Randbemerkungen: Die Nattern an der Brust


Machthaber und Intellektuelle standen im Laufe der Geschichte immer wieder auf unterschiedlichen Positionen. Zeitgenössisch ausgedrückt: es geht um die Kontrolle des Narratives. Indem die Intellektuellen das Narrativ der Politiker hinterfragen und untersuchen, üben sie Kritik aus. Der Umgang der Politiker mit Kritik war, egal von welchen staatlichen Formen wir sprechen, nie besonders gut. Natürlich steckt in jedem Politiker ein kleinerer oder größerer Weltretter. Und die Welt kann nur gerettet werden, indem man sie durch Machtausübung, ohne dies negativ zu verstehen, dem eigenen Weltbild anpasst. Wenn dieses Weltbild nun hinterfragt wird, sehen die wenigsten dahinter eine Chance, sondern verstehen dies eher als Angriff auf ihr innerstes Wesen. So werden dann Intellektuelle zu Hürden, die überwunden oder beseitigt werden müssen.

Während in demokratischen Systemen die Politik zu einer Kohabitation mit der Intellektualität mehr oder weniger gezwungen ist, waren Diktaturen und autokratische Systeme immer bemüht, diese vom Bildschirm fernzuhalten oder aber sie sich mit gewöhnlich unlauteren Mitteln gefügig zu machen.

Ein besonderer Dorn im Auge: Einrichtungen, derer einziger Zweck die „Produktion“ von Wissenschaftlern, Forschern, Fachleuten usw. ist. Von dieser Warte aus gesehen sind die Universitäten nichts anderes als Fabriken zur Herstellung von Staatsfeinden. Nattern, die man an der eigenen Brust nährt, denen man den Kopf zertreten muss. Wenn ein Sumpfloch wie die Harvard University sich nicht dem System, welches Amerika erneut groß machen wird,  einfügen kann, dann muss es ausgetrocknet und zugeschüttet werden. Es brauchte die Weisheit und den scharfen Blick eines Rotschopfs, der seinen Umgang mit der Welt dem Tanz mit der Erdkugel des von Chaplin gespielten Diktators abgeguckt zu haben scheint, um Amerika und der Welt zu zeigen, welche Horte des Terrorismus Einrichtungen wie Harvard sein können. Denn sie sind nicht, so wie sich gerne verkaufen, Tore zur Welt, sondern offene Pforten für staatsgefährdende Eindringlinge. Und diese Pforten müssen zugemauert, verbaut und verteidigt werden, denn Amerika darf und soll nur für Amerikaner groß sein.

In seiner Allwissenheit hat Trump der Welt die Augen geöffnet und erklärt, was Harvard eigentlich ist: „ein Witz“ den er nicht lustig findet, sie unterrichten nur „Hass und Dummheit“, wobei hier nur „Idioten“ angestellt werden. Man liest die Worte, man versteht sie, aber wird das Gefühl nicht los, dass der Immobilienmogul, der seine Amtszeit im Weißen Haus anscheinend nur als weitere Möglichkeit wahrnimmt, Dollarscheine in seine Taschen und die Konten seiner Familie fließen zu lassen, nicht von der 1636 gegründeten altehrwürdigen Bildungseinrichtung, sondern von sich selber spricht.  Denn für Trump hat Harvard, die Lanzenspitze im Widerstand gegen die Versuche der Regierung, den amerikanischen universitären Bildungsbereich zu instrumentalisieren, „seinen Weg verloren“. Deswegen dürfe Harvard keine Fördermittel mehr erhalten, nur so kann man dafür sorgen, dass die Uni erneut aus der Verirrung den „richtigen“ Weg findet.

Im Karpaten-Donau-Raum haben sich immer wieder Hochschulen zu Dirnen der Tagesmächtigen erniedrigen lassen. Gewöhnlich brauchte es dafür nicht einmal politischen Druck. Man hat in der fast fünfzigjährigen Diktatur gelernt, dass ein gebeugtes Haupt erstens nicht abgehauen wird und zweitens nur mittels der Schneeglöckchen-Stellung die von der Politik für die Intellektualität eingeräumte Bestimmung erfüllt werden kann.

Nun haben wir an der Spitze des Staates einen Forscher. Viel wird von ihm erwartet. Vielleicht wäre ein nicht zu verachtender Schritt zur Erfüllung dieser Erwartungen sein Einsatz zur Wiedergewinnung der Würde des rumänischen Hochschulwesens.