Mit den Ciucă-Bots hat alles angefangen. Ein ganzes Netzwerk an automatischen Social-Media-Konten, die dem damaligen Premierminister Nicolae Ciucă virtuell zujubelten, hatte der Newsletter für Fake New, „Misreport“, vor gut zwei Jahren bloßgestellt. Meine Reaktion war ein launiger Kommentar als Zugebissen-Spalte (ADZ, 26. April 2023: „Virtuelle Applauskanone“). Denn schon damals schwante mir, dass man mit Lobhudelei einem Politiker nicht nur nützen könne, sondern genausogut auch schaden. Und ich malte mir in den schillerndsten Farben ein Horrorszenario aus: dass man als Opfer einer solchen Massenschmusekampagne den Schaden gar nicht beklagen kann! Es handelt sich ja weder um Stalking noch Rufmord, wenn einen die Leute halt einfach lieb haben...
So, und nun haben wir’s! Ob die alle die ADZ gelesen haben? Oder bloß aus der aggressiven Georgescu-TikTok-Wahlkampagne gelernt? Seither jedenfalls bestrafen Social Media das automatisierte Hochloben und Liken, zumindest bei Kandidaten für ein politisches Amt. Das Konto desselben wird als „riskant“ oder „verdächtig“ eingestuft, die Reichweite drastisch reduziert. Hinzu kommt, dass es für die Reputation eines Kandidaten sicher nicht vorteilhaft ist, wenn man ihn der Manipulation bezichtigt.
Und schon haben wir die perfekte Schadenskampagne: Den Gegner hochloben und im Übermaß liken (lassen)! Schwupp, kriegt er eins auf den Deckel. Wie der parteifreie Präsidentschaftskandidat Nicușor Dan Mitte April beklagte: In einem maskierten Sabotageakt hätten binnen 24 Stunden tausende neue Follower zehntausende Shares getätigt und positive Kommentare hinterlassen, die „alle brüsk aus derselben Richtung kamen“. „Die Strategie verfolgt die Absicht, Manipulation unsererseits vorzutäuschen, dabei sind wir selbst Ziel eines Angriffs“, erklärten dazu Dans Experten.
Der nächste, den es trifft, ist Victor Ponta: Der frühere Sozialdemokrat und parteifreie Präsidentschaftskandidat soll Ende April ebenfalls Ziel einer solchen Attacke geworden sein. Innerhalb kürzester Zeit tauchten auf seinen Social-Media-Konten zahlreiche neue Follower aus Ländern wie Brasilien, Indien, Russland und sogar Usbekistan auf. Pontas Anhängerschaft wuchs innerhalb von nur fünf Tagen um 100.000 Nutzer an und die Likes explodierten.
Die Plattformen reagierten prompt und löschten Bot-verdächtige Konten. Das sind solche, die außer dem Politiker-Zuspruch keine nennenswerten Aktivitäten zeigen. Die nichts Persönliches posten, sprich, nicht wie normale Menschen agieren. Die alle gestaffelt zur selben vorprogrammierten Stunde ihre Salven ins Netz verschleudern. Gefahr also beseitigt?
Pustekuchen! Wofür gibt’s denn künstliche Intelligenz? Immer einen Schritt vorausdenkend, postuliere ich mal wild drauflos, dass der nächste Sabotageakt darin bestehen wird, die Bots zu „personalisieren“: Die Uhr wird mit einem Zufallszahlengenerator versehen, der den vorprogrammierten Abschuss neuer Postings und Likes entsynchronisiert. Und außerdem dafür sorgt, dass mal ein Katzenbild, mal ein Urlaubsfoto, mal ein Kochrezept hochgeladen wird. Die Fotos erstellt selbstverständlich ebenfalls die KI, damit sie nicht per Inverssuche zugeordnet werden können.
Aber mit TikTok und Instagram erreicht man ohnehin nur die jüngere Generation... Schlauer war da AUR-Chef George Simion mit seiner Briefaktion an die Rentner. Ein nicht zu verachtendes Wählerpotenzial in einemdemografisch überalteten Land. Da wollte man ihm an den Kragen: Woher die Adressen? Warum nicht korrekt als Wahlkampfmaterial markiert? Und hätte die Post nicht Lunte riechen müssen? Doch der Gute war schlau und hat den Vertrag nicht auf die AUR, sondern eine Wischiwaschi-Firma abgeschlossen…
Ha! Bestimmt ist der es auch gar nicht gewesen! Sondern böswillige Gegner, die ihm nur schaden wollten. Das haben sie jetzt davon! – Ein bisschen Galgenhumor muss doch sein, bevor uns am 18. Mai hoffentlich nicht endgültig das Lachen vergeht...