Sie ist eine der repräsentativsten Figuren der Moderne. Sie war eine Pionierin des Expressionismus und die erste Künstlerin der Welt, der ein ganzes Museum gewidmet wurde – das Paula-Modersohn-Becker-Museum in Bremen, Deutschland (gegründet 1927). Obwohl sie nur 31 Jahre alt wurde und zu Lebzeiten nur wenige Werke verkaufte, hinterließ sie der Welt ein künstlerisches Vermächtnis von mehr als 700 Gemälden und etwa 1000 Zeichnungen und Grafiken. Der Wert ihres Werks und ihre Bedeutung für die Entwicklung der Kunst im 20. Jahrhundert wurden erst posthum anerkannt. Ihr unverwechselbarer Stil und ihre kühne Thematik machten sie zur führenden Künstlerin ihrer Generation. Im Monat der Frau richten sich nun die Blicke auf eine der stärksten Figuren der Kunstwelt: Werke von Paula Modersohn-Becker werden zum ersten Mal in Temeswar/Timișoara vorgestellt. Die Ausstellung „Paula Modersohn-Becker und die Worpsweder. Zeichnungen und Druckgrafik 1895-1906” wird im Nationalen Kunstmuseum Temeswar vom 20. März bis zum 21. April zu sehen sein.
Den ersten großen Ausstellungserfolg feierten die Worpsweder 1895 im Münchener Glaspalast, was der Gruppe international Anerkennung brachte. Seitdem zählten die Mitglieder der Worpsweder Künstlervereinigung zu den bekanntesten Malern Deutschlands und die Künstlerkolonie im Teufelsmoor wurde zum Inbegriff naturalistischer Landschaftsmalerei. Die Werke der Künstlerkolonie, zu der Otto Modersohn, Fritz Mackensen, Hans am Ende, Fritz Overbeck, Heinrich Vogeler und insbeson-dere Paula Modersohn-Becker gehörten, sind ein Symbol für einen Wendepunkt in der Kunstgeschichte, als man eifrig nach neuen künstlerischen Ausdrucksformen suchte. Das frühe 20. Jahrhundert war auch eine Zeit großer gesellschaftlicher Veränderungen, insbesondere im Hinblick auf den Kampf der Frauen um Emanzipation – in Deutschland erhielten die Frauen 1918 das Wahlrecht, in Rumänien erst 1938. Die von Kurator Wulf Herzogenrath für das ifa (Institut für Auslandsbeziehungen) als Wanderausstellung konzipierte Expo „Paula Modersohn-Becker und die Worpsweder. Zeichnungen und Druckgrafik 1895-1906” wird in den Räumen des Nationalen Kunstmuseums Temeswar von den Kurato-rinnen Andreea Foanene und Teodora Talhoș gestaltet und kontextualisiert.
Die ausgestellten Werke spiegeln die engen Beziehungen innerhalb der Künstlerkolonie in Worpswede wider, einem malerischen Ort in Norddeutschland, der von einer schwierigen Geografie und einem unfreundlichen Klima geprägt ist. Der deutsche Maler des Impressionismus Hans am Ende (1864 - 1918) gründete 1889 zusammen mit Otto Modersohn, Fritz Overbeck und Heinrich Vogeler die Künstlerkolonie in Worpswede. Im Jahr 1900 reiste der Dichter Rainer Maria Rilke nach Worpswede, freundete sich mit der Künstlerkolonie an und schrieb schließlich Essays über jedes ihrer Mitglieder. „Hans am Ende malt Musik“, so beschreibt Rilke die Malerei seines Freundes. Otto Modersohn (1865-1943), der Ehemann der Künstlerin Paula Modersohn-Becker, ist einer der bekanntesten deutschen Landschaftsmaler. Er verehrte die Natur und die Landschaft und war vermutlich der begabteste unter den alten Worpswedern. Der Maler Fritz Overbeck (1869 - 1909) wurde 1894 von seinem guten Freund Otto Modersohn überredet, sich der neuen Künstlerkolonie Worpswede anzuschließen. Worpswede gilt als seine Hauptschaffensphase: Hier fertigte er hunderte Ölgemälde, Studien, Zeichnungen und zirka sechzig Radierungen an. Typisch sind dabei menschenleere Moorlandschaften, Wälder mit Birken, Gräben, die von Torfstechern bearbeiteten Sümpfe bis hin zu Moorkaten und Dorfwegen. Stilistisch lässt er als Freilichtmaler der klassischen Moderne eine rein naturalistische Malweise zunehmend hinter sich: Einflüsse des Impressionismus sind in Fritz Overbecks sichtbarem flüchtigen Pinselstrich deutlich erkennbar und dennoch entwickelte er seinen ganz eigenen Stil. Heinrich Vogeler (1872 - 1942) war Maler, Grafiker, Architekt, Designer, Pädagoge und Schriftsteller. Der vielseitig begabte Künstler ist besonders durch seine Werke aus der Jugendstilzeit bekannt geworden. Er gehört zur ersten Generation der Künstlerkolonie Worpswede. Sein Wohnhaus, der Barkenhoff, in dem er mit seiner ersten Ehefrau lebte, wurde Anfang der 1900er Jahre zum Mittelpunkt der künstlerischen Bewegung. Ein Teil seines Werks wird in wenigen Tagen zum ersten Mal in Temeswar zu sehen sein.
