Carmen Elisabeth Puchianus 2012 bei Stutz/Passau erschienener Roman „Patula lacht“ spielt sich hauptsächlich im Spannungsfeld zweier Kräfte ab: der Kraft des sich aufdrängenden Todes und der Kraft des entschwindenden Lebens. Obwohl beide Kräfte essenziell auf das Gleiche hinauslaufen, wirken sie in Puchianus Schreiben unterschiedlich. Der sich aufdrängende Tod verwickelt das Individuum in den Kampf gegen einen übermächtigen und heimtückischen Feind, über den man nur durch Lachen, Persiflage, einen Travestieakt sozusagen, einen flüchtigen Sieg erringen kann. Das entschwindende Leben ist dagegen der langsame Verfall des Körpers, der Erinnerung, der Identität, der Sprache, es ist der unvermeidliche Verrat des Selbst am Selbst.
Das Puchianu‘sche Subjekt wird innerhalb dieses Spannungsfeldes geschaffen. Sowohl im Roman „Patula lacht“ als auch in der Kurzprosa („Der Begräbnisgänger“, Passau: Stutz, 2007) befinden sich ihre Protagonisten vor dem Abgrund des Todes und des Selbst, der sie aus der Apathie ihres Alltages, aus der Geborgenheit ihrer Wirklichkeit gewaltsam herausreißt und sie der Nichtigkeit ihrer Gewissheiten gegenüberstellt. Man kann „Patula lacht“ als eine kleine Phänomenologie des Sterbens lesen: Klein, weil sie intim und persönlich ist, weil sie keine universellen Ansprüche erhebt, sondern den Phänomen nur so viel abverlangt, wie ihr Autor benötigt, um weiterzumachen, weiterzuschaffen.
Im Roman „Patula lacht“ wird die Geschichte dreier Frauengenerationen erzählt, die sich simultan in der Erinnerung der Protagonistin Patula abspielt. Da die erzählende Instanz im Verlauf des Romans immer weniger im Stande scheint, ihre Erinnerungen zu rationalisieren, geschweige denn diese zu vermitteln, wird es dem Leser überlassen, die Identität der Protagonistin aus diesen Bruchstücken zu rekonstruieren. Das Selbst, die eigene Identität verschwindet langsam und was bleibt, ist ein Netzwerk verwobener Erinnerungen und Bruchstücke aus Sprache.
Oberflächlich betrachtet, kann der unverschleierte Autobiografismus des Romans „Patula lacht“ manchen dazu veranlassen, ihn als exhibitionistisch, als eine Art knapp über 300 Seiten lange „one woman show“ abzustempeln. Diese Interpretation würde jedoch der emotionellen und intellektuellen Tiefe des Romans Unrecht tun.
Die Intensität des Romans, sein Schock-Gehalt, wird ihm nicht von der systematischen Enthüllung einer Privatsphäre verliehen, sondern von dem Mut, von der Ehrlichkeit und Authentizität, die Puchianu in dieser schwierigen Auseinandersetzung mit den Gespenstern und Wahrheiten des Selbst aufbringt.
„Patula lacht“ stellt unbestreitbar einen Riesensprung nach vorn in Carmen Elisabeth Puchianus Entwicklung als Epikerin dar. So anregend und eindringlich ihre kurze Prosa auch sein mag, bleibt sie doch dem Oeuvre Kafkas und Thomas Manns tief verpflichtet. In „Patula lacht“ aber findet Puchianu zu ihrer wahren Stimme und Rolle als Hermeneutikerin der Subjektivität und Biografie.
Schlussfolgernd kann man sagen, dass „Patula lacht“ eine unprätentiöse, zutiefst bewegende, manchmal erschreckend ehrliche und stets humorvolle Entwirrung einer Identitätsgeschichte ist, die jeder an den Mechanismen der Selbsterkenntnis interessierte Mensch lesen sollte.