Hermannstadt - Wie kann gebautes Kulturerbe von der Politik und durch private Initiative geschützt und in Wert gesetzt werden? Diese Frage diskutierten am Freitag Bürgermeister aus dem Kreis Hermannstadt/Sibiu und Vertreter verschiedener Vereine und Organisationen auf einem Symposium in Sibiel. Organisiert wurde das Treffen von dem Bukarester Verein für Urbane Transition (ATU), der Hermannstädter Stiftung Heritas sowie des Rumänischen Architektenordens (OAR) im Rahmen des Projektes „Viva East“.
Das Treffen diene dem Austausch von Erfahrungen sowie positiver Beispiele aus der Region, aber auch von anderen Orten, informierte Alina Scholtes von Heritas. Architekten und Urbanisten wollten auf dem Symposium Bürgermeistern und anderen Interessierten ihre Ideen und Vorschläge näherbringen. Warum Sibiel als Veranstaltungsort ausgewählt wurde? Weil der Ort beispielhaft bei der Umgestaltung seines Zentrums vorgeht, und hier Anfang des Jahres ein Architekturwettbewerb durchgeführt wurde, erklärte Vera Marin, die Vorsitzende von ATU.
Über den Wert gebauten Kulturerbes sprach Gabriel Roşca, Vorsitzender der Filiale Hermannstadt-Vâlcea des OAR. Architekt Thomas Moser stellte den österreichischen Verein „LandLuft“ vor, der Baukultur in ländlichen Gemeinden fördert. Mario Costantini, Vizebürgermeister der italienischen Gemeinde Capurso, präsentierte das Beispiel des gemeinsamen Entwicklungsplans seines Ortes mit den Nachbarstädten Cellamare und Valenziano. Neben diesen und weiteren Informationsvorträgen gab es drei Workshops, in denen die Teilnehmer Themen „Herausforderungen bei der Herrichtung des öffentlichen Raums“ „Urbanistische Dokumentationen“ sowie „Partnerschaften zwischen öffentlicher Verwaltung, Experten, der Zivilgesellschaft und der Wirtschaft“ unter fachlicher Anleitung bearbeiteten.
Unter den etwa 50 Teilnehmern des Treffens, das im Kulturhaus in Sibiel stattfand, waren die Bürgermeister fast aller Ortschaften in der Mărginimea Sibiului, aber auch aus Agnetheln/Agnita oder Marpod, aber auch viele Architekten und Vertreter von Organisationen wie der „Asociaţia Sibiel 2000“, Monumentum, Trai Verde oder der Lokalen Aktionsgruppe Harbachtal.
Aus den Wortbeiträgen während der Vorstellung kristallisierte sich heraus, dass zumindest unter den teilnehmenden Amsträgern ein gewisses Bewusstsein für historische Architektur und Dorfbilder existiert, dieses in der Realität aber mit den Wünschen und Vorstellungen der Einwohner in Einklang gebracht werden muss. Horaţiu Răcuciu etwa, Bürgermeister in Sălişte, erzählte über seinen Konflikt mit den Menschen in Sibiel, die Asphaltstraßen gegenüber des von ihm angestrebten Kopfsteinpflasters wünschten. Bürgermeister Bogdan Bucur aus Răşinari beklagte die Machtlosigkeit gegen den Modernisierungsdruck, der historische Dorfbilder immer stärker verändere. Ilarion Bârsan, der Vorsitzende der GAL Harbachtal monierte, dass nur wenige der Bürgermeister aus dem Harbachtal gekommen seien, gerade dort sei vielerorts das auf dem Symposium vermittelte Wissen nötig.
Am Samstag wurde nicht mehr diskutiert, sondern auf einer Exkursion „gesunde Entwicklungsprojekte“, so Scholtes, in drei Ortschaften besichtigt. In Holzmengen/Hosman besuchten die Teilnehmer das Restaurierungsprojekt „Alte Mühle“, außerdem fuhren die Teilnehmer in die unter UNESCO-Schutz stehenden Dörfer Birthälm/Biertan und Keisd/Saschiz, wo sie sich unter anderem über die beispielhafte Herrichtung des öffentlichen Raums bzw. eine Produktionsstätte für traditionelle Lebensmittel und ein Touristeninformationszentrum informierten.
Das Symposium gehörte zum Projekt „Viva East“. Mit diesem durch die Europäische Union geförderten Vorhaben soll die langfristige Revitalisierung des gebauten Kulturerbes kleiner Städte in Osteuropa untersucht und letztlich auch gefördert werden. Das Projekt wird in Rumänien von der Organisation ATU koordiniert. Das Harbachtal ist eine von drei europäischen Pilotregionen.