Feier für einen Brückenbauer zwischen den Kulturen

Prof. Radu Băcilă blickt auf eine vielfältige Tätigkeit zurück

Dem emeritierten Hochschullehrer Radu Băncilă gratulierte zu Beginn der Feier der Rektor der TU „Politehnica“, Florin Drăgan.

Prof. Dr. Radu Băncilă und seine Gattin, die Ärztin Ioana Zosin Fotos: Reload Concept

Am vergangenen Donnerstag, dem 8. Mai, stand der Senatssaal der Technischen Universität „Politehnica“ in Temeswar/ Timi{oara ganz im Zeichen der Würdigung eines Mannes, dessen Lebenswerk tiefe Spuren in der rumänisch-deutschen Hochschullandschaft hinterlassen hat. Professor Dr. Radu B²ncil², emeritierter Hochschullehrer, Gründer der deutschsprachigen Abteilung für Bauingenieurwesen und Träger zahlreicher Auszeichnungen, wurde 80 Jahre alt – Anlass genug für die Universität, ihm eine feierliche Gala zu widmen.

In warmem Licht empfing der festliche Senatssaal am Opernplatz zahlreiche Gäste: Angehörige, Freunde, Kollegen, ehemalige Studierende und Vertreter aus dem In- und Ausland waren gekommen, um einem außergewöhnlichen Menschen zu gratulieren. Die Atmosphäre war geprägt von großer Wertschätzung, aber auch von persönlichen Erinnerungen und Herzlichkeit. Zu Recht hatte der Prodekan der Fakultät für Bauingenieurwesen an der „Politehnica“, Prof. Dr. Sorin Herban, behauptet: „Nicht alle herausragenden Menschen haben auch ein herausragendes Herz. Doch Professor B²ncil² hat es.“ Dass dies so stimmt, das wissen Bekannte und Freunde des Hochschullehrers ganz genau. Auch der Rektor der TU „Politehnica“, Prof. Dr. Florin Dr²gan, hob in seiner Rede vor allem die menschliche Seite Radu B²ncil²s hervor, der einen erheblichen Beitrag zur Initiierung und Festigung der deutsch-rumänischen Beziehungen auf Hochschulebene geleistet hat. Die Veranstaltung wurde vom Dozenten Dr. Edward Petzek, dem Nachfolger Radu B²ncil²s bei der Abteilung für Bauingenieurwesen in deutscher Sprache, moderiert, der dem Gefeierten ein Geschenk überreichte: eine lustige Karikatur, auf der er und seine Frau, die Fachärztin für Endokrinologie Prof. Dr. Ioana Zosin, auf einer Brücke abgebildet sind.

Freunde von nah und fern waren gekommen, um den Professor zu würdigen. Darunter auch der Bürgermeister von Törzburg/Bran, Ioan-Cosmin Feroiu, der über die „Familie B²ncil², eine bekannte und ehrwürdige Familie“, sprach. In Törzburg bei Kronstadt/Bra{ov hatte Radu B²ncil² einen Obelisken für seine Familie gestiftet – von dort war nämlich sein Vater gebürtig. Bei der Feier anwesend war auch der Prodekan der Fakultät für Bauingenieurwesen an der Transilvania-Universität in Kronstadt, Doz. Dr. Dorin Rad, der an der TU „Politehnica“ unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. B²ncil² promoviert hat.

In seiner fast einstündigen Ansprache ganz am Ende der Veranstaltung zeigte sich Professor Radu B²ncil² sichtlich bewegt. Mit ruhiger Stimme sprach er über das, was ihn geprägt hat – seine Herkunft, seine Ausbildung und die Begegnungen seines Lebens. Besonders wichtig sei ihm der Preis, den er im Rahmen des 100-jährigen Bestehens der Universität erhalten habe, sagte er: „Ich wurde von einer auserlesenen Jury, bestehend aus drei Akademiemitgliedern, gewählt. Der Preis ist ähnlich wie ‚Ein Mann des Jahres‘ der Universität.“ Eine besondere Auszeichnung sei auch das Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland gewesen, das Radu B²ncil² 2012 im Beisein des damaligen deutschen Botschafters in Bukarest, Andreas von Mettenheim, entgegennahm.

