„Die PDL hat in den vergangenen zwei Tagen den Beweis erbracht, warum sie die wichtigste Partei Rumäniens ist und sie allein fähig ist, eine wahre Reform durchzuführen“, beginnt Ex-Entwicklungsministerin Elena Udrea ihren Blog-Eintrag am 7. Februar. Zweifelsohne stellt der freiwillige Rücktritt der PDL-Mitglieder aus dem Kabinett Boc eine bis dato nicht gesehene Leistung dar. Sie sind alle weg: Die stets modisch und teuer gekleidete Tourismusministerin, der fröhlich schaufelnde oder Sense schwingende Premier, die Klagelieder „singende“ Transportministerin oder der die Apokalypse beschwörende Innenminister. Der das Volk beschimpfende Außenminister wurde vorher geschasst. Dieser Abgang hat manche Journalisten traurig gestimmt. Über wen schimpft man nun, wen lacht man aus, wenn die alte, hoch politisierte Garde abgetreten ist und durch „junge, in ihrem Bereich gut vorbereitete Spezialisten“, wie Elena Udrea schwärmt, ersetzt wurde?
Doch irrte sich der, der eine langweilige Technokraten-Regierung für die nächsten Monate prophezeit hat. Gerade das suggerierte doch die Ex-Ministerin Udrea in ihrer Blog-Meldung: „Vor allem haben wir gezeigt, dass wir uns nicht an die Macht klammern“. Einen Tag später stellte sich der designierte Premierminister Mihai Răzvan Ungureanu der Presse und las die Liste der dem Parlament vorgeschlagenen Kabinettsmitglieder vor. Wahrlich, diese enthielt keinen einzigen bekannten PDL-Namen. Doch fehlte ihr genauso jegliches Anzeichen für ein Technokraten-Kabinett. Alle neuen Gesichter der Ungureanu-Regierung entstammen der zweiten oder der dritten Reihe derselben PDL. Wahrscheinlich deswegen durfte der neue Hoffnungsträger des Landes auch nur als zweiter Mann die neue Regierung vorstellen. Der PDL-Vorsitzende Boc hatte diese Aufgabe bereits wenige Minuten zuvor erledigt.
Die neuen Minister seitens des PDL sind wirklich jung – der älteste ist mit 45 Jahren der Bildungsminister, Cătălin Baba. Der Kabinettschef Ungureanu (43) ist der Meinung, die neue Regierung sei schon deswegen vertrauenswert, weil die Minister „im Ausland studiert haben und mindestens eine Fremdsprache sprechen“. Selbstverständlich sind sie alle „außergewöhnliche Spezialisten“. Wie zum Beispiel der Entwicklungs- und Tourismusminister, Cristian Popescu, der mit 34 Jahren einen Abschluss in Sportwissenschaften hat. Oder der Wirtschaftsminister Lucian Bode, der eine Fakultät für Elektrotechnik und Informatik beendete. Zum Vergleich: Der neue Kommunikationsminister, Răzvan Mustea-Şerban, hat nicht nur ein abgeschlossenes Wirtschaftsstudium, sondern auch einen Doktortitel.
Langweilig wird es mit den neuen Ministern bestimmt nicht werden. Der neue Transportminister, Alexandru Nazare, ein Politikwissenschaftler, stellt sich in seinem Blog im James-Bond-Stil vor: „Freunde nennen mich Nazare, Alexandru Nazare“. Er lässt seine Begeisterung für die Astrologie durchblicken und beichtet seine Flugangst. Der Finanzminister, Bogdan Drăgoi, ist Fachmann für internationale Beziehungen und Ökonomie und hat, wie sein Kabinettskollege Mustea-Şerban, eine Vorliebe für teure Uhren und schnelle Autos: Gemeinsam besitzen sie Chronometer im geschätzten Wert von 75.000 Euro, aber auch einen Porsche und einen Jaguar.
Die Ex-Entwicklungsministerin gibt der neuen Regierungsmannschaft drei Aufgaben: „Alles zu tun, um die Lebensqualität der Bevölkerung zu steigern, dem Volk das Vertrauen in die Fähigkeiten der staatlichen Institutionen wiederzugeben und die Reformen weiterzuführen“. Sie selbst und ihre gewesenen Regierungskollegen wollen sich indessen der Steigerung des Partei-Ratings widmen.
Am Donnerstag, um 14:28 Uhr, wurden die Abstimmungsergebnisse des halben Parlaments – die Opposition nahm an der Sitzung nicht teil – verkündet: Mit 237 Stimmen für und zwei dagegen bestätigten die „Volksvertreter“ die neue Regierung. Das „jüngste Kabinett seit der Revolution 1989“, wie Elena Băsescu über Twitter jubelte, bekam ganze fünf Stimmen mehr, als es gebraucht hat. Diese verdankt das Kabinett in erster Linie den Mitgliedern der Minderheitenfraktion, die sich im letzten Moment für die Unterstützung der neuen Regierung entschieden haben. Der Abgeordnete der deutschen Minderheit, Ovidiu Ganţ, nahm an der Abstimmung nicht teil, gemäß dem Beschluss des Vorstandes des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien.
Nun hat Rumänien eine neue Regierung, wie der stellvertretende Vorsitzende der Abgeordnetenkammer, Ioan Oltean, auf einem Flur des Parlaments und vor laufenden Kameras ins Handy posaunte. Dieses Kabinett wird wohl oder übel mit der Alltagsarbeit beginnen müssen. Berechtigte Skepsis an der Eigenständigkeit der neuen Minister erlauben es, an einem Kurswechsel der Regierung zu zweifeln. Ungewiss ist auch das künftige Verhältnis des „Siegespalastes“ zum Schloss Cotroceni: In wieweit hat der parteilose Premier die Macht in einer eindeutig politischen Regierung? Dies ist wahrscheinlich eine rhetorische Frage.
Was erwartet uns, die Bewohner dieses Landes, in den kommenden Monaten? Eines ist sicher: Es kommen die Lokalwahlen. Gewiss haben Bürgermeister verschiedener politischer Couleur Tonnen von Wahlasphalt vorbereitet, der möglicherweise auf einigen Straßen sogar die Wahlen überleben wird. Bis dahin kann die Koalitionsregierung, mit der PDL an der Spitze, für ein höheres Partei-Rating sorgen. Gehalts- und Rentenerhöhungen winken schon aufgrund der von der Minderheitenfraktion gestellten Bedingung für die Unterstützung der Regierung im Parlament. Indessen müssen wir uns an die neuen Namen und Gesichter in der Regierung gewöhnen, auch wenn nur bis zu den nächsten Parlamentswahlen. Wann auch immer sie angesetzt werden.