In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts suchten die Portugiesen fieberhaft einen Seeweg nach Indien zu entdecken. Der kühne Seefahrer Bartholomäus Diaz gelangte bis zur Südspitze Afrikas, musste aber wegen der dort tobenden Stürme umkehren. Unter König Manuel dem Großen (1495-1521) wurde eine Forschungsflotte ausgerüstet. Sie sollte das begehrte Ziel, den Seeweg nach Indien, finden. Doch war das mit großen Kosten verbunden. Deshalb richtete König Manuel eine Aufforderung an die europäischen Höfe, diese Entdeckungsfahrt finanziell zu unterstützen. Im Falle eines Erfolges versprach der König den unterstützenden Höfen reiche Anteile an den zu erwartenden Handelsgeschäften. Doch die Höfe lehnten ab. Es schien ihnen zu riskant, viel Geld in ein unsicheres, ja abenteuerliches Unternehmen zu stecken. Viele Hofleute bespöttelten ein solches Unterfangen und machten es lächerlich. Portugal aber ließ sich nicht entmutigen und wagte die Entdeckungsfahrt im Alleingang. Der wagemutige Seefahrer Vasco da Gama stach in die See, umschiffte Afrika, durchquerte den Indischen Ozean und landete im Mai 1498 in Indien. Der Seeweg nach Indien war entdeckt. Portugal erntete nun allein die Früchte des kühnen Unternehmens. Das kleine Land kam zu großen Reichtümern und wurde sogar eine Weltmacht. Nicht die Zweifler und Spötter behielten recht, sondern die kühnen Seefahrer.
Es gibt viele Menschen, die nicht weiter als bis zu ihrer Nasenspitze sehen. Sie meinen, nur das existiere wirklich, was sie mit ihren eigenen Augen sehen können; nur das sei möglich, was sie selbst für möglich halten. Alles, was über ihren engen Gesichtskreis hinausgeht, lehnen sie als Fantasiegebilde ab, ja oft lachen und spotten sie darüber. Solche Menschen gab es genug zu Vasco da Gamas Zeiten. Mit dieser Art Zeitgenossen musste sich auch Christus auseinandersetzen.
Er verkündete die Botschaft: „Ich bin das Brot, das vom Himmel herabgekommen ist.“ Die Zuhörer trauten ihren Ohren nicht und protestierten: Wie kann er sagen, er sei vom Himmel herabgekommen? Wir kennen ihn, wir kennen seinen Vater, wir kennen seine Mutter. Wir haben nichts davon gemerkt, dass er vom Himmel herabgekommen ist. Die Worte Christi gingen über ihr Verständnis und prompt wurden sie abgelehnt. Dass dieser Jesus von Nazareth keine leeren Worte sprach, mussten doch alle merken. Er heilte mit einem Wort Aussätzige, gab Blinden das Augenlicht, speiste mit fünf Broten 5000 Menschen. Wo gab es einen anderen Menschen, dessen Worte solch gewaltige Wirkung erzielten? Hier musste man doch glauben! Aber die lieben Zeitgenossen fanden für solch außergewöhnliche Taten gleich eine für sie plausible Erklärung: Ja, er vollbringt außergewöhnliche Taten - aber nicht mit der Hilfe Gottes, sondern mit der Hilfe des Teufels. So sind viele Menschen: Was über ihr Verständnis geht, schreiben sie lieber dem Teufel als Gott zu.
Seit jenen Tagen ist schon viel Gottes Wasser über Gottes Land geflossen. Wir heutigen Menschen, wir Christen, wissen über Christus viel besser Bescheid als seine Zeitgenossen. Wie groß mag wohl die Zahl der Menschen im Laufe der Geschichte angewachsen sein, die ihre ganze Existenz, ihr einziges irdisches Leben, auf Christus und seine Verheißungen gebaut haben! Und dieser felsenfeste Glaube gab ihnen die Kraft, Edelmenschen dieser Erde zu werden.
Die Botschaft, die Christus damals an seine Zeitgenossen richtete, gilt auch für uns „moderne“ Menschen in unserer „modernen“ Zeit. Sie hat auch heute den gleichen Wahrheitsgehalt wie damals. Auch für dich und mich gelten die Verheißungen Christi: „Ich bin das Brot des Lebens!“ und die andere: „Wer an mich glaubt, hat das ewige Leben!“ Groß sind diese Verheißungen. So groß, dass sie über unsere alltägliche Erfahrungswelt weit hinausgehen und unser aufs Alltägliche gerichteter Verstand sie nur sehr unvollkommen erfassen kann.
Nun die Kernfrage: Wie stehen wir zu Christus und seinen Verheißungen? Handeln auch wir wie die Zeitgenossen Christi, statt auf sie unser Leben zu bauen, sie als Fantasiegebilde abzutun? Dann werden wir einst tief beschämt vor Christus stehen.