Bukarest (ADZ) - Die Regierung Dăncilă hat am Donnerstag beim Verfassungsgericht Organstreitklage gegen das Oberste Gericht (OG) eingelegt, wo in kaum einer Woche das Berufungsverfahren des erstinstanzlich wegen Beihilfe zu Amtsmissbrauch zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilten PSD-Chefs Liviu Dragnea beginnt.
Konkret wirft die Exekutive der Höchstinstanz vor, eine der verabschiedeten Änderungen der Justizgesetze nicht umgesetzt zu haben. Die Änderung betrifft die Straf- und Zivilsenate bzw. fünfköpfigen Spruchkörper des OG, genauer gesagt deren Zusammensetzung. Bisher waren Präsident und Vizepräsidenten des OG von Rechts wegen Mitglied der fünfköpfigen Spruchkörper, die restlichen vier wurden per Zufallsprinzip (Auslosung) bestimmt. Laut der von der PSD eingebrachten Änderung sollen indes fortan alle fünf Richter der OG-Senate per Zufallsprinzip bestimmt werden. Doch vergaß der Gesetzgeber dabei ein wichtiges Detail: Der für die Justizreform zuständige Iordache-Ausschuss versäumte es zu erwähnen, ab wann die Senate neu zusammengesetzt werden müssen, und erließ auch keinerlei Übergangsbestimmungen. Da Gesetze nicht rückwirkend greifen können, handelte OG-Präsidentin Cristina Tarcea entsprechend: Sie beließ die Straf- und Zivilsenate unverändert, da das Gesetz deren Neuzusammensetzung nur zu Jahresbeginn vorsieht.
Das passt indes PSD-Chef Liviu Dragnea nicht, der sich offenbar von dem Spruchkörper, der in seinem Berufungsverfahren zu urteilen hat, wenig Milde erhofft. Schon vor Wochen hatte Dragnea gewettert, man wolle ihn mittels eines „unrechtmäßig zusammengesetzten OG-Strafsenats hinter Gitter bringen“. Seinem Druck gab die Regierung nun schließlich am Dienstag nach und erstattete Organstreitklage gegen die Höchstinstanz.