichtigste Rolle.
Die Rumänien-Europa-Connection
Nicolae Bâlc fehlt noch diese Erfahrung, die man mit den Jahren gewinnt. Er macht es allerdings mit Enthusiasmus wieder wett. Im Frühjahr kaufte er sich einen Transporter mit Frischdienst, um die Pilze direkt nach Deutschland liefern zu können. Momentan macht er die Lieferungen selbst, hofft aber später, sobald das Geschäft durchstartet, einen Fahrer zu beschäftigen. In diesem Jahr hat er sechs Mal geliefert, wobei vier Mal die Pilzsammler selbst die Ware nach Deutschland fuhren.
Feinkostläden in Rumänien sucht man noch vergebens. Es gibt wenige Ausnahmen, doch wer in Rumänien Waldpilze erwerben möchte, muss direkt zu den Sammlern oder selber als Sammler in den Wald gehen. Letzteres ist nicht ganz ungefährlich. Wer keine Ahnung von Pilzen aus Wildsammlung hat, kann die falschen, die giftigen Sorten sammeln und landet schnell im Krankenhaus. „Die Nachfrage ist eher im Westen groß“, erklärt Nicolae Bâlc. „Ich liefere auch nur in Regionen, wo es eine Tradition gibt.“
Bestände aus Osteuropa werden meistens deswegen eingekauft, um möglichst das ganze Jahr über Waldpilze im Angebot zu haben. Je nach Land variieren die Zeiträume, in denen die Pilze wachsen. In Deutschland fängt erst Ende August die Saison an, während sie in Rumänien im Mai oder Juni beginnt, je nachdem wie das Wetter ist.
Momentan sucht Nicolae Bâlc nach weiteren Kunden aus dem Ausland. Vor Kurzem hat ein Schweizer Händler Interesse an einer Zusammenarbeit bekundet. Der aus Perjamosch/Periam stammende Nicolae Bâlc möchte die Tradition seiner Familie fortführen und dabei europäisch denken. Durch Zusammenarbeit die rumänische Landwirtschaft fördern und gleichzeitig den Bedarf anderer EU-Länder decken.