Das Schulsystem der Siebenbürger Sachsen war vor dem Ersten Weltkrieg autonom, es wurde von der Evangelischen Kirche A.B. getragen. Als der ungarische Nationalstaat immer stärker gegen die in Ungarn lebenden nationalen Minderheiten vorging, gab es auch immer wieder Versuche diese Schule zu vereinnahmen, diese Angriffe konnten aber, unter Zugeständnissen, abgewehrt werden.
Nach dem Weltkrieg versuchte auch der rumänische Staat die Schulen der Minderheiten zu schwächen, um sie schlussendlich in Staatsschulen zu überführen, unsere Schule konnte aber auch das überleben.
Den ersten schweren und existentiellen Schlag erhielt unsere Schule aber 1942 als die „Volksgruppe“ auf Grund des „Gesamtabkommens“ mit der Kirche die Schulen von dieser übernahm, denn sie sollten die Jugend den Ideen des „Führers“ zuführen. Als dann 1944 der braune Spuk vorüber war, gab es eine Zeit der Konfusion bis es Bischof Müller gelang, der Kirche wieder ihr Recht bezüglich der Schulen zurück zu erhalten.
Aber schon 1946 mussten wir eine Schulreform erleiden: Die Volksschulen wurden auf vier Klassen reduziert und eine „Gymnasialstufe“ eingeführt. Das betraf vor allem die Schulen im ländlichen Gebiet, auf den Dörfern wurden nur rumänische Gymnasialstufen eingerichtet, so dass viele sächsische Schüler, deren Eltern damit nicht einverstanden waren, dass ihre Kinder nun in eine rumänische Schule gehen sollten, aus den umliegenden Gemeinden nach Kronstadt an das Honterusgymnasium kamen.
Ich erinnere mich noch gut, wie wir im Herbst 1946 aus Bartholomä nun auf dem Honterushof in die Klassen eingeteilt wurden. Ich freue mich immer, wenn ich da bin und sehe, dass meine Enkelkinder in demselben Gebäude, heute „A“ Gebäude zur Schule gehen, wo ich vor mehr als 70 Jahren selbst gelernt habe.
Eine unvergessliche Erinnerung aus dieser Zeit bleibt der Geburtstag des Königs, an dem alle Schüler an einem Gottesdienst in der Schwarzen Kirche teilnehmen mussten. Es war das erste mal, dass ich die Schwarze Kirche bewusst erlebt habe.
Der nächste tiefgreifende Einschnitt war die Schulreform von 1948, durch die das gesamte Unterrichtssystem verstaatlicht und vereinheitlicht wurde und die „sozialistische Erziehung“ durch die der „neue Mensch“ geschaffen werden sollte, begann.
Auch heute ist das rumänische Schulsystem, trotz der sich fast im Jahresrhythmus folgenden Reformen, krank und reformbedürftig. Es ist schon zu bewundern, wie unser altes kirchliches Schulsystem so lange ohne (Schul) Reform bestehen konnte und dabei sehr gute Ergebnisse erzielte.
Blicken wir zurück. Seit wann gibt es bei uns Schulen? Waren es Eliteeinheiten in den Städten oder von Anfang an für die breite Masse des Volkes, auch auf dem Lande, gedacht? Wie haben sie funktioniert? Es sind viele Fragen, auf einige finden wir Antworten, andere bleiben ins Dunkel gehüllt und geben Anlass zu Spekulationen.
Im „Archiv des Vereines für siebenbürgische Landeskunde“, Neue Folge 47, 2. und 3. Heft gibt Heinz Brandsch einen Überblick über den frühen Stand unserer Dorfschulen in Siebenbürgen. Grundlage sind die in den verschiedenen Chroniken erwähnten Schulen und mit Schulen im Zusammenhang stehende Personen, dann die Daten der ersten Volkszählung aus dem Jahre 1488 für Siebenbürgen (die sieben und zwei Stühle) und von 1510 für das Burzenland sowie eine andere Volkszählung von 1526 für den ganzen Sachsenboden. Bei diesen „Volkszählungen“ stand nicht die Erfassung der Personenzahl im Vordergrund, sondern sie dienten zu der Begründung der Steuerbemessung.
Dabei ist interessant, dass in Chroniken von 1334 bis 1394 vier Schulen oder Schulmeister erwähnt werden (Bärendorf, Kastenholz, Rumes und Stolzenburg). Da in Chroniken gewöhnlich nur Streitfälle berichtet werden, kann die Anzahl der Schulen auch im 14. Jh. viel größer angenommen werden.
Im 15. Jh. finden wir in Chroniken bis 1488 in 14 Orten Schulen oder Schulmeister erwähnt. In den Unterlagen der ersten Volkszählung in Siebenbürgen (1488), ohne das Burzenland, 59 Schulen und bei der ersten Volkszählung von 1510 im Burzenland gab es schon in allen 13 Ortschaften Schulen.
Bei einer weiteren Volkszählung in Siebenbürgen werden noch weiterer 12 Schulen ewähnt.
