„Bildung made in Europe“, „Educa]ie made in Europe“: Die Plakate links und rechts der Bühne im Karl-Singer-Saal des Adam-Müller-Guttenbrunn-Hauses sind auf „Lenau-Deutsch“ geschrieben. So nennt sich nämlich die Sprache, die alle Schüler und Absolventen der deutschen Nikolaus-Lenau-Schule in Temeswar/Timișoara sprechen – ein buntes Gemisch aus Rumänisch, Deutsch und Englisch. Kaum passender hätte man die Plakate, die für die Deutsche Spezialabteilung (DSA) werben, gestalten können. Seit mehr als 25 Jahren wird in Rumänien auch nach Lehrplänen der Bundesrepublik Deutschland unterrichtet - an den beiden Deutschen Spezialabteilungen in Temeswar und Bukarest, die ein Bildungsmodell verkörpern, das für Qualität, interkulturelle Kompetenz und europäische Perspektiven steht.
Am vergangenen Donnerstag fand im AMG-Haus in Temeswar ein ganz besonderes Jubiläum statt: Die Deutschen Spezialabteilungen in Rumänien feierten ihr mehr als 25-jähriges Bestehen. Der Saal war feierlich geschmückt, erfüllt von erwartungsvoller Atmosphäre und geprägt von vielen Begegnungen – zwischen ehemaligen und aktiven Lehrkräften, Absolventen, Schülern sowie Vertretern aus Politik, Bildung und Verwaltung. Als Gastgeber fungierte Frank Lembke, der derzeitige Leiter der DSA in Temeswar, ihm zur Seite stand Elmar Wulff, Leiter der DSA am Goethe-Kolleg in Bukarest.
Der deutsche Botschafter in Bukarest, Dr. Peer Gebauer, konnte nicht zugegen sein – sein Grußwort verlas die deutsche Konsulin in Temeswar, Regina Lochner. „Die Existenz der Deutschen Spezialabteilungen zeigt, welch hohen Stellenwert die deutsche Sprache und Kultur und auch das deutschsprachige Schulwesen im Banat und in ganz Rumänien genießen. Als eine von sechs exklusiven deutschen Profilschulen weltweit, die einen doppelten Schulabschluss anbieten, eröffnet das Nikolaus-Lenau-Lyzeum seinen Schülerinnen und Schülern nicht nur hervorragende Zukunftsperspektiven. Es ist in diesen turbulenten Zeiten zugleich auch ein wichtiges Symbol der deutsch-rumänischen Verbundenheit“, hieß es seitens des deutschen Botschafters. Zu Wort kam auch der Beauftragte für Auswärtige Kulturpolitik im Auswärtigen Amt, Stefan Rössel. „Schulen wie Ihre sind ein ganz zentraler Bestandteil der auswärtigen Kultur- und Gesellschaftspolitik der Bundesrepublik, sie sind wichtige Orte der Sprachverbindung, der Begegnung, des gemeinsamen Lernens, sie schaffen nachhaltige Verbindungen zwischen den Gesellschaften über Grenzen hinweg“, betonte er.
Zu den Entscheidungsträgern, die in erheblichem Maße zur Gründung der Deutschen Spezialabteilung am 1. September 2000 in Temeswar beigetragen haben, gehört der deutsche Abgeordnete im rumänischen Parlament, Ovidiu Ganț. Ovidiu Ganț, dessen Kinder beide die DSA abgeschlossen haben, berichtete von den Anfängen der Spezialabteilung in Temeswar – er war Direktor der Lenau-Schule und wandte sich an den damaligen Bildungsminister, auch die Lenau-Schule möge eine Spezialabteilung bekommen. Es geschah schnell, denn auch damals stand Rumänien vor den Wahlen und Änderungen im Bildungsministerium hätten wohl das Projekt zum Scheitern gebracht. „Es war ein großartiger Erfolg. Die Perspektive, die die Spezialabteilung den jungen Leuten öffnet, ist einmalig“, sagte der Abgeordnete, der sich im Laufe der Zeit auch für das Weiterbestehen der DSA stark machen musste.
„Die DSA in Bukarest und Temeswar waren und sind in der rumänischen Bildungslandschaft etwas Besonderes“, hob Dr. Alexandru Szepesi, Leiter des Generalamts für Minderheiten im rumänischen Bildungsministerium, hervor. Dabei erwähnte er u.a. das Berufspraktikum und die zahlreichen Schüleraustausche, aber auch die Art und Weise, wie an der DSA unterrichtet wird. „Die Absolventen können als Brückenbauer zwischen den beiden Ländern agieren“, fügte er hinzu. „Sicherheit, Gewissheit, Verlässlichkeit: Solche konstanten Größen sind seit über 25 Jahren die beiden Spezialabteilungen in Rumänien. Die beiden Institutionen fühlen sich in besonderer Weise der Bildung der Schülerinnen und Schüler verpflichtet“, sagte Oliver Class, Beauftragter für Deutsch-Profil-Schulen in der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen. Auch in den Gesprächen am Rande des Festakts wurde deutlich, wie wichtig die deutsch-rumänische Bildungskooperation ist.
Ein Höhepunkt des Abends war die Vorstellung des Buchs „Mehr als ein Vierteljahrhundert Deutsche Spezialabteilungen in Rumänien“ durch den DSA-Leiter in Temeswar, Frank Lembke, und den DSA-Leiter am Goethe-Kolleg in Bukarest, Elmar Wulff. Beide führten das Publikum mit persönlichen Eindrücken und klugen Reflexionen durch die Geschichte der DSA. Die Publikation zeigt, wie sich dieses Schulmodell – weit über die klassische Auslandssprachförderung hinaus – als Raum für interkulturelles Lernen und institutionelle Partnerschaft entwickelt hat.
Seit ihrer Gründung ermöglichen die Deutschen Spezialabteilungen in Rumänien jungen Menschen nicht nur das rumänische Bakkalaureat, sondern auch das deutsche Abitur – ein Doppelabschluss, der Türen in ganz Europa öffnet. Etwa 400 Schülerinnen und Schüler besuchen derzeit die beiden Spezialabteilungen in Temeswar und Bukarest. „Mehr als ein Vierteljahrhundert Deutsche Spezialabteilungen in Rumänien“ wurde vorige Woche nicht nur gefeiert, sondern auch als Auftrag verstanden, den Weg gemeinsam weiterzugehen.