Temeswar will Kulturhauptstadt Europas werden, doch es fehlt noch immer eine gemeinsame Richtung. Der vor drei Jahren gegründete Verein „Temeswar Kulturhauptstadt Europas“ sollte Vertreter von Kultur, Wirtschaft, Politik sowie Verwaltung zusammenführen, sie davon überzeugen, dass es das einzig Richtige ist, am gleichen Strang zu ziehen, denn schließlich könnte man das schwere Ziel nur so erreichen, durch Zusammenhalt.
Doch die Message scheint nicht anzukommen. Das zeigt der aktuelle Streit wegen der Aufklärungskampagne „Kultur vereint die Gemeinschaft“. Für die Gestaltung der dreimonatigen Kampagne hat der Verein die Agentur „X3 Studios“ angeheuert. Das Design-Unternehmen gehört zu den erfolgreichsten des Landes. Es arbeitet vorwiegend mit internationalen Kunden zusammen und hat für seine Projekte zahlreiche wichtige Preise erhalten, darunter drei Favourite Website Awards sowie eine Aufnahme in das Los Logos: Compass Buch – eine Sammlung der besten Logos der Welt. Es sind echte Profis, die schon so manche schwierigen Aufträge meistern mussten. Auf ihre Expertise vertraute auch der Verein „Temeswar Kulturhauptstadt Europas“ für eine Kampagne, die darauf abzielt, den Bürger über die Kandidatur der Stadt zu informieren. Für den gesamten Auftrag zahlte die Stadt 11.000 Euro. Keine bescheidene Summe, jedoch auch keine ungewöhnliche, wenn man sich den internationalen Markt anschaut.
Die Wahl, auf die Besten zu setzen und dafür mehr auszugeben, mag für manchen Steuerzahler nicht begreiflich sein, doch aus Sicht einer Stadt, die sich nichts Geringeres vornimmt, als Kulturhauptstadt zu werden, ist das durchaus logisch.
Nun hat aber die Leitung der West-Universität Temeswar Einspruch erhoben und findet das Design schlecht. Man hätte es besser machen können, so UVT-Rektor Marilen Pirtea, der sich zudem über fehlende Beachtung beschwert. Wieso auf Amateure setzen, wenn man doch auf die Lehrkräfte sowie Studenten von der Kunsthochschule zurückgreifen kann? Die würden die Gestaltung nicht nur besser machen, sondern auch kostenlos. Nur hat sich bis heute niemand bei ihnen gemeldet und daran sei auch die Zusammenarbeit bisher gescheitert.
Dass es anders gehen kann, hat die Hochschule für Sozialwissenschaften der West-Universität bewiesen. In Zusammenarbeit mit dem Verein wurde im Herbst eine Studie erarbeitet, um so die Zielgruppe zu definieren, die man als Verein für die Kandidatur der Stadt ansprechen soll. Die Ergebnisse, die Anfang Januar im Rathaus vorgestellt wurden, sollen als Startpunkt dienen für den weiteren Aufbau einer Strategie. Auch die Kampagne „Kultur vereint die Gemeinschaft“ hat sich an den Ergebnissen der Untersuchung orientiert.
Doch für den UVT-Rektor ist diese Zusammenarbeit nicht genug. Weil die Universität eingetragenes Mitglied im Verein ist und jährlich einen Mitgliedsbeitrag in Höhe von 10.000 Lei zahlt, fordert Pirtea mehr Mitspracherecht. Woraufhin Bürgermeister Nicolae Robu, früher selber Rektor der Politehnica, entgegnete, man müsse nicht den Berg zum Propheten bringen. Wer sich für die Kandidatur einsetzen will, kann es machen, muss sich dafür aber an den dafür verantwortlichen Verein wenden, statt einfach nur zu warten, dass jemand einen beachtet.
Mangel an Kommunikation bleibt eines der großen Herausforderungen des kleinen Vereins, der aus zwei Festangestellten und einer Handvoll Freiwilligen besteht. Die neue Geschäftsführerin, Simona Neumann, die vor einem Jahr die Stelle antrat, hat mehrmals betont, dass es nicht Aufgabe des Vereins sei, Projekte durchzuführen. Darum müssten sich schon Einrichtungen wie etwa die West-Universität kümmern. Sie erfüllen lediglich eine Brückenfunktion und bereiten die Projektmappe für die Kandidatur der Stadt vor. Es ist schließlich nicht der Verein, der diesen Titel gewinnen möchte, sondern Temeswar.
Es hängt also an den Menschen, etwas zu bewegen. Und obwohl die meisten etwas machen wollen, scheinen sie in verschiedene Richtungen zu denken und statt an einem Strang zu ziehen, versucht sich jeder am eigenen, weil eben so der geringste Widerstand zu erwarten ist.