Er erinnerte an die Anfänge seiner Ausbildung – daran, wie sein Vater ihn 1952, inmitten der Nachkriegszeit, mutig auf eine deutsche Schule schickte.  Es war die Grundschule Nr. 16 am Lahovary-Platz. „Ich war der einzige Rumäne in meiner Klasse, wurde aber schnell integriert“, so B²ncil², der 1962 die Nikolaus-Lenau-Schule abgeschlossen hat. Die Schulbildung war der Grundstein für eine deutsch-rumänische Brückenbaukarriere, die weit über Sprachgrenzen hinausging.

Als Professor für Stahl- und Brückenbau widmete sich der emeritierte Hochschullehrer über fünf Jahrzehnte dem Hochschulwesen. Eine seiner bedeutendsten Leistungen auf professioneller Ebene war definitiv die Gründung der deutschsprachigen Abteilung an der Fakultät für Bauwesen im Jahr 1991 – ein Projekt, das als „Illusion“ begann und das heute als Symbol erfolgreicher interkultureller Bildungsarbeit gilt. Die Abteilung war damals der erste nicht-germanistische deutschsprachige Studiengang in Rumänien. Mittlerweile wurden 29 Absolventen-Serien verabschiedet – und mehr als 40 Studierende haben ein deutsch-rumänisches Doppeldiplom in der Tasche. „Deutsch als europäische Sprache, Deutsch als meine Bildungssprache, Deutsch als Umgangssprache im Banat – der Rest der Geschichte ist bekannt“, sagte er. In erheblichem Maße habe ihn sein Doktorvater, Prof. Dr. Dan Mateescu, geprägt, ein Mann, der sich in Deutschland ausbilden ließ und dessen Wissen er auch an die rumänischen Studierenden vermittelte – Radu B²ncil² war einer davon.

Der Hochschullehrer Radu B²ncil², der sich mittlerweile in den Ruhestand zurückgezogen hat, betreut nach wie vor Doktorarbeiten. Seine besten Studierenden sind heute seine engsten Mitarbeiter – und mittlerweile auch seine Freunde. In seiner Rede hob der Professor, der sich für die Wiederertüchtigung historischer Brücken stark macht, auch die Freundschaften hervor, die er im Laufe der Jahre pflegte: „Ich sprach über Freundschaft, ein sehr wichtiges Konzept für mich! Freundschaft zur Universität ´Politehnica´, zur TU München, mit der es ein Doppeldiplom gibt, zur Europäischen Union, an die ich fest glaube.“

Von seinen Kollegen hervorgehoben wurden auch die sportlichen Leistungen von Professor B²ncil². Der Professor, der jahrelang nur zur Entspannung Tennis spielte, war in seiner Jugend ein herausragender Schwimmer gewesen. Als Mitglied des Sportvereins der Wollindustrie (Industria Lânii – ILSA) wurde er 1962 Vizelandesmeister im Brustschwimmen. Jahrelang spielte er auch Polo, ebenfalls bei der ILSA. „Sport war für mich wichtig. Ich habe gelernt, dass man, wenn man gewinnen will, ehrlich arbeiten muss und man auch verlieren kann“, sagte Radu B²ncil². Diese sportliche Fairness prägte auch seinen Umgang mit Kollegen, Freunden, Studierenden.

Am Ende bedankte sich der Jubilar bei allen Wegbegleitern – sichtlich gerührt, aber mit jener leisen Ironie, die ihm viele attestieren. Als Abschluss seiner Rede zitierte er Ernest Hemingway: „Die Zeit, unser einziger Reichtum, muss gänzlich verschwendet werden, als Entgelt für die Aneignung der einfachsten Dinge … Der Tropfen Neuigkeit, den jeder von uns auf der Erde sammelt, ist unbezahlbar.“

Die Feier für Professor B²ncil² war mehr als ein Jubiläum – sie war ein eindrucksvoller Beleg dafür, wie viel ein einzelner Mensch in Bildung, Kultur und Völkerverständigung bewegen kann. Radu B²ncil² hat Brücken gebaut – nicht nur aus Stahl, sondern vor allem zwischen Menschen und Kulturen.