Mit seiner nun schon sprichwörtlichen Konsequenz und seinem Fleiß setzt der Kronstädter Historiker seine Forschungen bezogen auf die Siebenbürgische Heimatkunde fort und bereichert diese durch neue Erkenntnisse; ältere ergänzt und aktualisiert er. Somit ist allein seine Forschungsreihe „Aus Urkunden und Chroniken“, die er 1981 startete, nun schon bei Band 16 angelangt. Gewidmet ist dieser ebenfalls den siebenbürgisch-sächsischen Ortschaften des Kreises Hermannstadt, wie auch die vorangegangenen drei Bände. Dieser umfasst die Ortschaften in alphabetischer Reihenfolge von M bis Z. Der Autor vermerkt in dem Vorwort zum aufliegenden Band, dass die Aufsätze über diese Ortschaften in den Jahren 1965 bis 2015, zuerst in der rumäniendeutschen Presse erschienen sind. Das stimmt zum Großteil, da von den insgesamt 51 Beiträgen, 23 in der Tageszeitung „Neuer Weg“, 14 in der Nachfolgepublikation „Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien“, acht in unserer Wochenschrift „Karpatenrundschau“, einer in unserer Vorgängerin „Volkszeitung“, drei in der Hermannstädter „Die Woche“ erschienen sind. Aber auch je ein Aufsatz in der Kronstädter ungarischen Wochenschrift „Uj idö“ und in der rumänischen Publikation von Hermannstadt „Tribuna Sibiului“ wurden von diesen veröffentlicht.
Der Autor hat seine in den Aufsätzen enthaltenen Forschungsergebnisse auf den neuesten Stand gebracht und jeden Beitrag mit Anmerkungen versehen. Insgesamt sind das 1197, die eine große Hilfe für die an der Geschichte jeweiliger Ortschaften interessierten Forscher darstellen. Bisher hat der Archivist in diesen Bänden 149 Ortschaften seine Aufmerksamkeit geschenkt und deren Geschichte von der ersten urkundlichen Erwähnung an erforscht. Genauer genommen sind es eigentlich 148, nimmt man in Betracht, dass Bartholomä zwar eine eigenständige Kirchengemeinde darstellt, aber auch zu der Stadt unter der Zinne gehört. Als Anhang bietet er auch eine Urkunde vom 13. Oktober 1582, die sich auf die Hermannstädter Stuhlsgemeinde Szakadat bezieht.
Der Band, der auf den beiden Umschlagseiten eine schöne Ansicht der Kirchenburg von Wurmloch, fotografiert von Martin Bottesch bietet, umfasst außer einer Illustration von Karin Schiel, die eine Skizze von Thalheim und seiner Gemarkung darstellt (Seite 218), keine weiteren bildlichen Anhänge, obwohl solche eine derartige Dokumentation nur bereichern.
Gernot Nussbächer geht auf die Geschichte der jeweiligen Ortschaft auch in mehreren Beiträgen ein, bezieht sich auf deren erste urkundliche Erwähnung, geht auf die jeweilige Anzahl der Bewohner ein, bietet Einsichten in Hattertprozesse, in Streitfragen, analysiert Steuerlisten, bietet Einblick in die wirtschaftliche Entwicklung, Zahl der Mühlen, Fläche von Weinbergen, aber auch Namen von Lehrern oder Studenten, die in anderen Städten oder im Ausland ihr Studium absolvierten u.a. Der Historiker bietet auch viele andere Details zur Geschichte, die einschließlich für die jeweiligen Ortsbewohner oder Chronisten weniger bekannt sind. So konnte er aus Handschriften und Wiegendrucken dokumentieren, dass der Fürst der Walachei Vlad der Pfähler (Vlad Ţepeş) während seinen Herrschaftsjahren (1456 -1462) im Harbachtal einen Angriff vornahm, um seinen Widersacher Petrus von Rothberg zu bestrafen. Dabei verheerte er die Siedlungen Neudorf, Kastenholz und Holzmengen (S.36). Aus Neudorf stammte auch der da 1547 geborene Matthias Schiffbaumer, der 1611 als Bischof in Birthälm starb (S.37).
