„Kultur ist das Bindeglied zwischen den Nationen!“ Von wem anders als vom Vizepräsident des Fernsehsenders Arte hätte dieser Satz an jenem Mittwochvormittag im Bukarester Novotel stammen können. Im Rahmen des dreitägigen Arte-Filmfestivals luden die Deutsche und Französische Botschaft in Zusammenarbeit mit den Kulturinstituten der beiden Länder zu einer Diskussionsrunde über die Rolle von Kulturfernsehen in Europa und Rumänien. Bei diesem Thema ist es kein Zufall, dass sich hohe Funktionäre des deutsch-französischen Kultursenders unter den Diskutanten befinden, gilt Arte doch als das ideale Beispiel für kulturelle Zusammenarbeit über Länder- und Sprachgrenzen hinweg. Im Rahmen des Besuchs wurden auch Gespräche mit Kabelanbietern geführt, um das Programm in Rumänien wieder zugänglich zu machen. Bei der Konferenz vergangenen Mittwoch wurde schon mal über die derzeitige Situation kulturvermittelnder Medien in Rumänien diskutiert.
„Vielfalt und Kreativität kann die Zuschauer begeistern“, stimmen Gottfried Langenstein, Vizepräsident des Senders Arte, und Alexandru Solomon überein. Der Regisseur und Drehbuchautor ist fest davon überzeugt, dass das Erfolgsrezept von Arte auch in Rumänien funktioniert. Er begrüßt die geplante Ausstrahlung und fordert auch die hiesigen Sender auf, sich um Kooperationen mit ausländischen Fernsehsendern zu bemühen. Das Budget wird nach seiner Ansicht nur einseitig verwendet, stattdessen muss ein Drittel für inländische Produktionen, ein Drittel für Koproduktionen mit dem Ausland und ein Drittel für Ankaufe von Formaten verwendet werden. Dies gelte nicht nur für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, sondern auch für die privaten Anstalten. Von den Kooperationen könnten dann rumänische Filmemacher profitieren, meint der Regisseur.
Die rechtlichen Grundlagen für ein gesunden Kulturanteil im Fernsehen sind in Rumänien freilich vorhanden, bestätigt Răsvan Popescu, Präsident des Hörfunk- und Fernsehrats. So wie jedes andere Grundgesetz in Europa schreibe auch das rumänische vor, die kulturelle Vielfalt in den Medien zu fördern. Im vergangenen Jahr wurde ein Gesetz verabschiedet, das auch die Privatsender zu mindestens 120 Minuten Kultur- oder Bildungsprogramm pro Woche verpflichtet. Leider ist dieses Gesetz noch nicht in Kraft, berichtet Răsvan Popescu. Trotzdem sieht er die Notwendigkeit, die Vielfalt des kulturellen Informationsangebotes im Fernsehen zu vergrößern. Es sei bewiesen, erklärt er, dass durch den Konsum von Qualitätsfernsehen die Fehler in der gesprochenen Sprache abnehmen. Das Problem sei aber die geringe Aufnahmefähigkeit der Bevölkerung für Kulturinhalte.
Um ein breiteres Publikum anzusprechen, könnten sich rumänische Fernsehmacher am Erfolgskonzept von Arte bedienen. „Kultur kann Publikum haben“, meint Gottfried Langenstein, Vizepräsident des Senders, „aber es müssen Risiken eingegangen werden.“ Die Bevölkerung sei für kulturelle Themen sehr zugänglich, es kommt aber auf den richtigen Weg an. Schwere intellektuelle Kost kann durch die gerechte Aufbereitung, zum Beispiel durch Themenabende oder Dossiers, auch für breitere Bevölkerungsschichten zugänglich gemacht werden, erklärt er. Bei Arte wird mit solchen Konzepten sogar klassische Philosophie vermittelt. Dem stimmt Delia Ruxandra Mucică, Professorin an der Universität für Theater und Film in Bukarest und Expertin für Massenkommunikation beim Europarat, zu. „Die Verpackung des Kulturinhaltes ist wichtig, sonst erhält man das Gefühl, zu einer bestimmten verstaubten Gruppe zu gehören“, meint die Professorin.
Die Spirale von Angebot und Nachfrage benötigt eine Initialzündung. Die für 2015 geplante Ausstrahlung des Kultursenders Arte ist ein Schritt in die richtige Richtung. Konkrete Aussagen können aber noch nicht getroffen werden. Mit dem Besuch von Vizepräsident Gottfried Langenstein und dem Chef für Internationale Beziehungen André de Margerie in Bukarest, versucht Arte bereits zum zweiten Mal eine Sendelizenz zu erhalten. Die Meinung des Konferenzpublikums ist jedenfalls eindeutig: „ARTE statt OTV“, ruft jemand am Ende der Konferenz in die Runde und drückt damit aus, was die Mehrheit der Teilnehmer denkt.