Das sind fast 100 Schulen, wobei die Erfassung wohl kaum vollständig ist. Aber auch so ist es sicher, dass der überwiegende Großteil der im 15. Jh. erfassten Schulen und auch die der im 16. Jh. erwähnten Schulen viel älter sind und das es auch in andern Ortschaften Schulen gegeben hat.
Im 14. Jh. waren es folgende 4 Ortschaften in denen Schulen erwähnt werden:
Rumes 1334 Domus scolaris (Haus des Lehrers)
Kastendorf 1334 1 Haus des scolaris (Lehrers)
Bärendorf 1334 Scolaris (Lehrer)
Stolzenburg 1394 Rektor Alexius
Im 15. Jh., kommen bis zu der Volkszählung von 1488 in
verschiedenen Chroniken noch Schulen in folgende Orte vor:
Tekendorf 1403 Rektor Jacobus
Klein Schelken1414 Rektor Peter
H˛ghig 1426 Michael Scholasdticus
Heltau 1428 Schulmeister Urbanus Petri
Rothbach 1429 Johannes, scolasticus
Marienburg/Kr.1429 Scolasticus Petrus
Großschenk 1430 Henricus Halbgebachsen
Lechnitz 1452 Rektor Sigismund
Senndorf 1455 Schulmeister erwähnt
Tartlau 1456 Antonius soll die Schule leiten
Kleinpold 1462 Lehrer Peter
Deutsch Kreuz1466 Scolasticus
Henndorf 1476 Johannes Scolaris
Tschapertsch 1478 Schulmeister
Großlogdes 1480 Iorgius scolasticus
Bei der Volkszählung im Burzenland von 1510 sind in allen
13 Orten Schulen vorhanden:
Brenndorf 1510 Scola, campanator, domum ecclesia
Heldsdorf 1510 Scola, campanator, domum ecclesiae
Honigberg 1510 Scola, campanator
Marienburg/Kr.1510 Scola, campanator
Neustadt/Kr. 1510 Scola, campanator
Nussbach 1510 Scola, campanator
Petersberg 1510 Campanator
Rosenau 1510 Schulhaws 1, clocknnerhaws 1
Rothbach 1510 Schulmaster 1, Klockner 1
Tartlau 1510 Scola, campanator, domum ecclesiae
Weidenbach 1510 Domus ecclesiae, scolasticus, campanator
Wolkendorf 1510 Scolasticus, campanator
Zeiden 1510 Scolasticus, campanator, domus essl.
Zwei Dinge bezüglich der Schulen sind noch erwähnenswert.
- In der Kirchenburg in Tartlau waren die zwei größten Wohnhäuschen als Schule ausgewiesen, hier fand der Unterricht bis 1856 statt, als neue Schulgebäude gebaut wurden. Das heißt, dass hier auch in Kriegszeiten die Schule weiter ging.
- 1633 hat die Nationsuniversität verfügt dass: „Jeder Knabe und jedes Mädchen lesen, schreiben und rechnen lernen muss“.
Es ist meines Wissens europaweit die erste amtlich festgelegte Schulpflicht.
Leider habe ich keine Daten über die Schulen in den Städten gefunden. Hier haben vor allem die Dominikaner Pionierarbeit geleistet, denn um den Bedarf an Priestern zu decken, war es nötig jungen Menschen einen Grundstock von Bildung zu vermitteln. Es gab in fast allen Städten Siebenbürgens Dominikanerklöster, so ist anzunehmen, dass auch Lateinschulen neben diesen Klöstern bestanden haben. Auch die spätere Honterusschule ist aus der Lateinschule der Dominikaner durch die Schulreform Johannes Honteri´ s 1544 hervorgegangen.
In diesem Zusammenhang ist eine Statistik aus Ungarn interessant, die für den Zeitraum 1440 bis 1514 an europäischen Universitäten immatrikulierte Studenten aus Ungarn erfasst. Die meisten Studenten kamen in der Reihenfolge der Anzahl der Studierenden aus folgenden Städten: Ofen, Pest (die damals noch zwei selbstständige Städte waren), Hermannstadt, Kronstadt, Pressburg, Kremnitz, Kaschau, Sopron (Ödenburg), Szeged, Leutschau, Großwardein, Schäßburg, Klausenburg, Pécs, Stuhlweissenburg, Bistritz, Bartfeld, Käsmarkt, Neusohl, Tyrnau, Preschau. Wir sehen, dass Hermannstadt und Kronstadt an 2. und 3. Stelle standen, an 11. Schäßburg und Bistritz an Platz 15. Dazu kommt noch Klausenburg, dass nicht zum Sachsenboden gehörte, an 12. Wenn man noch die ehemals deutschen Städte der heutigen Slowakei Pressburg, Kremnitz, Kaschau, Leutschau, Bartfeld, Käsmarkt, Neusohl, Tyrnau und Preschau in Betracht zieht, erkennt man, dass in den „Kolonnistenstädten“ Siebenbürgens und der Slowakei das Bildungsniveau im Verhältnis zu dem restlichen Ungarn sehr hoch war, von hier waren nur Szeged, Pécs und Stuhlweissenburg vertreten.
Erwin Hellmann