Die Ortschaft Niemesch wurde mehr bekannt, auch weil da Stephan Ludwig Roth von 1837 bis 1847 als Pfarrer wirkte und in dieser Zeit seine wichtigsten Werke verfasste (S.55). Der Autor, der auch auf die Geschichte von Pretai ausführlich eingeht, vermerkt, dass diese Ortschaft als „Pratay“ auf der 1532 in Basel von Johannes Honterus herausgebrachten Landkarte eingetragen ist (S. 70). Das auch im Mittelalter Gewalttaten geschahen, ist bekannt. Einen konkreten Fall konnte der Autor aus urkundlichen Nachrichten aufdecken. Eine bewaffnete Gruppe von rund 20 Personen aus dem Repser Gebiet unter Führung von Petrus von Kirtsch überfielen Neudorf und Rauthal, plünderten dabei die Besitztümer des Johann, Sohn des Gegus von Malmkorg, und nahmen dann Brandstiftungen vor (S.92). Aufschlussreich ist die Geschichte von Salzburg, dem Kurort der landesweit bekannt ist. Hier haben Archäologen Spuren aus der Daker- und Römerzeit gefunden, die Gernot Nussbächer erwähnt. Was die ersten urkundlichen Erwähnungen von Salzburg betrifft, werden einige, die gefälscht worden waren, richtig gestellt (S.143). Viele weitere Daten sind von besonderem Interesse auch für den Leser, der immer wieder oder gelegentlich in der Geschichte Siebenbürgens nachblättert.
Abschließend zu dem fast 300 Seiten umfassenden Band kann man Daten über den Autor bezüglich seiner Ausbildung, seiner hauptberuflichen und weiteren Tätigkeiten im Anhang einsehen. Bis zum Erscheinen des aufliegenden Bandes hat Gernot Nussbächer 43 Bücher veröffentlicht, an weiteren 83 hat er als Mitarbeiter gezeichnet. 163 Titel seiner Arbeiten sind in die Geschichtsbibliographie Rumäniens aufgenommenm, was von der Wertschätzung, die ihm in wissenschaftlichen Kreisen entgegengebracht wird, zeugt. Der Historiker Gernot Nussbächer gilt als einer der bedeutendsten Forscher über das Leben und Werk von Johannes Honterus, der anlässlich des 500-jährigen Jubiläums der Reformation sicher im Mittelpunkt der in Siebenbürgen organisierten Veranstaltungen stehen wird.
Gernot Nussbächer erfreute sich für seine bisherige Forschungstätigkeit auch zahlreicher Ehrungen: 1998 erhielt er den Georg-Dehio-Preis der Künstlergilde Eßlingen, 2002 das Ehrendiplom des Kronstädter Kreisrates, 2008 den Apollonia-Hirscher-Preis gestiftet von den Heimatortsgemeinschaften Kronstadt und Bartholomä in Deutschland, sowie dem Demokratischen Forum der Deutschen im Kreis Kronstadt, 2009 wurde ihm die Honterus-Medaille des Siebenbürgenforums verliehen, 2013 erhielt er das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich. Anlässlich seines 65. Geburtstages wurde ihm die Festschrift „In honorem Gernot Nussbächer“ gewidmet. Der nun aufliegende und vorgestellte 16. Band der Serie aus „Urkunden und Chroniken“ wurde vom Demokratischen Forum der Deutschen in Hermannstadt mit Unterstützung des Departements für Interethnische Beziehungen im Generalsekretariat der Landesregierung herausgegeben und in dem Kronstädter aldus-Verlag herausgebracht. Wie auch der Autor in seinem Vorwort dazu betont, kann der Band keinen Anspruch auf Vollständigkeit haben. Einige unterlaufene Korrekturfehler wird der Leser mit Verständnis hinnehmen. Sicher wird sich Gernot Nussbächer weiter in die Archivarbeit vertiefen, um neue Erkenntnisse aus der Geschichte der siebenbürgisch-sächsischen Ortschaften zu schöpfen und versuchen, die Buchreihe „Aus Urkunden und Chroniken“ weiter fortzuführen.
Zu: Gernot Nussbächer, „Aus Urkunden und Chroniken“ Band 16 (Kreis Hermannstadt, Band 4), aldus Verlag Kronstadt 2015, 290 Seiten.