Das Trio Musica Viva, bestehend aus der Pianistin Andreea Butnaru, dem Geiger Alexandru Mălaimare und dem Cellisten Florin Mitrea, ist mit dem ehrgeizigen Projekt einer vier Abende umfassenden Konzertreihe an die Öffentlichkeit getreten: Am vergangenen Samstag fand im George Enescu-Saal der Nationalen Musikuniversität Bukarest die Eröffnungsveranstaltung dieser Konzertreihe statt, die im Laufe der Monate Januar bis April sämtliche Klaviertrios von Ludwig van Beethoven in Bukarest und Mogoşoaia zu Gehör bringen wird.
Jeder Abend dieser Konzertreihe, die außer von der Bukarester Musikuniversität auch vom Musical Institute for Doctoral Advanced Studies (MIDAS) unterstützt und gefördert wird, steht unter einem besonderen Motto. Der Eröffnungsabend stand im Zeichen von „Jugend und Optimismus“, während die folgenden Konzertveranstaltungen mit den Titeln „Fantasien und Kontraste“, „Drama, Heldentum und Größe“ sowie „Szenen und Gestalten“ überschrieben sind.
Der Rektor der Bukarester Musikuniversität, Prof. Dr. Dan Dediu, präsentierte in seiner einführenden Ansprache nicht nur das Programm des Abends, sondern stellte auch die beteiligten Musiker einzeln vor: die Pianistin Andreea Butnaru, die auf dem Berliner Enescu-Festival 2005 mit dem würdevollen Titel „Artist de Onoare al României“ (Ehrenkünstler Rumäniens) ausgezeichnet wurde und derzeit, neben ihrer umfangreichen Lehr- und Konzerttätigkeit, an einer musikwissenschaftlichen Studie über Beethovens Klaviertrios arbeitet; den jungen und höchst talentierten Geiger Alexandru Mălaimare, der beim Internationalen Violinwettbewerb „Remember Enescu“ 2005 den ersten Preis errungen hat; und last but not least den international gefeierten Cellisten Florin Mitrea, der unter anderem als Instrumentalsolist und Stimmführer der Cellogruppe des Nationalen Rundfunkorchesters wirkt. Neben den Mitgliedern des Trioensembles Musica Viva wurde außerdem der Gast dieses Abends, der Klarinettist Andrei Theodoru, vorgestellt, der beim zweiten der drei dargebotenen Beethovenschen Klaviertrios zum Einsatz kam.
Auf dem Programm des Eröffnungskonzertes standen zwei Trios für Klavier, Violine und Violoncello, die für den jungen Ludwig van Beethoven einen wichtigen Markstein bei seiner Karriere als Komponist bildeten, nachdem er als Klaviervirtuose bereits allseits Anerkennung gefunden hatte. Die beiden Trios, Nr. 1 in Es-Dur und Nr. 2 in G-Dur, wurden von dem fünfundzwanzigjährigen Komponisten ganz bewusst mit der Opuszahl 1 versehen, um symbolisch zu bekräftigen, dass es sich dabei um die ersten seiner selbst würdigen Werke handle, obwohl er zuvor bereits andere Klaviertrios komponiert hatte, die jedoch ohne Opuszahlen blieben. Beethovens Kompositionslehrer Joseph Haydn äußerte zwar Bedenken gegen die Klaviertrios Opus 1, insbesondere gegen das dritte in c-Moll, das in einem der kommenden Bukarester Konzerte dargeboten werden wird: Dieses sei, so Haydn, für das Wiener Publikum zu gewagt, zu komplex, zu wild, kurz: zu schwer verständlich. Doch der eigenwillige junge Komponist ließ sich von seinem renommierten Lehrer nicht beirren, publizierte die drei Trios Opus 1 und verdiente sehr gut daran.
Das Ensemble Musica Viva bot die beiden genannten viersätzigen Klaviertrios chronologisch in umgekehrter Reihenfolge dar: Das Konzert wurde mit Nr. 2 in G-Dur eröffnet und mit Nr. 1 in Es-Dur beschlossen. Die Pianistin und die beiden Streicher beeindruckten durch ihre Spielfreude und ihre Virtuosität, ihr sensibles und einfühlsames Zusammenspiel sowie durch ihre temperamentvolle Expressivität, die dem titanenhaften Naturell des jungen Beethoven in instrumentaler wie stilistischer Hinsicht kongenial entsprach. Die Sforzati der Violine im Allegro vivace von Nr. 2, die Pianokantilenen im langsamen Satz Largo con espressione, die Cellobegleitung im Scherzo und die gemeinsamen Sechzehntelbewegungen im Presto-Finalsatz beeindruckten ebenso wie das vollendete Zusammenspiel der drei perfekt aufeinander sich abstimmenden Musiker in den mitreißend dargebotenen vier Sätzen des Trios Nr. 1.
Vor der Pause wurde, als drittes der drei auf dem Programm stehenden Klaviertrios, noch das Trio op. 11 in B-Dur für Klavier, Klarinette und Violoncello dargeboten, das auch unter dem Namen „Gassenhauer-Trio“ bekannt ist. Im dritten und letzten, Allegretto überschriebenen Satz hat Beethoven ein Thema verwendet und in neun Variationen durchgeführt, das im Wien der damaligen Zeit ein in allen Gassen geträllerter Schlager bzw. – in moderner Terminologie – ein echter Hit oder Chartbreaker war. Es handelte sich um eine Melodie aus der komischen Oper „L’amor marinaro ossia Il corsaro“ von Joseph Weigl, die später auch von Niccolò Paganini in seinem Werk „Variazioni sopra un Tema di Giuseppe Weigl“ kompositorisch bearbeitet wurde. Die weichen Klänge der Klarinette fügten sich in diesem bekannten Trio wunderbar zu den perlenden Läufen des Steinway-Flügels und den markanten Figuren des Cellos und rundeten den Gesamteindruck gelungener stilistischer Einheitlichkeit harmonisch ab.
In der Pause des Konzertes wurde, wie dies in ähnlicher Weise auch für die kommenden Konzerte der Reihe angekündigt wurde, ein „Überraschung“ dargeboten. Dieses Mal handelte es sich um eine Buchvorstellung, die Präsentation eines zweibändigen musikwissenschaftlichen Werkes der Komponistin, Pianistin, Universitätslehrerin und Dichterin Petruţa Măniuţ-Coroiu mit dem Titel „O istorie filocalică a muzicii“ (Eine philokalische Geschichte der Musik), wobei sich der Begriff „Philokalie“ auf eine Anthologie von Aussprüchen, Belehrungen und Sentenzen christlich-orthodoxer Schriftsteller bezieht, vergleichbar etwa den Chrestomathien der Antike. Dem griechischen Wortsinn nach bedeutet „Philokalie“ aber „Liebe zur Schönheit“, und insofern symbolisierten die Texte, die Petruţa Măniuţ-Coroiu vorstellte, dasselbe Streben nach spiritueller Vervollkommnung wie die Musik Beethovens und ihre Realisierung durch das Ensemble Musica Viva.