Die Künstler, die dort zusammen lebten und arbeiteten, entwickelten symbiotische Beziehungen, die sich gegenseitig unterstützten und inspirierten. Der Lauf der Jahrhunderte hat auch in der Kunst zu einer Zeit des Übergangs geführt: Mehrere Strömungen entstehen oder verändern sich radikal (Impressionismus, Jugendstil, Expressionismus), von denen viele in den Werken der Ausstellung zu sehen sind. Von der gesamten künstlerischen Konstellation in Worpswede sticht Paula Modersohn-Becker durch ihre Avantgarde hervor, denn sie ist die einzige, die sich wirklich der Moderne zugewandt hat. Im Unterschied zu ihren Kollegen sieht Modersohn-Becker ihre Vorbilder nicht im Impressionismus und Jugendstil, sondern bei Cézanne, van Gogh, Gauguin. Die Künstlerin ist besonders geschickt im Umgang mit der Farbe und verwendet einen untypischen, markanten Pinselstrich. Sie zeichnet sich auch durch ihr feines Gespür für die Welt um sie herum aus: Sie hat sich dafür entschieden, vor allem einfache Menschen zu porträtieren, die von den Härten des Lebens gezeichnet sind. Sie konzentrierte sich vor allem auf die Darstellung von Frauen, realistischer Weiblichkeit und Kindern, Themen, die zu dieser Zeit in der Kunst nicht oft vorkamen. Von den Nazis diskreditiert und verleumdet, wurde die Künstlerin erst später zu einer der repräsentativsten Figuren der Moderne.
Das Werk von Paula Modersohn-Becker ist in Rumänien immer noch wenig bekannt. Die Ausstellung soll nicht nur die Sichtbarkeit der Künstlerin, sondern auch die der Worpsweder erhöhen. „Paula Modersohn-Becker und die Worpsweder. Zeichnungen und Druckgrafik 1895-1906” des Instituts für Auslandsbeziehungen (ifa) beschränkt sich auf Zeichnungen und Radierungen der Künstlerin, die durch Arbeiten ihrer Worpsweder Künstlerkollegen ergänzt werden.
Die Ausstellung wird in Temeswar vom ifa in Zusammenarbeit mit dem Nationalen Kunstmuseum Temeswar und dem Deutschen Kulturzentrum in Temeswar organisiert. „Es war ein alter und inniger Wunsch von mir, diese Ausstellung nach Temeswar zu bringen. Es ist aber letzendlich gut, dass es erst jetzt zustande kommt, denn die richtige Zusammensetzung an Partnern hat sich erst jetzt ergeben. Die Präsentation der Arbeiten von Paula Modersohn-Becker und ihrer Worpsweder Kollegen sind eine Premiere für Temeswar und ein Gewinn für das hiesige Publikum im Hinblick auf ihre Geltung und Tragweite in der modernen Kunst. Überhaupt hat sich Paula Modersohn-Becker aus dem Worpsweder Kreis als eine avantgardistische Künstlerin entfaltet“, sagt Mona Petzek, Leiterin des Deutschen Kulurzentrums Temeswar, Mitveranstalter der Ausstellung vor Ort. „Ich hoffe, dass das Werk und die Biografie von Paula, insbe-sondere die Rezeptionsgeschichte, junge Künstlerinnen und Künstler ermutigen, weiterzumachen und Selbstvertrauen zu gewinnen. Leider wurde Paulas Talent zu ihren Lebzeiten nicht anerkannt. Die Gründe dafür liegen in den gesellschaftlichen Beschränkungen, denen Frauen unterlagen, aber auch im Konservatismus der umgebenden Kunstkreise. Trotzdem hat sie ihre Kunst nie aufgegeben und in ihrem kurzen Leben ein sehr reiches Oeuvre geschaffen – für mich sind ihre Beharrlichkeit und ihr Ehrgeiz ein Zeichen dafür, dass sie eine Frau war, die ihrer Zeit voraus war“, so Teodora Talhoș, Koordinatorin des Regionalbüros Temeswar des Instituts für Auslandsbeziehungen (ifa) und Ko-Kuratorin der Ausstellung. „Die in der Ausstellung gezeigten Fotografien, Zeichnungen, Illustrationen und Bücher sind Werke, die das europäische künstlerische Klima widerspiegeln. Die Ausstellung feiert die prominente Präsenz der Künstlerin Paula Modersohn-Becker und beleuchtet einen breiteren kulturellen Kontext, der die künstlerische Gemeinschaft von Worpswede ans Licht bringt“, unterstreicht auch die Künstlerin Andreea Foanene, Ko-Kuratorin der Ausstellung.
Die Vernissage der Ausstellung findet am kommenden Mittwoch, den 20. März, um 18 Uhr, im Nationalen Kunstmuseum Temeswar statt. Die Ausstellung kann bis zum 21. April, von Mittwoch bis Sonntag, zwischen 10 und 18 Uhr, besichtigt werden.
Die Vernissage der Ausstellung findet am kommenden Mittwoch, den 20. März, um 18 Uhr, im Nationalen Kunstmuseum Temeswar statt. Die Ausstellung kann bis zum 21. April, von Mittwoch bis Sonntag, zwischen 10 und 18 Uhr, besichtigt werden.